Int. Boxturnier Chemnitz/DE

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02.07.2013 10:45 Uhr

Bericht von André Schenk/Christina Nigg, Delegationsleiter /Trainerteam

27.6.-30.6.2013: Es kämpften Boxer aus den Partnerstädten Lodz, Usti nad Labem und Düsseldorf sowie die Teams Österreich, Bern-Schweiz, Niederlande, BT Halle/S, Cottbuser BV 2010, Auswahl Baden-Württemberg, Auswahl Sachsen und ein Team vom gastgebenden BC Chemnitz 94 um den Turniersieg.

In der Meldeliste des Turniers standen zahlreiche internationale und nationale Spitzenboxer. Allen voran der Vize-Europameister von Minsk, der Holländer Peter Mullenberg, der auch als Titelverteidiger ins Rennen stieg. Weitere EM-Medaillengewinner sind Johann Witt (Auswahl Baden-Württemberg) und Lokalmatador Ronny Beblik (EM-Bronze 2011), der in Minsk im Viertelfinale gegen den späteren Europameister Andrew Selby ausschied.
Mit von der Partie war auch Vorjahressieger, WSB-Boxer und Militärweltmeister Philipp Gruner, der als Ersatzboxer für die EM in Minsk bereit stand. Auch der deutsche Jugend-Vizemeister Tim Fröhlich sowie DM-Starter Oskar Beksultanow kletterte in den Ring.

Die Delegation Bern-Schweiz unter der Delegationsleitung von André Schenk, Trainerin Christina Nigg sowie Ring- und Punktrichter Beat Hausammann bestand aus den Boxern: 60kg De Brito Bernardino, 69kg Maliqaj Egzon, 81kg Smajli Ukë und +91 Kqiku Elbasan. Geboxt wurde nach den neuen AIBA-Regeln – 10 Points must und wie in Minsk noch mit Helm (Anmerkung: internationale Regelung bis nach der WM/national jedoch ohne Helm).
Da die AIBA vorschreibt, dass die Arztuntersuchung im gleichen Jahr (1.1. bis 31.12) eingetragen sein muss, gab es für die Delegationsleitung der Schweiz noch eine zusätzliche Anforderung! Nur dank dem Verhandlungsgeschick und der langjährigen Freundschaft drückten die Funktionäre ein Auge zu. Die Boxer aus der Schweiz mussten sich jedoch einer separaten umfänglicheren Arztuntersuchung unterziehen um starten zu können!
Das bedeutete neue Anforderungen an unsere Boxer; gesteigerte Konditionsfaktoren spielen massgeblich eine Rolle, da öfter die Halbdistanz gesucht wird, dadurch höhere Schlagfrequenzen (längere Serien), besseres Defensivverhalten usw.
An einem internationalen Turnier gibt es KEINE schlechten Boxer und somit die Auslosung nicht massgeblich. Trotzdem traf es die Auswahl des Berner Teams fast ausschliesslich auf Boxer des Stützpunktes Sachsen.

 

Freitag 28.06.2013 Viertelfinal

60kg DE BRITO Bernardino vs KOVAC Jan, CZE
Der robuste Boxer De Brito traf in seinem ersten Kampf auf den tschechischen Meister aus Usti nad Labem und startete solide in die erste Runde. Mit geschlossener Doppeldeckung verhinderte er die klaren Treffer seines Gegners, unterliess jedoch seinerseits aktive Akzente zu setzen. Der agile Tscheche variierte ab der zweiten Runde in Tempo und Kadenz und entzog sich geschickt den Angriffen De Brito‘s, der sich auch zunehmend steigerte. Er verlor das Gefecht 3:0 n.P.

69kg MALIQAJ Egzon vs SOCHRANNYJ Denis, Sachsen
Die erste Runde musste Maliqaj aufgrund zwei Verwarnungen an den unsauber boxenden Sochrannyj abgeben. Dieser lehnte sich dauernd auf den Schweizer und dieser bot leider auch die Möglichkeit indem er zu tief abtauchte. Die Ansprache des Cheftrainers André Schenk in der Ringpause zeigte nun deutlich Wirkung: Maliqaj entzog sich in den Folgerunden den nach wie vor unsauberen Attacken seines Widersachers und liess sich auch nicht mehr aus seinem Konzept bringen und landete seinerseits schöne und harte Treffer. Leider unterliess es der österreichische Ringrichter dem Sachsen ebenfalls mit Verwarnungen auszusprechen. Der Kampf war dann faktisch unentschieden, die PR mussten sich dann für eine Ecke entscheiden und dies fiel zu Ungunsten des jungen Schweizers aus. Ausschlaggebend waren wohl die Verwarnungen.
Alle anwesenden Fachexperten sahen Maliqaj vorne. Dieser Kampf wurde auch als einzige mangelhafte RR-Leistung eingestuft. Äusserst bedauerlich, dass es gerade unseren Boxer getroffen hat.

81kg SMAJLI Ukë vs FINKE Markus, Sachsen
Der talentierte Smajli traf in seinem ersten Turniereinsatz auf den amtierenden Sachsenmeister Finke vom Stützpunkt Chemnitz, der auf dem Papier der Favorit zu sein schien. Smajli fand jedoch von Beginn weg gut in den Kampf, konnte immer eine Hand mehr ins Ziel bringen und bewegte sich gut. Taktisch gut eingestellt kontrollierte ab der zweiten Runde den Kampf mit leichten Vorteilen und gewann verdient 3:0 n.P.

+91kg KQIKU Elbasan vs GRUNER Philipp, Sachsen
Das eigentlich schwerste Los des Viertelfinals traf den Vize-Schweizermeister und DTSM-Sieger Elbasan Kqiku. Der junge und talentierte Boxer aus Thun hat noch viel Luft nach oben, ist aber mit seinen 10 Kämpfen noch ein Boxlehrling! Sein Gegenüber: WSB-Boxer und Militärweltmeister Gruner vom Stützpunkt Sachsen verfügt über das Vielfache mehr an Kämpfen.
Trotz mutigen Aktionen und gutem Boxen ging die erste Runde in die deutsche Ecke. Die Sensation ereignete sich in der zweiten Runde: nach einer Schlagserie fand sich der Lokalmatador im Ringstaub wieder. Die Schlaghärte Kqiku’s zeigte Wirkung, der Sachse musste angezählt werden. Dank seiner enormen Routine verdankte Gruner die Fortsetzung des Kampfes.
Der Schweizer Boxer Kqiku verlor am Ende n.P., erkämpfte sich jedoch viel Lob und Anerkennung der hochrangigen Trainerexperten.

 

Samstag 29.06.2013 Halbfinal

60kg DE BRITO Bernardino vs WOROFKA Hagen, Sachsen
Wieder ein sächsischer Boxer vom Stützpunkt Chemnitz in der gegnerischen Ecke. De Brito hatte sich im Vorfeld alle Kämpfe angesehen und die Eindrücke auf sich wirken lassen.
Die anfängliche „Ladehemmung“ war weg und der Schweizer machte von Beginn weg grossen Druck. Mit hart akzentuierten Serien und einem Dauerfeuer nach vorne zeigten ihre Wirkung bezüglich der Wertung: De Brito siegte n.P, eliminierte den favorisierten Sachsen und qualifizierte sich für das Finale vom Sonntag! Zweifelsohne hat De Brito sein Karrierepotential noch nicht voll ausgeschöpft.

81kg SMAJLI Uke vs WEBER Mark, Magdeburg
WO (Gegner nicht angetreten)
Somit stand auch dieser Finaleinzug fest!

 

Sonntag 30.06.2013 Final

60kg DE BRITO Bernardino vs KOVAC Jan, CZE
Der dritte Kampftag in Folge für den Boxer aus Montreux. Die Blessuren wurden über Nacht jeweils therapiert, die Kämpfe analysiert und die Strategie für den nächsten Kampf festgelegt.
Hochmotiviert machte De Brito alles richtig, schnitt dem beweglichen Tschechen den Weg ab, versuchte Druck aufzubauen. Doch der erfahrenere Kovac wusste sich vor allem in der 2. Runde geschickt zu entziehen. In der letzten Runde entwickelte sich ein intensiver Schlagabtausch in welchem jeder der Boxer noch versuchte die PR für sich zu gewinnen, die sich am Schluss des Kampfes für Kovac als Sieger entschieden.
Stolzer Silbermedaillengewinner: Bernardino de Brito

81kg SMAJLI Ukë vs MULLENBERG Peter, NL
Der sehr sympathische Peter Mullenberg absolvierte von Januar  2013 bis vor diesem Chemnitzer Turnier 22 Kämpfe, gewann an allen Turnieren Medaillen (von Tampere bis Halle, Usti) von Bronce bis Gold. Die Krönung folgte in Minsk mit der Silbermedaille. Seine Kämpfe verlor er nur gegen den amtierenden Weltmeister oder den Olympiasieger.
Bereits vor zwei Jahren stand damals noch im Mittelgewicht, der Schweizer Davide Faraci dem Holländer gegenüber. Nun traf es eine Gewichtsklasse höher den jungen Smajli.
In der ersten Runde startete der Schweizer mutig mit Aktionen und lief geschickt. So entzog er sich den gefährlichen Serien des Holländers. Diese Runde gewann der Schweizer Boxer. Ab ca. Mitte des Kampfes übernahm der Vize-Europameister mit seiner grossen Erfahrung das Kampfgeschehen. Der Zürcher konnte gut mithalten, hatte aber zunehmend Probleme in seinem Defensivverhalten.
Auch wenn am Schluss Mullenberg als Sieger gefeiert wurde, darf Ukë Smajli sehr stolz auf seine Leistung sein. Er hat den Champion aus Holland unerwartet hart gefordert.
Ebenfalls stolzer Silbermedaillengewinner: Ukë Smajli

 

Schlussgedanken

Die „Expedition“ internationales Boxturnier war für die teilnehmenden Boxer eine grosse Erfahrungsbereicherung. Wenn sich die Schweizer Boxszene international orientieren will, sind solche Wettkämpfe auf diesem Niveau zwingend. „Länderkämpfe“ mit zweitklassigen Clubmannschaften sind vielleicht für das Plamarès vorteilhaft, aber nicht für die Weiterentwicklung der Boxer förderlich. Es ist wie in der Trainingslehre: Nur durch steigernde Anforderungen entwickelt sich die Kraft, Kondition und Beweglichkeit.

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