Der Bericht: Schweizermeisterschaften Elite (Amateure)

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19.11.2012 14:02 Uhr

Bericht und Fotos: Ueli E. Adam

19.11.2012 - Die veranstaltenden Clubs Box Club Aarau und Box Ring Baden durften zu Recht stolz sein: 650 Zuschauer in der Sporthalle Aue in Baden sahen die seit Jahren besten Titelkämpfe. Der Aufwärtstrend im schweizerischen olympischen Boxen hat sich damit klar bestätigt. 46 Männer und 22 Frauen waren am Start, um in 13 Gewichtsklassen die Meister zu küren. Schon in den Ausscheidungskämpfen in Aarau hatte sich gezeigt, dass die Spitze breiter und qualitativ besser geworden ist. Mehrere Meister konnten ihre Titel vom Vorjahr verteidigen, ein sicheres Indiz für Konstanz. Dies gilt auch für das Box Team Thun-Oberland, das sich den Titel des Mannschaftsmeisters ein zweites Mal in Folge erkämpfen konnte.

 

 

Sarah-Joy Rae
Box Club Basel
E54W
Viviane Obenauf
NAB Frenkendorf
E57W
Anaïs Kistler
Club Lausannois de boxe
E64W
     
Ornella Domini
BC Genevois
E69W
Drin Sadriu
BT Thun Oberland
E56M
Durim Sadrija
BT Thun Oberland
E60M
     
Zino Meuli
SR St. Gallen
E64M
Riccardo Ramos
BC Locarno
E69M
Uke Smajli
BC SR Zürich
E81M
     
 
Stefan Rumpold
BC Brugg
E91M
Nawshirwan Barzinje
BC Zürich
E91+M
 

Der souveräne Meister Davide Faraci (75 kg) mit Ex-WM Markus Beyer und Silbermedaillengewinner Kreshnik NIkq

 

Die Finalkämpfe im Matchtelegramm

54 kg Frauen: Sarah-Joy Rae (BC Basel) vs. Nicole Michel (BT Thun Oberland)
Die letztjährige Meisterin aus Thun sah sich im Final mit einer Gegnerin konfrontiert, die von Trainer Angelo Gallina erfolgreich aufgebaut wird. Sarah-Joy Rae setzte ihre Distanzvorteile sehr gut um und nach einem Durchhänger in der 2. Runde konnte sie den Kampf gegen Nicole Michel mit 19:18 Punkten ganz knapp zu ihren Gunsten entscheiden.

57 kg Frauen: Amanda Beck (BC SR Zürich) vs. Viviane Obenauf (NAB Frenkendorf)
Amanda Beck, die im Halbfinal Eva Abate ausgeschaltet hatte, musste sich im Final einem Talent beugen, das für höchst attraktiven Sport im Frauenboxen bürgt: Viviane Obenauf, mit brasilianischem Temperament auf Angriff programmiert, liess nichts anbrennen. Sie besiegte die Zürcherin mit 20:12 Punkten.

64 kg Frauen: Caroline Dousse (Box Club Bulle) vs. Anaïs Kistler (CLB Lausanne)
Die schlagstarke Caroline Dousse traf auf eine entschlossene Gegnerin aus Lausanne. Anaïs Kistler, die ein gesundes Selbstvertrauen mitbringt und das von Trainer Ben Saoud vermittelte Rüstzeug im Ring umsetzen kann, machte der Titelaspirantin aus Bulle einen Strich durch die Rechnung. In einem sehr guten Frauenkampf holte sie sich mit dem klaren Resultat von 36:14 den Titel und wurde anschliessend vom Kampfgericht mit dem Titel der besten Boxerin des Tages geehrt. (Die Serie A-Boxerin Sandra Brügger wurde in der Tageswertung fairerweise nicht berücksichtigt)

69 kg Frauen: Sonia Uhlmann (BK Boxring Bern) vs. Ornella Domini (BC Genevois)
In den ersten Runden versuchte die Bernerin, den Kampf ausgeglichen zu gestalten. Das schien ihr zunächst zu gelingen, aber die fehlende Routine verleitete sie immer wieder zu unkoordinierten Aktionen. Dies nützte Ornella Domini geschickt aus und punktete sich zum Sieg. Mit 30:23 sah es das Kampfgericht.

60 kg Frauen: Sandra Brügger (BC Basel) vs. Evelyne Ziegler (NAB Frenkendorf)
Die beiden Vertreterinnen der Halbkantone begeisterten mit einem erstklassigen Kampf, der leider ohne Titelehren blieb, da die Teilnehmerquote für den Titel in dieser Gewichtsklasse nicht erreicht wurde. Schade, denn Sandra Brügger hätte von ihrer Reputation her mehr verdient als die Silbermedaille und Evelyne Ziegler hat der Favoritin einen Kampf geliefert, der ebenfalls meisterwürdig war. Neben der Silbermedaille haben beide ein grosses Lob verdient.

56 kg: Eren Oener (BK Boxboxring Bern) vs. Drin Sadriu (BT Thun Oberland)
Für ein erstes Highlight des Tages sorgten zwei Boxer, denen die Zukunft offen steht. Der von Christina Nigg ausgebildete Meister aus Thun war gewarnt: Eren Oener hatte im Halbfinal Valentino Herrera mit erstklassigem Boxen überzeugend ausgeschaltet. Drin Sadriu bewies aber von der ersten Runde weg, dass er neben technischen Qualitäten auch die nötige Ringintelligenz besitzt. Er konterte die sehr gut lancierten Schlagserien des Berners mit ebenso furiosen Repliken. Das Ergebnis war knapp, aber korrekt: Sadriu bleibt mit 28:22 Punkten verdienter Meister. Mit Oener, dem Talent der Boxing Kings, muss aber auch zukünftig gerechnet werden.

60 kg: De Brito Bernardino (NAB Montreux) vs. Durim Sadrija (BT Thun Oberland)
Kein leichtes Los hatte Durim Sadrija. Der Meister aus Thun traf auf einen Mann, der seinerseits alles mitbringt, um Meister zu werden. Mit unglaublicher Dynamik versuchte De Brito, dem Thuner den Titel abzujagen. In einem Kampf, der nichts zu wünschen übrig liess, behielt Sadrija die Oberhand und zeigte Boxen vom Feinsten. Trotzdem musste die Crew des Thuners über weite Strecken um den Ausgang bangen. De Brito war fest entschlossen, das grosse Talent aus Thun zu entzaubern. Es gelang ihm nicht. Sadrija zog alle Register seines ausserordentlichen Könnens und holte sich in einem absolut begeisternden Fight zwar knapp, aber verdient mit 27:26 den Sieg.

64 kg: Zino Meuli (SR St. Gallen) vs. Alain Chervet (BK Boxring Bern)
Alain Chervet, der am 26. Dezember 2012 zu den Profis wechseln wird, verpasste den Titel auch diesmal mit 29:30 nur ganz knapp. Einmal mehr zeigte sich, dass der Meister aus St. Gallen ein sehr schwer zu boxender Konkurrent ist, der jeden Gegner zur Verzweiflung bringen kann. Meuli startete souverän, während Chervet zunächst das Rezept nur schwer zu finden schien. Ab der zweiten Runde änderte das und der Berner machte Tempo und setzte Meuli seinerseits unter Druck. Nach zwei Verwarnungen an die Adresse von Meuli schien das Verdikt zu Gunsten von Chervet auszufallen. Der St. Galler schaukelte das Ding aber über die Runden und sorgte für grosse Frustration im Camp der Berner. Unabhängig vom Resultat darf man aber auf die weitere Karriere von Chervet gespannt sein. Er hat die nötige Reife, um auch bei den Profis für Aufsehen zu sorgen.

69 kg: Egzon Maliqaj (BS Gebenstorf) vs. Riccardo Ramos (BC Locarno)
Maliqaj gehört für die Experten zu den beeindruckendsten Aufsteigern des letzten Jahres. Der schlagstarke Gebenstorfer besitzt den richtigen Ringinstinkt und hat seine technischen und taktischen Fähigkeiten enorm verbessert. Sein Pech, dass er im Final auf einen Mann traf, der in der Schweiz als Ausnahmekönner gilt. Riccardo Ramos, Meister der Jahre 2008 und 2009, hatte im Halbfinal Vahram Khudeda, den Meister des Vorjahres ausgeschaltet und war fest entschlossen, den Titel wieder ins Tessin zu holen. Mit einem absolut begeisternden Kampf holte er sich gegen den erst 21-jährigen Gebenstorfer mit 24:15 Punkten den Sieg und wurde zum besten Boxer der Meisterschaft gekürt. (Serie A-Boxer Davide Faraci wurde, genau wie Sandra Brügger, von der Wertung ausgenommen). Ein Trost bleibt Maliqaj: seine Fans dürfen sich auf seine nächsten Kämpfe freuen!

75 kg: Davide Faraci (Box Ring Baden) vs. Kreshnik Nikq (BC Zürich)
Die in der Affiche zu Recht als Spitzenkampf positionierte Begegnung begeisterte Publikum und Experten. Die im Turnier gesetzten Kämpfer zeigten Boxen vom Feinsten. Die Effizienz und die unglaubliche Eleganz von Faraci liessen Kreshnik Nikq in der Schlussabrechnung zwar keine Chance. Der Zürcher musste sich mit dem Verdikt von 23:11 geschlagen geben, darf aber für sich in Anspruch nehmen, dem Meister alles abgefordert zu haben. Die Trainer und Förderer Engin Köseoglu und Matthias Luchsinger dürfen stolz auf ihre Boxer sein, die für die Schweiz die beste Visitenkarte abgeben. Mit solchen Leistungen muss man sich auch international nicht verstecken!

81 kg: Fabian Hartmann (NAB  Frenkendorf) vs. Uke Smajli (BC SR Zürich)
Der Eisenschädel aus Frenkendorf mit den schlagstarken Händen, der technisch erneut zugelegt hat, ist für schweizerische Verhältnisse ein hervorragender Mann, der mit jedem Kampf zu begeistern weiss. Sein Pech, dass er dieses Jahr auf ein Ausnahmetalent traf und den Titel nicht verteidigen konnte. Uke Smajli, mit 20 Jahren schon erstaunlich komplett, entriss dem Frenkendorfer mit Händen, die stets einen Tick schneller waren, den Titel. Ein absolut begeisternder Kampf endete mit 38:32 Punkten für den neuen Schweizermeister Uke Smajli.

91 kg: Stefan Rumpold (BC Brugg) vs. Kai-David Pham (EdB Erdal Kiran Genève)
Das Ergebnis dieses Kampfes war im Vorfeld schwer abzuschätzen. Der intelligente Genfer besitzt die ultimative Schlagkraft und man durfte gespannt sein, wie der relativ noch unerfahrene Rumpold damit fertig werden würde. Das Ergebnis hat seine Betreuer begeistert. Der Mann aus Brugg gestaltete den Kampf und diktierte das Geschehen, ohne je die Übersicht zu verlieren. Sein Sieg mit 17:15 Punkten krönt eine noch junge Karriere und die Jury sah ihn zu Recht als neuen Titelträger.

+91 kg: Elbasan Kqiku (BT Thun Oberland) vs. Nawshirwan Barzinje (BC Zürich)
Nach furiosem Start lag eine Sensation in der Luft. Der Newcomer aus Thun setzte den Meister der vergangenen Jahre mit Treffern unter Druck, die dieser normalerweise nicht hinnehmen muss. In seinem erst 8. Kampf schien für Kqiku der Griff nach dem Titel durchaus möglich. Einzig die grosse Routine des Meisters verhinderte einen völlig unerwarteten Titelverlust des Zürchers. Umso eindrücklicher die Leistung von Barzinje, der sich nicht aus dem Konzept bringen liess. Dank variantenreicherem Boxen holte er sich schliesslich mit 17:13 Punkten den Sieg und verteidigte seinen Titel mit Bravour.
 

Kommentar

Boxsportexperten geben sich gerne cool und finden auch bei guten Kämpfen immer noch ein Haar in der Suppe. Die Finalkämpfe von Baden haben sogar jene begeistern können, die sonst eher das Negative anstelle des Positiven sehen. Dieser Meinung konnten sich auch die prominenten Ex-Champions Markus Beyer, Stefan Angehrn und Yves Studer anschliessen, die die Finals mit ihrer Anwesenheit beehrten.

Präsident Andreas Anderegg richtete ein ganz spezielles Lob an die Adresse von Trainern und Betreuern, die im Hintergrund für die sehr guten Leistungen verantwortlich sind. Die Ziele des Verbandes, den Elite-Sport konsequent zu fördern und mittelfristig besser zu positionieren, würden damit erfolgversprechend erfüllt.
 

Resultate

Resultate Ausscheidungskämpfe in Aarau

Resultate Halb- / Finalkämpfe in Baden

 

Fotos

Fotos von den Meisterschaften können auf dem untenstehenden Link eingesehen und bestellt werden:

http://www.foto-x.ch/reportagen/boxen

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