Wie Luzern zum Box-Boom kam

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27.09.2019 08:43 Uhr
Stephan Santschi, Luzerner-Zeitung

«Wir müssen schauen, dass wir nicht unter die Räder kommen.» Jack Schmidli, der TK-Chef von Swiss Boxing, schaut mit etwas Ungewissheit auf das Wochenende, wenn im Zentrum St.Michael in Littau der vierte Nationen-Cup auf dem Programm steht. Seiner Aussage liegt eine kurzfristige Änderung im Teilnehmerfeld des Vierländerturniers zu Grunde. Neben der Schweiz, Deutschland und Frankreich werden nicht die Italiener, sondern die Iren am Start stehen. «Irland ist neben Fussball und Rugby auch boxverrückt. Die Iren verfügen über super Boxer.»

Die Vorfreude aber überwiegt bei weitem, Schmidli ist entzückt, dass Luzern wieder einmal Gastgeber eines bedeutenden internationalen Box-Events ist. «Boxen ist in der Schweiz nur eine Randsportart», bedauert der Krienser. Dass der Stellenwert mal grösser war, zeigt der Blick in die Geschichte, in den 1960er- bis Mitte der 1970er-Jahre galt Luzern sogar als Hochburg für den Boxsport. Ausgelöst wurde der Boom durch die Europameisterschaft der Amateure im Jahr 1959, die in der alten Festhalle auf der Allmend über die Bühne gegangen war. «Den Nationen-Cup tragen wir deshalb als Jubiläumsanlass in Luzern aus – in Erinnerung an die EM vor 60 Jahren», erklärt Schmidli.

«Boxkämpfe in Luzern waren oft ausgebucht»

1959 nahmen Sportler aus 28 Nationen an der EM teil, darunter so prominente Namen wie der Italiener Nino Benvenuti, der später Olympiasieger und Weltmeister bei den Profis werden sollte. Oder der Sowjet Andrei Wassiljewitsch Abramow, der dreimal Amateur-Weltmeister war. Oder der vor kurzem verstorbene Zürcher Max Bösiger, einer der erfolgreichsten Schweizer Amateurboxer aller Zeiten. «An Box-Events in Luzern ging es immer recht laut zu und her», berichtet der 77-jährige Stadtluzerner Giovanni Pini. «Egal, ob im Zollhaus, im alten Kunsthaus, im Hotel Union oder im Löwengarten – oftmals waren die Kämpfe ausgebucht.»

Pini befand sich an besagter EM als 17-Jähriger im Publikum. «Wir hatten uns rein geschlichen», erzählt er schmunzelnd. Bis dahin hatte er dem Ringen gefrönt, doch die EM inspirierte ihn, eine eigene Boxkarriere zu lancieren. In Luzern zählte er in der Folge zu den dominierenden Figuren, in rund 200 Kämpfen ging er nur einmal zu Boden. «K.o. war ich gar nie. Mit meinen 82 bis 84 Kilo war ich ein leichter Schwergewichtler, meine Gegner wogen um die 100 Kilo. Da brauchte ich eine schnelle Reaktion.» Ganz nach oben reichte es Pini hierzulande allerdings nicht, zweimal verlor er den Final der Schweizer Meisterschaft. Seine Leidenschaft fürs Boxen ist aber bis heute ungebrochen: «Mann gegen Mann – Boxen ist der fairste Sport überhaupt. Ich werde mir den Nationen-Cup anschauen.»

Dass Luzern zu einem erstklassigen europäischen Box-Event kommt, ist zu grossen Teilen das Verdienst von Massimo De Filippo. Er ist der Präsident des Boxing Club Luzern und treibende Kraft der Organisation. Am Samstag und Sonntag wird in drei Männer-, einer Frauen- und zwei Nachwuchskategorien gekämpft. «Stattfinden werden sie im leicht modernisierten Originalring von 1959», freut sich De Filippo.

Gesucht: «Der Roger Federer des Faustkampfs»

Wie viele Leute kommen werden, weiss er nicht, parat sind rund 300 Sitzplätze. «Im Vergleich mit der EM vor 60 Jahren sind das natürlich Welten. Damals kamen 7500 Zuschauer.» Trotzdem soll der Nationen-Cup genutzt werden, um der Sportart etwas mehr Leben einzuhauchen. «Boxen hat riesiges Potenzial, die Euphorie könnte sehr gross sein», sagt Jack Schmidli von Swiss Boxing. «Vorher aber müssen wir einen Roger Federer des Faustkampfs entdecken.»

Nationen-Cup

Littau-Luzern. Zentrum St.Michael. Samstag. 17.00: Eröffnungsfeier, anschliessend Vorkämpfe mit Athleten des Boxing Club Luzern. – Ab 18.00: 12 Halbfinalkämpfe. – Sonntag. Ab 11.00: Grosse und kleine Finals (je 6 Kämpfe).

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