SBT besiegt französische Auswahl deutlich

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13.05.2012 21:58 Uhr

Bericht von Gérald Kurth

13.05.2012 - Die Zuschauer brauchten ihr zahlreiches Erscheinen trotz zugkräftigen TV-Alternativen (deutscher Cupfinal, Eishockey-WM) nicht zu bereuen: Der BC Zürich bot in der Turnhalle Sihlhölzli einmal mehr einen in jeder Hinsicht gelungenen Boxabend. Tadellose Organisation und attraktive Pauseneinlagen – diesmal akrobatische Breakdance acts – zeichnen das Zürcher Meeting traditionell aus. Besonders erfreulich gestaltete sich diesmal aber auch das boxerische Kerngeschäft: Die Rahmen- und Staffelkämpfe waren fast ausnahmslos von überdurchschnittlicher sportlicher Qualität.

Die für das Swiss Boxing Team selektionierten Akteure besiegten dabei eine französische Auswahl verdient mit 4:1 und heimsten dafür, ebenso wie ihre jeweiligen Gegner, regelmässigen Szenenapplaus ein. Der BC Zürich weckte mit dem feinen Anlass schon wieder den Appetit auf seinen nächsten Event. 

 

Staffelkämpfe

56 kg

Drin Sadriu (SBT) vs. Ahmed Azzizou (FRA)

Der für das Thuner BTO-Team kämpfende Sadriu zeigt eine seit Längerem konstant ansteigende Leistungskurve und hat sich mit mehreren Schweizer Titeln nachdrücklich für internationale Aufgaben empfohlen. Mit Ahmed Azzizou traf er auf einen Gegner, der selbst für das tiefe Limit schmächtig wirkte. Umso überraschender war aber sein kompaktes Auftreten gegen Sadriu. Dieser verrichtete wie gewohnt viel Fussarbeit, tanzte sich ungemein elastisch an den Gegner heran, um dann explosionsartige gerade Hände zum Kopf abzufeuern. Trotz seiner Agressivität war er damit aber für Azzizou oft leicht ausrechenbar: Der Franzose tauchte regelmässig weg, so dass Sadriu nicht selten kräfteraubend ins Leere schlug. Zu offensichtlich strebte Sadriu in solchen Momenten den Knockout an. Wenn er hingegen variierte und auch zum Körper schlug, konnte er sofort punkten. Obwohl Azzizou gegen Ende vermehrt den Angriff suchte, konnte sich Sadriu einen sicheren Punktevorsprung erarbeiten. Der Thuner gewann verdient mit 20:15 Punkten.
 

64 kg

Zino Meuli (SBT) vs. Safi Fawad (FRA)

Ein in jeder Hinsicht bizarrer Kampf. Das lag aber weniger an Schweizermeister Zino Meuli vom SR St. Gallen, sondern an seinem französischen Herausforderer. Schon bevor der erste Gong ertönte, sorgte dieser bei Trainern und Zuschauern für Erheiterung: Beim Besteigen des Rings stellte Fawad fest, dass sein Tiefschutz in der Kabine geblieben war. Der Franzose war deshalb vorübergehend zu Fahndungszwecken in der Kabine unterwegs, bevor der Kampf beginnen konnte ... 

Im Ring selber war dann allerdings fertig lustig: Fawad preschte entweder kopfvoran in Meuli hinein oder hakte beim St. Galler unter, um ihn dann mit Hinterkopfschlägen einzudecken. Ein Ärgernis, das Meuli leider allzu lange duldete. Erst in der letzten Runde wechselte er seine Taktik: Er entzog sich Fawad, machte sich lang und boxte ihn mit lockeren, einfachen Händen aus. Bisweilen lauerte er dem Franzosen auch mit gut geschlagenen Uppercuts auf. Diese schlugen aber selten ein, weil Fawad sich zwar höchst unelegant bewegte, aber seinen Körper meist kompakt deckte. Der Punktesieg zugunsten Meulis liess an Deutlichkeit dennoch nichts zu wünschen übrig: 27:6 für den St. Galler.
 

69 kg

Mic Pepshi (SBT) vs. Fethi Belesgaa (FRA)

Der Buchser Pepshi lieferte eine weitere überzeugende Vorstellung ab: In einem hoch stehenden Gefecht liess er sich von seinem enorm agressiven und fürs Limit hart schlagenden Franzosen nie von seiner Marschroute abbringen. Pepshi verfügt über eine ganze Reihe von Trümpfen, die er mittlerweile routiniert ausspielt: Auch in höchster Bedrängnis schlägt er regelmässig präzise, kurze Hände zu Kopf und Körper. Er schält sich blitzschnell aus der Ringecke heraus, in der ihn der Gegner scheinbar festgenagelt hat und feuert, wieder in der Halbdistanz, drei, vier knackige Hände ab. Pepshi verliert nie die Übersicht. Jeder Schlag ist vorbereitet. Der Buchser schlägt seine Konter explosiv, aber nie impulsiv. Er bietet seinem jeweiligen Gegner damit kaum Trefferfläche. Gegen Belesgaa wurde Pepshi zwar kurz vor Kampfende angezählt. Das war aber eher die Folge einer begeisternden Abnützungsschlacht zwischen zwei Athleten mit perfekter Physis denn zwingender Wirkungstreffer seitens des Franzosen. Selbst in diesem Moment hatte man nicht wirklich Angst um Pepshi, denn er hatte zuvor Belesgaa deutlich signalisiert, dass er hier nichts mehr anbrennen lassen würde. Pepshi entschied einen dramatischen, von ihm technisch hervorragend geführten Fight hoch verdient mit 15:10 Punkten für sich.
 

81 kg

Fabian Hartmann (SBT) vs. Jesse Luxemburger (FRA)

Kaum hatte der Kampf begonnen, lag der Frenkendorfer nach einem langen Schwinger des Franzosen schon auf den Brettern. Hartmann konnte aber die Attacken Luxemburgers fürs Erste routiniert abwehren und gestaltete den Kampf gegen Ende der ersten Runde ausgeglichen. In der zweiten Runde konnte er aber den druckvollen, über die Aussenbahnen geschlagenen langen Händen des Franzosen immer weniger entgegensetzen. Obwohl es schien, dass sich Hartmann nach einem trockenen Körperhaken Luxemburgers wieder erholt hatte, wirbelte das Handtuch durch den Ring: Trainer Michi Sommer nahm damit seinen Schützling zu recht aus dem Kampf, als er realisierte, dass dieser schon zuviel abbekommen hatte. Auch wenn das Publikum die Aufgabe vielleicht nicht immer nachvollziehen kann, verdient die geistesgegenwärtige Reaktion des Trainers grundsätzlich Respekt. Die Gesundheit des Kämpfers muss immer zuoberst stehen.
 

91 kg

Nawshirwan Barzinje (SBT) vs. Redouane Djillali (FRA)

Der Zürcher hat unter BCZ-Cheftrainer Matthias Luchsinger an seiner Technik gefeilt: Es war erfreulich mitzuverfolgen, wie Nawshirwan gegen seinen Gegner in der kontrollierten Offensive immer wieder gnadenlos mit blitzschnellen und präzisen Jabs zum Kopf zustach. Auch sein Markenzeichen – fünf, sechs überfallartig geschlagene Crosses hintereinander - setzte er jeweils nur ein, wenn er den Gegner zuvor ausgekundschaftet hatte. Man muss aber eingestehen, dass Djillali nur einen durchschnittlichen Gegner abgab. Zu offen war der Franzose oben durch die Mitte, zu berechenbar seine ungestümen Angriffsaktionen. Als er am Ende die Aussichtslosigkeit seiner Versuche begriffe, verlegte er sich zusehends auf die unkoordinierte Keilerei, in deren Verlauf kaum mehr zählende Punkttreffer zu verzeichnen waren. Die Punktewertung hätte jedoch schon zuvor deutlicher zugunsten Nawshirwans ausfallen sollen. Am Ende behielt der Zürcher „nur“ mit 19:11 die Nase vorn. 

 

Die Rahmenkämpfe

75 kg

Valentin Marjakaj (BC March) vs. Mehdi Zahi-Anki (FRA)

Ein Rahmenkampf von sehr guter Qualität: Obwohl der Marcher schon nach wenigen Sekunden zu Boden ging, gestaltete er den Kampf gegen einen mit harten Schwingern und Körperhaken operierenden Franzosen grundsätzlich ausgeglichen. Allerdings bot Marjakaj dem Franzosen zu oft die Gelegenheit, ihn in der Ringecke zu stellen. Auch wenn er es oft schaffte, sich wegzuducken und zu befreien, gab er Zahi-Anki die Gelegenheit, zu viel Dominanz zu entwickeln. Leider trübte der Franzose den überzeugenden Eindruck, den er als Kämpfer hinterliess, mit diversen Mätzchen. Als er Marjakaj schliesslich auch noch provozierend die Zunge rausstreckte, wurde er dafür zu recht mit Punkteabzug bestraft. Obwohl das nicht die einzige Verwarnung blieb, entschied Zahi-Anki den Fight verdientermassen mit 26:16 für sich. Schade, denn der Franzose hätte es nicht nötig gehabt, einen harten und animierten Kampf gegen einen beileibe nicht inferioren Gegner mit solchen Einlagen anzureichern. Marjakaj liess sich nie provozieren und hielt fair dagegen. Letztlich kam er aber auch nicht mit der anfänglich gut eingesetzten Rechtsauslage gegen die beeindruckende Physis des Franzosen an.
 

81 kg

Alis Sijarić (BC March) vs. Nedj Nefnaf (FRA)

Auch der erste Rahmenkampf vermochte das Publikum zu begeistern. Sijarić lieferte sich mit Nefnaf über die gesamte Dauer einen Kampf auf Biegen und Brechen. Der Marcher konnte diesen mit 14:12 zwar knapp, aber verdient zu seinen Gunsten entscheiden. In den richtigen Momenten nutzte er seine grössere Reichweite aus. Sijarić punkte jeweils aus der Halbdistanz, wenn er seine präzisen Crosses abfeuerte. Sobald er Nefnaf allzu nahe herankommen liess, konnte der Franzose seine Schnelligkeit ausnutzen und mit harten Körpertreffern punkten. Klein und gedrungen stürmte er allerdings auch oft kopfvoran in den Mann hinein. Sijarić verlor in einem intensiven Gefecht am Ende nie die Übersicht. Wenn er sich in Zukunft weniger auf Infights einlässt und so seine Schlaghärte aus der Distanz einsetzt, wird er sich gegen unangenehme Wühler wie Nefnaf klarer durchsetzen.


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