Riad Menasria neuer Schweizermeister bei den Profis

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28.05.2012 09:04 Uhr

Bericht von Ueli E. Adam

Mit einem hart umkämpften Sieg krönte Riad Menasria seine schweizerische Karriere, die 1998 so vielversprechend begonnen hatte. Er schlug Titelverteidiger Flavio Turelli in einem spektakulären Gefecht über die Meisterschaftsdistanz von 10 Runden nach Punkten und holte sich den nationalen Gürtel im Super-Weltergewicht. Nicole Boss unterstrich mit einem klaren Punktsieg über die Serbin Danijele Bickei ihre Aspirationen auf einen zukünftigen Titelkampf. 

Bis zur 5. Runde war der Kampf unentschieden. Von den letzten 5 Durchgängen gewann Menasria (links) jedoch deren 4 und holte sich somit einstimmig den Sieg

27.05.2012 - Dem verwöhnten Berner Publikum wurde auch in der vierten Veranstaltung in Bümpliz attraktiver Sport geboten. Unter der Regie von Sascha Müller (Box Academy Bern) scheint sich der geschichtsträchtige Sternensaal zu einem Austragungsort mit Kultcharakter zu entwickeln. Interessant waren die Hintergründe der Begegnung. Es ist den Matchmakern Sascha Müller und Nicolas Proschek hoch anzurechnen, dass sie sich auf eine Profimeisterschaft einigen konnten. Ein seltenes Ereignis, da in der Schweiz valable Titelkandidaten rar sind und der Verlierer mit dem Risiko rechnen muss, im internationalen Ranking zurückgestuft zu werden. Der Titelverteidiger aus Montreux wurde durch den erfahrenen André Schenk auf den Kampf vorbereitet und der Altstar aus Bern wird seit einiger Zeit durch die Box Academy Bern hervorragend betreut. Sascha Müller und Trainer Vito Rana haben dem kapriziösen Künstler mit dem entsprechenden Kampfnamen (l’Artiste) eine neue Karriere ermöglicht. Flavio Turelli hatte den Titel im Halbmittelgewicht in zwei denkwürdigen Kämpfen gegen Disarjot Gashi (2010) erobert und stieg mit dem Nachteil einer relativ langen Kampfpause in den Ring, während Riad Menasria 2012 bereits einen Fight für sich entscheiden konnte. Beide Kämpfer sind 36-jährig und haben damit die Altersgrenze des schweizerischen Verbandes erreicht (ab 35 Jahren nur noch mit geprüfter Zulassung).

Lieferten einen hochspannenden Kampf bis zur letzten Runde: Riad Menasria (l.) und Flavio Turelli


10x3: Flavio Turelli (69,7 kg) Montreux, (10-4-2) vs. Riad Menasria (69,7 kg) Bern (31-2-1)

Mit einem spektakulären Start in der ersten Runde liess Turelli klar erkennen, dass er sich den Titel nicht entreissen lassen wollte. Viele Experten hatten mit einem Waterloo von Menasria gerechnet und die erste Runde schien diese Einschätzung zu bestätigen. Der Berner liess zunächst allen früheren Glanz vermissen, fing sich aber bereits in der zweiten Runde auf und setzte in der Folge die präziseren Treffer, ohne allerdings die Oberhand zu gewinnen. Mit einem unerbittlichen Gefecht wussten sich die Kämpfer bis zur siebten Runde ausgeglichen in Szene zu setzen und das Pendel zum Sieg wogte spannenderweise hin und her. Das Publikum erlebte einen Kampf von hoher Intensität und die Anhänger beider Boxer mussten immer wieder um ihre Favoriten bangen. Wie effizient Turelli den oft hart bedrängten Menasria unter Druck setzen konnte, bewies ein Cut unter dem rechten Auge des Berners. Dabei wurde Menasria nicht durch einen Kopfstoss – wie eine Verwarnung Turelli’s in der siebten Runde hätte vermuten lassen können – sondern durch harte linke Hände gezeichnet, gegen die der Herausforderer nicht immer ein Rezept fand. Die letzten Runden gaben schliesslich den Ausschlag: die Klasse von Riad Menasria, sein boxerischer Instinkt und eine nicht erwartete Kondition bescherten dem Künstler aus dem Stall der Box Academy Bern den Sieg. Turelli fand in der Schlussphase kein Rezept mehr, um den Kampf für sich zu entscheiden. Technisch limitierter als Menasria, musste er den Gürtel trotz einem starken Kampf an den Herausforderer abgeben.

Das Verdikt der Punktrichter nach 10 Runden: Neuer Schweizermeister Riad Menasria (Andreas Anderegg 95:97; Thomas Walser 94:98; Thomas Zimmermann 94:97).

Beherrschte ihre serbische Gegnerin fast nach Belieben: Nicole Boss (rechts)

6x2: Nicole Boss (60,6 kg) Bern (6-3-2) vs. Danijele Bickei (60,0 kg), Serbien (2-14-0)

Dass Danijele Bickei nicht eine Gegnerin von Format sein würde, konnte mit einem Blick in ihren Kampfrekord vermutet werden. Im Februar 2011 musste sie gegen Olivia Boudouma in Frenkendorf eine vorzeitige Niederlage hinnehmen. In der Zwischenzeit hat die im Nebenberuf als Krankenschwester tätige Serbin offenbar dazugelernt. Obschon in allen Runden klar unterlegen, wusste sie der ambitionierten Bernerin einen Kampf über die volle Distanz abzutrotzen. Nicole Boss dagegen überzeugte mit einer wie immer blendenden Kondition und brachte das Gefecht sicher über die Runden, ohne je in Gefahr zu geraten. Taktisch gereift, darf sie die Begegnung gegen Bickei als einen Arbeitssieg abbuchen, der ihren Betreuern weitere Aufschlüsse über die noch zu verbessernden Feinheiten (Präzision bei seriell geschlagenen Händen) in ihrer Kampfführung ermöglicht (Andreas Anderegg 60:51; Thomas Walser 60:54; Thomas Zimmermann 60:54).

Den besten Amateurkampf des Abends zeigten Arda Özkan (BU Winterthur) und Claude Howald (BC Düdingen). Der Winterthurer siegte mit 2 zu 1 Richterstimmen.


Die Kämpfe der Amateure

Die Amateure hielten sich wacker, hatten aber nicht das Format, das eine detaillierte Berichterstattung rechtfertigen würde. Den besten Vorkampf lieferten sich Arda Özkan (BU Winterthur) und Claude Howald (BC Düdingen), die eine gute Ausbildung erkennen liessen. Die Schützlinge der Box Academy dürfen aber nicht unerwähnt bleiben. Hier wachsen Kämpfer heran, die in der Amateurszene noch auf sich aufmerksam machen werden.

 

Resultatübersicht

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