Profikämpfe in Lausanne: Tumulte im Ring

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16.06.2013 19:55 Uhr

16.06.2013 - Die Affiche war verlockend. Das vom RC Lausanne organisierte Meeting hatte noch ausstehende Finalkämpfe zum Championnat Romand im Programm und die beiden Neo-Profis Stéphane und David Röthlisberger sollten für den krönenden Abschluss des Kampfabends sorgen. Während die beiden Finalkämpfe erstklassigen Sport boten, sorgten die Auftritte der Gebrüder Röthlisberger für einen selten gesehenen Eklat
 

Bericht von Ueli E. Adam (Text) und Deborah Polasek (Fotos)


Championnat Romand

Elite 64 kg Bernardino de Brito (l.), NABC Montreux, vs. Arber Ibishi, BC Versoix

In einem Kampf auf Biegen und Brechen sorgte Arber Ibishi für eine Überraschung. Der Mann des BC Versoix, mit nur 7 Kämpfen noch neu in der Szene, schlug den Favoriten aus Montreux mit einem Verdikt von 1:2 Richterstimmen. De Brito fand nie die richtige Taktik, um den physisch und mental starken Ibishi auszuboxen. Mit ungestümem Vorwärtsdrang brachte Ibishi den Kampf zu seinen Gunsten über die Runden.

Elite 75 kg Ronny Scullion, NABC Montreux, vs. Michael Celeschi, BC Châtel St-Denis

Einen sehr guten Kampf lieferten sich auch Scullion und Celeschi. Dabei hatte der Mann aus Châtel-St-Denis aber immer eine Hand mehr im Spiel und setzte eindeutig die präziseren Treffer. Celeschi hatte bereits im Vorfeld überzeugt und holte sich den Titel hochverdient, obschon auch Scullion keineswegs inferior mit der Silbermedaille vorlieb nehmen musste.

Noch offen sind folgenden Finalpaarungen zum Championnat Romand:

Jun 63 kg                        Seyithan Oeztürk, SC Lausanne, vs. Antoine Fevre, BC Genevois

Elite 60 kg                      Julien Baillifard, BC Martigny vs. Pham Dat Tai Frank, BC Nyon

Elite 69 kg                      Michael Pascale, Club Sédunois, vs. Thierry Garibaldi, Boxwin SC

 

Die Kämpfe der Profis

Auf den Auftritt der Gebrüder Röthlisberger durfte man gespannt sein. Nachdem die Karriere der beiden Brüder vorübergehend ins Stocken geraten war, traten sie in Lausanne nach einer Ringpause von über einem Jahr gegen Gegner an, die erstmals nicht zu unterschätzen waren.

Stéphane Röthlisberger (CH, 3-0-0, rechts im Bild) vs. Sylvain Luce (F, 2-5-0)

Auf dem Papier schien das eine klare Sache zu sein: Röthlisberger hatte 2 seiner 3 Kämpfe vorzeitig gewonnen und der Palmarès des Franzosen überzeugte nicht unbedingt. Das frenetische Publikum erwartete auch diesmal ein schnelles Ende, sah sich aber – genau wie Röthlisberger selbst – vorerst getäuscht. Der 33-jährige Franzose, voll austrainiert und mit einer excellenten Physis, bot unerwarteten Widerstand. Luce arbeitete mit einer soliden Deckung und konnte seinerseits Schläge austeilen, die für den sieggewohnten Romand unerwartet kamen. In der dritten Runde wendete sich das Blatt. Röthlisberger deckte den Franzosen mit einem furiosen Schlaghagel ein und Luce gelang es nicht, die Deckung rechtzeitig in Position zu bringen. Nachdem er mehrmals hart am Kopf getroffen wurde, nahm Ringrichter Beat Hausammann den protestierenden Franzosen aus dem Kampf. Bereits bei der Siegerehrung zeichnete sich ab, was im nächsten Kampf für einen Eklat sorgen sollte: Luce akzeptierte das Urteil nicht und wollte sich nicht dem Shakehands stellen. Nach längerer Diskussion verliess er protestierend den Ring, während der Coach des Franzosen das Handtuch gegen Ringrichter Beat Hausammann warf, sich aber sofort für diese unerhörte Handlung entschuldigte.
 

David Röthlisberger (CH, 2-0-0) vs. Tamas Polster (H, 18-6-1)

Zum Eklat des Tages kam es im letzten Kampf. Mit Tamas Polster bekam Röthlisberger (links im Bild, unten) einen Gegner vor die Fäuste, der seine letzten 6 Kämpfe alle gewonnen hatte und seine 18 Siege achtmal vorzeitig beenden konnte. Entsprechend stieg der Ungare auch in den Kampf. Er liess sich durch die hart geschlagenen Serien des Schweizers nicht beeindrucken, begann aber bereits in der ersten Runde mit Mätzchen, die später in den Skandal münden sollten. Da er sich in der Vorwärtsbewegung stets gegen vorne abduckte, wurde er von den Haken Röthlisbergers im Nacken gestreift, was er als unerlaubten Nackenschlag reklamierte. In der zweiten Runde, die wie die erste Runde fulminant begann, ergab sich nach einem Schlagabtausch eine Rangelei und Polster stürzte zu Boden. Dort blieb er – Rückenbeschwerden vortäuschend – vorderhand auch liegen. Auf die Aufforderung von Ringrichter Hausammann, den Kampf wieder aufzunehmen, reagierte er nicht und Hausammann blieb konsequent: Er zählte den Ungaren aus. Das sollte unerwartete Folgen haben. Wie vor ihm der Franzose stellte er sich dem Verdikt nicht und verweigerte die Siegerehrung. Mit einer verbalen Attacke ging er auf Röthlisberger los und schon bald liess er den Worten Taten folgen: er deckte den Schweizer mit Haken ein und Röthlisberger – seinem Temperament folgend – liess sich nicht lumpen: schon war die schönste Ringschlacht im Gange, der Berichterstatter mit dem Fotoapparat mitten drin, ohne Fluchtmöglichkeit.  



Was dann passierte, kommt in schweizerischen Ringen glücklicherweise selten vor. Das aufgebrachte Publikum und die Betreuer und Supporter der Boxer stürmten den Ring und sorgten für eine veritable Ringschlacht. Ein riesiger schwarzer Fan von Röthlisberger streckte Tamas Polster mit einer unbandagierten Rechten nieder und dieser trug erhebliche Verletzungen davon. Die Polizei musste schliesslich die Vorfälle protokollieren – welche Konsequenzen sich daraus ergeben, wird sich zeigen.
 

Kommentar

Schade, dass es soweit kommen musste. Auf der Habenseite darf nämlich der Auftritt der Gebrüder Röthlisberger verbucht werden. Beiden wurden in der Vergangenheit oft vorgeworfen, nur dank ihrer Physis gewonnen zu haben. Diesmal haben beide Brüder gegen starke Gegner bewiesen, dass sie durchaus auch technisch gereift sind. Es wäre schön, wenn ihre weitere Karriere sorgfältiger begleitet würde.

 

 

 

 

 

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