Ahmet Öner zieht sich aus dem Deutschen Boxen zurück!

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28.12.2011 21:10 Uhr

Ahmet Öner: „Hiermit erkläre ich das Boxen in Deutschland offiziell für tot!“

28.12.2011 - Er war in den vergangenen Jahren eine der schillerndsten und polarisierendsten Figuren in der deutschen Box-Szene. Aus dem Nichts baute Ahmet Öner im Jahr 2006 seinen Arena Box-Stall auf, um die alteingesessene Konkurrenz von Universum und Sauerland aufzumischen. Mit der Verpflichtung der kubanischen Olympiasieger Yan Barthelemy, Yuriorkis Gamboa und Odlanier Solis gelang dem früheren internationalen Deutschen Meister im Halbmittel- und Halbschwergewicht ein Coup,

der ihn auch international zu einem anerkannten Promoter machte. Mit Juan Carlos Gomez (2009) und Solis (2011) schickte Öner zwei seiner Kubaner in Schwergewichts-WM-Kämpfe gegen Vitali Klitschko. Beide Herausforderer verloren. Zwischenzeitlich musste sich der aufbrausende Manager mit der deutschen Justiz auseinandersetzen. Anfang 2010 wurde Öner zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Parallel schaffte er es zwar noch, seinen deutschen Schwergewichts-Hoffnungsträger Steffen Kretschmann bei Sat.1 zu platzieren, doch spätestens seit Kretschmann unter dem psychischen Druck zusammenbrach und gegen den Russen Denis Bakhtov aufgab, ist es in Deutschland ruhig um Öner geworden. In einem ausführlichen Interview erklärt der in Bocholt geborene und in Miami und Istanbul lebende Türke, warum er sich aus Deutschland zurückgezogen hat.

Herr Öner, bis auf ein paar Veranstaltungen auf Eurosport waren Sie in letzter Zeit in Deutschland nicht mehr so präsent. Haben Sie etwa keine Lust mehr aufs Rampenlicht?

Öner: „Aufs Rampenlicht schon, aber nicht mehr auf den Boxsport in Deutschland. Was hierzulande im Boxen passiert, bewegt sich irgendwo zwischen Insolvenz-Verschleppung und Leichenschänderei. Ich erkläre das Profi-Boxen in Deutschland hiermit offiziell für tot! Es ist höchste Zeit, den Sargdeckel zu schließen und die Kiste zu vergraben.“

Sie sind nicht gerade für diplomatische Aussagen bekannt, aber das ist dann doch vielleicht ein bisschen hart, oder?

Öner: „Nein, das denke ich nicht. Gucken Sie sich doch an, was in Deutschland passiert. Universum, vor einigen Jahren noch der größte und einflussreichste Boxstall Europas, liegt in Trümmern. Sauerland scheint sich schon mehr auf das Geschäft in Skandinavien zu konzentrieren und fällt immer wieder durch zweifelhafte Entscheidungen auf. Und Felix Sturm kann seine Kämpfe gegen schlecht ausgewähltes Fallobst sowieso nur durch Schiebereien gewinnen. Kein Wunder, dass die Einschaltquoten rückläufig sind und sich die Fernsehsender abwenden.“

Es gibt immer noch die Klitschkos, deren Kämpfe regelmäßig 10 Millionen Zuschauer vor die Bildschirme locken.

Öner: „Ganz toll, die einzigen beiden Weltklasse-Boxer, die wir in Deutschland haben, sind zwei Ukrainer, deren Kämpfe gegen unterklassige Gegner so langweilig sind, dass sich niemand in der Welt dafür interessiert – außer eben das dumme deutsche Event-Publikum, das artig Beifall klatscht und viel Geld dafür bezahlt, Uschi Glas und Oliver Pocher in der ersten Reihe zu sehen. Na, vielen Dank. Mit echtem Boxsport hat das alles nicht mehr viel zu tun.“

Dass Sie die Klitschkos kritisieren, ist nicht neu. Ihre Streitereien mit deren Manager Bernd Bönte sind legendär. Aber ist das Problem der Klitschkos nicht einfach, dass das Schwergewicht so schlecht besetzt ist, dass es einfach keine adäquaten Herausforderer gibt?

Öner: „Natürlich ist das ein Problem. Aber trotzdem – oder gerade in so einer Phase – darf man doch von den vielen schwachen Herausforderern, die es gibt, nicht auch noch die Allerschwächsten aussuchen. Ich habe das schon mal gesagt, und ich sage es wieder: Was die Klitschkos machen, ist Volks-Verarsche! Vitali boxt jetzt gegen Dereck Chisora, der gegen Tyson Fury und Robert Helenius verloren hat – wobei man über das Helenius-Urteil natürlich diskutieren kann. Und Jean Marc Mormeck, Wladimirs nächster Gegner, dürfte eigentlich in keiner Weltrangliste mehr auftauchen, weil er seit über einem Jahr nicht geboxt hat. Davor hat Mormeck im Schwergewicht drei Kämpfe gemacht, von denen er eigentlich keinen hätte gewinnen dürfen. Der Franzose war vor fünf Jahren ein mittelmäßiger Cruisergewichtler, heute ist er gar nichts mehr. Und so einer soll ein würdiger Herausforderer auf eine Schwergewichts-WM sein? Wo gibt’s denn so was?“

Aber die Klitschkos haben doch alle starken Gegner schon geschlagen. Ihr Solis ging in der ersten Runde gegen Vitali k.o. und auch David Haye war gegen Wladimir Klitschko chancenlos.

Öner: „Moment, Solis ist nicht k.o. gegangen, er hat sich eine schwerwiegende Verletzung zugezogen. Selbst wenn Herr Bönte einen Niederschlag gesehen haben will, an den ich nicht glaube, kann niemand bestreiten, dass Solis rechtzeitig wieder auf den Beinen war. Er konnte nur einfach nicht mehr stehen, weil in seinem Knie alles kaputt gegangen ist, was kaputt gehen kann. Das war Pech, aber Verletzungen passieren nun mal im Sport. Man darf nicht vergessen, dass Solis bis zu diesem Zeitpunkt mehr Treffer gesetzt hat als Vitali – und außerdem mehr Treffer als alle anderen Gegner zusammen, gegen die Vitali seit seinem Comeback geboxt hat. Ich bin nach wie vor fest davon überzeugt, dass er eine echte Chance gehabt hätte, wenn die Verletzung ihn nicht so früh gestoppt hätte. Und jeder, der ein bisschen Ahnung vom Boxen hat, sieht das genauso.“

Und was ist mit David Haye?

Öner: „Haye ist einfach nur ein Großmaul und ein Dummschwätzer. Er hat dem Schwergewichts-Boxen gut getan – aber nur solange, bis er gegen Wladimir in den Ring gestiegen ist. Der Kampf und seine Leistung waren eine Farce. Dass er jetzt mit seiner Masche noch einen Kampf gegen Vitali bekommen soll, spottet jeder Beschreibung. Vitali ist deutlich stärker als sein Bruder. Wie soll jemand, der gegen Wladimir chancenlos ist, gegen Vitali auch nur überleben. Wenn diese Kampf kommt, ist das nur ein weiteres Zeichen dafür, dass es den Klitschkos nur ums Geld geht und nicht um den sportlichen Wert ihrer Kämpfe.“

Gegen wen sollten die Ukrainer denn boxen?

Öner: „Ich denke, dass Solis eine zweite Chance verdient hat. Wie gesagt, wurde er nur von einer Verletzung gestoppt. Er ist wieder fit, sein Knie wieder hergestellt. Er wird Anfang des Jahres in den USA einen Aufbaukampf bestreiten. Danach steht er sofort für einen der beiden Brüder zur Verfügung. Aber die Klitschkos werden diesen Kampf nicht machen, weil sie spätestens seit der einen Runde mit Vitali wissen, wie gefährlich dieser Junge ist. Außerdem gibt es ja da auch noch ihren sauberen Manager, der mit Sicherheit alles dafür tun wird, einen zweiten Solis-Kampf zu verhindern.“

Welche anderen potenziellen Gegner sehen Sie?

Öner: „Ich verstehe nicht, warum der Kampf gegen Alexander Povetkin nicht endlich kommt. Povetkin nennt sich Weltmeister, traut sich aber nicht, gegen die Klitschkos in den Ring zu steigen. Das ist doch einfach albern. Stattdessen schickt Sauerland ihn gegen Huck in den Ring, um an zwei Seiten zu kassieren und einen seiner beiden teuersten Boxer zu entsorgen bzw. durch eine Niederlage wieder billiger zu machen. Geschäftlich verstehe ich die Entscheidung. Aber dieser Kampf ist erstens Etiketten-Schwindel und zweitens ein weiteres Zeichen dafür, dass auch Sauerland nicht mehr an eine Zukunft des Boxens in Deutschland glaubt. Sonst würde er seine Jungs nicht auf die Schlachtbank führen. Denn dass beide den Kampf gewinnen, ist ja eher unwahrscheinlich.“

Sie haben auch Felix Sturm angesprochen. Der hat einen langfristigen TV-Vertrag mit Sat.1 und mischt jetzt auch als Promoter kräftig mit. Zuletzt ersteigerte er einen EM-Kampf im Mittelgewicht, um ihn auf Sat.1 zu promoten. Ist das nicht ein Zeichen dafür, dass das Boxen weiterlebt, dass sich nur die Verhältnisse verschieben?

Öner: „Ich habe mit Sturm zusammengearbeitet. Ich habe ihn zum Super Champion der WBA gemacht. Der einzige Grund dafür war doch damals, dass er einem Kampf mit Gennady Golovkin aus dem Weg gehen wollte, weil Sturm weiß, dass er gegen Golovkin keine Chance hat. Spätestens wenn dieser Kampf kommt, ist Sturms Zeit abgelaufen. Aber auch gegen die anderen Weltmeister wie Dimitri Pirog oder Sergio Martinez hat Felix Sturm nicht den Hauch einer Chance. Deswegen hat er sich für seine letzte Kämpfe billige C-Klasse-Fighter eingekauft. Aber sogar die konnte er ja nicht überzeugend schlagen. Dass er den Zbik-Kampf ersteigert hat, war ein kluger Schachzug, das muss ich ihm lassen, aber er kann die Boxer ja nicht zwingen, auf seinen Veranstaltungen zu boxen. Wenn Zbik einfach nicht antritt, stehen Sturm und Sat.1 blöd da. Aber dass jemand wie Sturm so einen Kampf für so kleines Geld ersteigern kann, ist ja nur ein Indiz dafür, dass das deutsche Boxen tot ist. Früher hätte es so was nicht gegeben, da hätten sich Sauerland und Universum nicht so düpieren lassen. Sie interessieren sich aber offensichtlich nicht mehr für den deutschen Markt.“

Sie haben selber eine Veranstaltung mit Sat.1 gemacht. Sehen Sie die Rückkehr von Sat.1 nicht als Chance, dass der deutsche Box-Markt wieder auferstehen könnte?

Öner: „Wie Sie richtig gesagt haben, habe ich mit den Kollegen von Sat.1 zusammengearbeitet. Und ich habe dabei festgestellt, dass dort niemand Ahnung von Boxen hat. Das kann man nach zwanzig Jahren ohne Box-Übertragungen vielleicht auch nicht erwarten, aber der Wiedereinstieg hätte besser vorbereitet werden müssen. Wir haben unsere Hilfe angeboten, wollten unsere Kompetenz einbringen, aber das war nicht erwünscht. Stattdessen wird das Produkt Boxen bei Sat.1 mit Kickboxen gleichgesetzt. Das zeigt schon, dass es dort überhaupt kein Verständnis dafür gibt, was Boxen eigentlich ist. Wenn man die Initiative von Sat.1 als letzten Versuch wertet, das Sterben des Boxsports zu verlangsamen, kann ich nur fragen: Wer wünscht sich schon einen langsamen, schmerzhaften und qualvollen Tod? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sat.1 das Boxen wiederbeleben kann. Zumindest nicht mit der aktuellen Mannschaft und der Art und Weise, wie versucht wird, Sturm als eine billige zu klein geratene Klitschko-Kopie zu inszenieren. Da schalte ich nicht nur ab, da schalte ich ab und muss mich übergeben.“

Sie selber veranstalten auch nach wie vor in Deutschland. Von Zeit zu Zeit sieht man Kampfabende von Ihnen auf Eurosport. Mit Erkan Teper und Benjamin Simon haben Sie auch noch deutsche Boxer unter Vertrag. Wie passt das zu Ihrer Einstellung?

Öner: „Das Schöne an Eurosport ist ja, dass wir nicht an Deutschland gebunden sind. Das Programm läuft ohnehin in ganz Europa, insofern können wir auch in ganz Europa veranstalten. Und es gibt Märkte, die wesentlich mehr Lust auf Boxen haben als ausgerechnet Deutschland. Erkan und Benjamin habe ich zu einer Zeit unter Vertrag genommen, als ich noch die Hoffnung und die Vision hatte, dass sich der deutsche Markt erholen könnte. Inzwischen glaube ich daran nicht mehr. Aber diese beiden müssen ja nicht zwingend in Deutschland boxen. Erkan kommt in der Türkei sehr gut an, und auch in den USA lechzt man nach guten Schwergewichts-Boxern – egal, woher sie kommen. Und für Benjamin Simon steht jetzt ein Kampf gegen Dominik Britsch an, der eine echte Standort-Bestimmung ist. Wenn Benny den Schönling von Sauerland schlagen sollte, kann es für ihn noch weit nach vorne gehen. Dann kann ich mir auch vorstellen, ihn mit in die USA zu nehmen. Er ist ein sympathischer Junge mit einer guten Ausstrahlung und einem aggressiven Stil. Das mögen die Amis. Wenn er aber gegen Britsch verliert, dann weiß man auch, dass es nicht für ganz oben reichen wird.“

Werden Sie denn gar nicht mehr in Deutschland veranstalten?

Öner: „Das weiß ich noch nicht. Ich will auch niemals nie sagen. Wenn sich etwas Großes ergibt, bin ich der Letzte, der eine Chance auslässt. Aber ich glaube einfach im Moment nicht daran.“

Was wird dann aus ihrem Arena-Stall?

Öner: „Arena ist mittlerweile eine international etablierte Marke. Wir haben Firmen und Mitarbeiter in der Türkei und in den USA, sind weltweit anerkannt und beliebt. Vielleicht schließen wir einfach den Standort Deutschland. Ich habe in Deutschland mit Malte Müller-Michaelis einen Geschäftsführer, der in den letzten Jahren herausragende Arbeit geleistet und das Schiff auf Kurs gehalten hat. Aber er ist ein kluger Junge und sieht auch, dass das Ganze in Deutschland so keine Zukunft hat. Und ich will ihn nicht unnötig blockieren und unterfordern. Er ist noch jung und wird noch viel erreichen. Deswegen werden wir die Situation schonungslos analysieren und ganz offen besprechen, ob der gemeinsame Weg noch Sinn macht, oder ob wir getrennte Wege gehen.“

Wie sehen Sie denn die internationalen Perspektiven für sich und für Arena?

Öner: „Die USA haben nach wie vor den stärksten Boxmarkt. Europa hatte vor ein paar Jahren aufgeschlossen, aber langfristig setzen sich eben Qualität und größere Marktmacht durch. Der Boxsport findet in Amerika auf einem anderen Niveau statt, die großen Kämpfe sind echte actiongeladene Ringschlachten, die mit dem langweiligen Geschiebe hier in Deutschland nicht viel gemeinsam haben. Da gibt es auch nicht nur zwei oder drei Boxer, die die Fans begeistern, sondern zwanzig oder dreißig, die das Zeug zu echten Superstars haben. Und ich habe mit Gamboa einen der heißesten und besten Kämpfer überhaupt. Er gehört schon jetzt zu den fünf besten Boxern der Welt und wird immer noch besser und besser. HBO liebt den Jungen, weil er eine spektakuläre Kampfmaschine ist. Eine kleine Version von Mike Tyson mit einer unbeschreiblichen Schnelligkeit und einem eisernen Willen. Allein mit Gamboa werde ich in den nächsten Jahren noch sehr viel Spaß haben und sehr viel Geld verdienen. Außerdem kommt Solis zurück. Und dann rückt schon die nächste Generation kubanischer Stars an, die ich auch unter Vertrag habe. Und natürlich gibt es da mit Selcuk Aydin auch noch einen Rohdiamanten im Weltergewicht, der wohl lukrativsten Gewichtsklasse im Boxen überhaupt mit den Mega-Stars Floyd Mayweather und Manny Pacquiao. Insofern bin ich international schon sehr gut aufgestellt.“

Sehen Sie Deutschland überhaupt noch als Ihre Heimat an?

Öner: „Mit dem Begriff Heimat habe ich generell ein Problem. Ich bin Weltbürger. Manchmal wache ich morgens in Istanbul auf und bin abends schon in Miami, am nächsten Tag in Mexiko, dann wieder kurz in Deutschland, mache einen Zwischenstopp in Montenegro und lande am nächsten Tag in Panama. Aber natürlich habe ich eine besondere Beziehung zu Deutschland. Ich bin hier geboren und aufgewachsen und habe einen deutschen Sohn. Aber das Leben gefällt mir in anderen Ländern mittlerweile besser. Ich habe mich in Deutschland nie willkommen gefühlt, sondern immer eher wie ein Eindringling. Als Türke ist man immer erst mal Feindbild der Deutschen und hat einen Stempel auf der Stirn. Die Deutschen sehen in mir einen Verbrecher, einen Kriminellen, einen Mafiosi. Hier ecke ich mit meiner Art an. In den USA wird mir dagegen an vielen Orten der rote Teppich ausgerollt. Dort wird Leistung und Erfolg auch mehr anerkannt und nicht so sehr mit Neid und Missgunst betrachtet wie in Deutschland. Deswegen bedauere ich auch nicht, dass das deutsche Boxen tot ist.“

Wo Sie gerade darauf zurückkommen – wer ist aus Ihrer Sicht der Totengräber des deutschen Boxens?

Öner: „Zuallererst Klaus-Peter Kohl und Universum, die eine hervorragende Ausgangsposition kolossal vor die Wand gefahren haben. Jeder andere Promoter auf der Welt hätte sich nach einem Vertrag, wie ihn Universum mit dem ZDF hatte, die Finger geleckt. Und ich kann Ihnen auch sagen, dass jeder andere Promoter auf der Welt mehr daraus gemacht hätte. Das war grob fahrlässig. Auf der anderen Seite kann man Kohl vielleicht auch mit Napoleon vergleichen. Vielleicht war alles Vorsatz und Kalkül, und er wollte gezielt verbrannte Erde hinterlassen, damit seine Nachfolger die Felder nicht mehr neu bestellen können. Insofern habe ich fast schon Mitleid mit Leuten wie Waldemar Kluch und Erol Ceylan, die jetzt versuchen, die Trümmer wieder aufzubauen und gar nicht bemerken, dass sie keine Chance haben.“

Was hat denn Universum aus Ihrer Sicht falsch gemacht?

Öner: „Das Interessante an Universum ist: Bis zur Unterzeichnung des Vertrags mit dem ZDF haben sie alles richtig gemacht – und danach einfach alles falsch! Sie haben schwachen Boxern gegen noch schwächere Gegner irgendwelche bedeutungslosen Titel zugeschanzt. Sie haben Osteuropäer eingekauft, die in Deutschland niemand sehen wollte. Sie haben sich vom Halmich-Hype täuschen lassen und aufs Frauenboxen gesetzt, was gründlich in die Hose gegangen ist. Sie haben Eintrittskarten nicht verkauft, sondern immer im großen Stil verschenkt, um fürs Fernsehen ein hübscheres Bild zu haben und nicht vor leeren Hallen boxen zu müssen. Das alles führt dazu, dass man heute in Deutschland nicht mehr gewinnbringend veranstalten kann. Kein Zuschauer zahlt freiwillig für eine Eintrittskarte, und das Fernsehen ist misstrauisch, weil es über Jahre gezielt getäuscht wurde.“

Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie mit der Gründung von Arena sehr explizit vor allem Universum den Kampf angesagt. Würden Sie sagen, dass Sie diesen Kampf gewonnen haben?

Öner: „Wenn ich den Kampf gewonnen hätte, stünde ich jetzt mit einem langjährigen TV-Vertrag da und könnte hochklassige Kämpfe zeigen und dabei gutes Geld verdienen. Es gibt keine Gewinner im deutschen Boxen – mit Ausnahme der Klitschkos, die es verstanden haben, den Fokus vom Sport wegzulenken und auf Show und Prominenz zu setzen. Wobei man den Aufstieg der Klitschkos auch zu einem großen Teil RTL zuschreiben muss. Man darf nicht vergessen, dass RTL damals mit Maske, Schulz und den May-Brüdern das Boxen in Deutschland überhaupt erst salonfähig gemacht hat. Danach hat sich RTL der Klitschkos angenommen und die Marke geformt. Ohne ihren Haussender wären die Brüder jetzt nicht da, wo sie heute sind.“

Was glauben Sie, was RTL machen wird, wenn die Klitschkos zurückgetreten sind?

Öner: „Dann kann es noch mal spannend werden. Aber angesichts der schwachen Marktlage kann ich mir nicht vorstellen, dass RTL es schafft, noch mal einen so großen Hype zu erzeugen und ein Nachfolge-Produkt aufzubauen. Und ich kann auch nur davon abraten. Größer als die Klitschkos wird in den nächsten zwanzig Jahren in Deutschland ohnehin niemand.“

Letzte Frage: Gehören Sie auch zu den Totengräbern des deutschen Boxens?

Öner: „Es gibt bestimmt viele Menschen, die das so sehen. Aber das sollen andere beurteilen. Ich stelle nur endgültig den Totenschein aus, weil es keinen Sinn mehr macht, den deutschen Boxsport stark zu reden. Das Thema ist durch.“ - figo.de

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