Zećirević mit klarem Sieg in Diepoldsau

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08.03.2015 20:33 Uhr

Gérald Kurth

08.03.2015 - Im Dezember 2014 hatte Enes Zećirević in Kiev gegen den Weltklassemann Umar Salamov seine erste Niederlage als Profi erlitten. Insofern stand für den von Dino Caputo gecoachten Rebsteiner im Vordergrund, mit einem Sieg wieder Moral zu tanken und sich für zukünftige Aufgaben empfehlen. Dieses Ziel erreichte er vorzeitig, wenn auch ohne wirklich zu überzeugen: Zećirević agierte zwar mit Vorwärtsdrang, liess aber gleichzeitig die Spritzigkeit und Variantenreichtum vermissen. Auch Ylli Rashiti (Bruder von Veranstalter Blerim Rashiti, der die Kampfnacht ennet des Rheins organisierte), der zweite Lokalmatador, blieb siegreich. Er bekundete allerdings gegen den eher bescheidenen Ungaren Istvan Kuhn grosse Probleme: Erst in der allerletzten Runde schaffte es Rashiti, das Ruder im bis zu diesem Zeitpunkt ausgeglichenen Kampf herumzureissen. Das klassische Profiprogramm wurde vervollständigt durch einen sehr guten Elitekampf des Buchsers Mic Pepshi, der seinen aus Deutschland angereisten Kontrahenten nach Punkten niederrang.

Die grosse Mehrzweckhalle in Diepoldsau war randvoll gefüllt, wobei das feurige Publikum zwar zur Vorspeise ein Dutzend K1- und Thaibox-Kämpfe, als Hauptgang jedoch drei klassische Boxkämpfe serviert bekam. Die Rheintaler Boxer Rashiti, Zećirević und Pepshi konnten, auch wenn kein Titelkampf auf dem Programm stand, zu diesem Zweck Hunderte von Fans mobilisieren. Dem entsprechend lautstark war die Unterstützung an dieser gut organisierten und problemlos verlaufenen Kampfveranstaltung.

 

Die Profikämpfe

79 kg:
Enes Zećirević (CH, BC Bad Ragaz) vs. Jozsef Racz (UNG, Panters Lauri)

Nach seinem hervorragenden Kampf Ende letzten Jahres in der Ukraine kam Zećirević diesmal nicht auf sein gewohntes Rendement. Er marschierte zwar von Anfang an fleissig vorwärts, verharrte aber zu oft in der Doppeldeckung und konnte so keinen echten Druck aufbauen. Dazu nötig gewesen wäre insbesondere der konsequentere Einsatz der Auslage. Zećirević arbeitete sich im gesamten Kampfverlauf kaum je mit der Linken an den Gegner heran, sondern versuchte vielmehr seine gefährliche Rechte ohne Vorbereitung direkt durchzuziehen. Das war durchschaubar, und Racz konnte sich recht gut darauf einstellen. Zudem mangelte es Zećirević insgesamt an Präzision. Obwohl Racz fast einen Kopf grösser war, schaffte es der Ungare mehrfach, unter Zećirevićs Rechter wegzutauchen. Wenn das mal nicht reichte, hakte er sich beim Einheimischen unter und vereitelte dessen Angriffsbemühungen damit. In dieser Konstellation vermochte Zećirević nur wenig klare Punkttreffer zu landen. Er blieb verkrampft, was der destruktiven Kampfanlage des Ungarn entgegen kam. Erst in der vierte Runde erarbeitete sich Zećirević Dominanz: Zum ersten Mal beeindruckte er Racz erst mit einer guten Linken, gleich anschliessend mit einem harten Körperhaken. Der versuchte zwar noch mal dazwischen zu funken, musste aber nach  Zećirevićs entschlossenem Leberhaken aufgeben. Der Sieg durch TKO nach 2:10 in der vierten Runde war verdient, kam aber insgesamt zu wenig zwingend zustande. Zećirević hat noch viel Luft nach oben. Hart hauen kann er. Wenn er dabei aber noch beweglicher im Oberkörper wird und seine Doppeldeckung speziell in der Vorwärtsbewegung mit den eigentlich wirkungsvollen Jabs auflockert, besteht er auch wieder gegen Klasseboxer im Ausland. Angst vor echten Herausforderungen hat er keine, das hat er schon mehrfach bewiesen.

90 kg:
Ylli Rashiti (CH, BC Bad Ragaz) vs. Istvan Kuhn (UNG, Panters Lauri)

Rashiti wollte seinen frenetisch jubelnden Fans alles bieten, stiess aber auf unerwartet grosse Probleme. Dabei war sein etwas vierschrötig wirkender ungarischer Kontrahent Istvan Kuhn beileibe kein überdurchschnittlicher Boxer. Im Gegenteil: Kuhn war technisch limitiert und brachte wenig Druck hinter seine Schläge. Daraus machte der Ungare jedoch, ausgestattet mit einem hervorragenden Auge, das Optimum: In den ersten vier Runden war er viel öfter im Angriff, setzte gute Körpertreffer oder traf – besonders erstaunlich – Rashiti mit eigentlich antizipierbaren Schwingern oder Geraden zum Kopf. Hätten diese mehr Druck gehabt, wäre Rashiti am Ende wohl kaum als Sieger aus dem Ringgeviert gestiegen. Der Lokalmatador ruderte sich zwar meistens frei. Allerdings nur, um gleich anschliessend wieder stehen zu bleiben und von einfachen Kombinationen des Ungarn getroffen zu werden. Rashiti hatte zudem Glück, dass der zweimalige Verlust des Mundschutzes ohne Punkteabzug blieb. Nach vier Runden stand der Kampf auf Messers Schneide, ein Sieg des Ungarn wäre keinesfalls gestohlen gewesen. Dann aber bewies Rashiti Willen und zwang den Ungarn in die Defensive. Und prompt kam der Niederschlag. Ringrichter Jörg Mangott gab zwar den Kampf nach dem Anzählen nochmals frei. Nach einem erneuten Schlaghagel Rashitis zog er es aber vor, Kuhn aus dem Kampf zu nehmen, bevor dieser verteidigungsunfähig gewesen wäre. Nach 2:40 in der 6. Runde konnte Rashiti somit einen Kampf doch noch vorzeitig entscheiden, den er äusserst zwiespältig gestaltet hatte. Und den er, das kann man wohl sagen, gegen einen nur wenig druckvolleren Gegner klar verloren hätte.

Der Elitekampf

78 kg:
Mic Pepshi (BC Buchs) vs. Alexander Rigas (TSV Peissenberg)

Ein insgesamt sehr guter Elitekampf zwischen zwei technisch versierten, hart schlagenden und jederzeit vorbildlich fair agierenden Halbschwergewichtlern. Der Deutsche ging den Kampf zwar offensiver an. Er wurde aber vom ausgezeichnet disponierten Pepshi regelmässig abgekontert, meist mit einer Kombination aus vier Schlägen, je zu Kopf und Körper gezogen. Pepshi blieb jederzeit kontrolliert, liess sich auf keine Keilerei ein. Seine hervorragende Körperspannung bzw. deren überfallartige Verlagerung erlaubt ihm die überfallartige Auslösung von Kontern, sobald sich eine Chance bietet. Vielleicht liegt darin auch gleichzeitig eine Schwäche, wenn man überhaupt von einer solchen sprechen kann. Im Verlauf des Kampfes gab es immer wieder Phasen, in denen Pepshi den Gegner agieren liess und etwas passiv wirkte. Aus diesem Grund ging die zweite Runde auch an den Gegner, der vermehrt seine Reichweitenvorteile ausnutzen konnte. Aber Pepshi reagierte und gestaltete die dritte Runde nun seinerseits aktiver. Mit schönen Auslagen arbeitete er sich an Rigas heran, um diesen dann aus der Halbdistanz mit knallharten Haken einzudecken. Der Deutsche versuchte, dies zu unterbinden, indem er sich mehrfach auf Pepshi warf. Auch damit konnte er aber das, wenn auch insgesamt enge Verdikt nicht mehr zu seinen Gunsten gestalten. Eindeutiger Punktesieger war mit 3:0 Richterstimmen verdient Mic Pepshi.

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