23 Millionen für einen Boxkampf

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02.05.2013 16:58 Uhr

Ein Russe ersteigert die Pflichtverteidigung von Wladimir Klitschko gegen Alexander Powetkin

NZZ vom 2. Mai 2013

Bertram Job · Niemand stellt viele Fragen, wenn in Panama-Stadt eine beträchtliche Menge Geld landet. Die Hauptstadt am mittelamerikanischen Isthmus gilt seit je als Drehscheibe für Finanzgeschäfte verschiedenster Seriosität. Die globale Szene des Profiboxens staunte dennoch, als vergangene Woche die Nachricht von einem unerwarteten Coup die Runde machte.

Der russische Promoter Wlad Hrunow hatte in Panama, am Sitz der World Boxing Association (WBA), das Recht ersteigert, die Pflichtverteidigung von Wladimir Klitschko gegen Alexander Powetkin zu veranstalten. Er hatte die Gebote (Purse Bids) der beiden involvierten Parteien von K2-Promotion (für Klitschko, 7,1 Millionen Dollar) beziehungsweise Sauerland Event (für Powetkin, 6 Millionen) «hauchfein» getoppt - und exakt 23 Millionen Dollar geboten.

Bei solchen Summen entstehen die Gerüchte um dubiose Geldgeber und Hintermänner praktisch von allein - gerade wenn die Spuren ins neureiche Russland führen. Bis hin zum mittlerweile gestreuten Verdacht, dass der Kampf zwischen dem Ukrainer und dem Russen de facto nie zustande kommen werde, da er nur ein Störmanöver sei. Inzwischen aber stellt sich Bernd Bönte darauf ein, dass es sehr bald ernst darum wird. Der Manager und Geschäftsführer der Klitschkos hat sich davon überzeugt, dass Hrunow die geforderte Sicherheit von zehn Prozent der Gesamtsumme, also 2,3 Millionen Dollar, mit einem bankgarantierten Check hinterlegt hat. Diese Summe würde einbehalten, falls der Mann aus Moskau vom Veranstaltungsrecht keinen Gebrauch machen würde. Die Garantie beruhigt Bönte spürbar, er sagt: «Niemand legt 2,3 Millionen Dollar hin, um sie einfach wegzuschmeissen.»

Der alerte Klitschko-Repräsentant hat in Hamburg bereits Besuch von Hrunow bekommen. Beim vierstündigen Termin erläuterte sein Gast, der neben Powetkin auch Denis Lebedew und andere russische Profis betreut, wie er den seit Jahren erwarteten Showdown aufziehen und vermarkten will. Hinter Hrunow steht offenbar ein potenter russischer Immobilienkonzern, der die Veranstaltung auch für PR-Zwecke nutzen will. Dieser hat die Millionen zugesichert, die Hrunow in Panama einsetzte. «Da steckt ein durchdachter Business-Case dahinter», folgert Bönte, «bei dem sie, wenn alles funktioniert, nicht einmal Geld verlieren.»

Das Klitschko-Lager erwartet Moskau als Ort des Kampfes, der am 31. August ausgetragen werden soll. Vorausgesetzt, dass beide Kontrahenten zunächst ihre Hausaufgaben erledigen. Der 37-jährige Klitschko (59 Siege, 3 Niederlagen) verteidigt seine WM-Titel (WBA, IBF, WBO) am Samstag in Mannheim gegen den völlig unbesungenen Francesco Pianeta aus Gelsenkirchen; der um 4 Jahre jüngere, bisher ungeschlagene Powetkin (25 Siege) tritt als sogenannter WBA-Champion (Klitschko ist «Super-Champion») am 17. Mai in Moskau gegen den Polen Andrzej Wawrzyk an. In beiden Fällen ist kaum damit zu rechnen, dass die Favoriten bei ihrer freiwilligen Titelverteidigung ins Straucheln geraten.

Der Vergleich zwischen den beiden einstigen Olympiasiegern (Klitschko 1996, Powetkin 2004) wird somit der erste seit 2004, den die Klitschkos nicht in eigener Regie vermarkten. Nach den Regeln für eine solche Pflichtverteidigung stehen dem Titelverteidiger Klitschko 75 Prozent und dem Herausforderer Powetkin 25 Prozent der Gesamtbörse zu. Für Bönte hat jedoch die Seriosität des WM-Projekts erste Priorität: «Die Klitschkos haben mehr zu verlieren als nur Geld.»

 

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