In Memoriam Franz Marti (6. Juli 1929 – 11. August 2015) – Eine Würdigung

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05.09.2015 22:52 Uhr



Mit einer Traueradresse hat der WBC (World Boxing Council) den Tod von Franz Marti weltweit gewürdigt. WBC-Präsident Mauricio Sulaiman hat ein sehr persönliches Kondolenzschreiben verfasst und damit ein Zeichen gesetzt: die Boxwelt hat einen Mann verloren, der in den Ringen der Welt Geschichte geschrieben hat. Wir trauern um unseren Freund und entbieten seinen Liebsten unser herzlichstes Beileid.

05.09.2015 - Das Leben von Franz Marti war facettenreich und immer hoch spannend. Die sportlichen Gene waren ihm in die Wiege gelegt. Er bewies dies im Schwimmen (Kadettenmeister), im Handball (Torhüter) und als Eishockey-Spieler beim SCB (Schlittschuhklub Bern). Das Eishockey hat den jungen Franz Marti schliesslich zum Boxen gebracht. Er organisierte für den SCB ein damals noch nicht so gezielt geplantes Sommertraining im berühmten Berner Boxkeller von David Avrutschenko (ABCB). Dort schlauchte der junge Boxtrainer Charly Bühler die Eishockey-Cracks und bald zeigte sich, dass die Spieler des SCB auf die neue Saison konditionell am besten gerüstet sein würden. Der Eishockey-Spieler Franz Marti fand Gefallen am vielseitigen Training und wurde schon bald mit einem typischen Bühler-Trick zum Boxer. Trainer Bühler fehlte nämlich zu einem Meeting ein Mann in Marti’s Gewichtsklasse. Franz sprang ein und war damit in der Welt des Boxens angekommen. In der Folge stand er für den Athletic-Box-Club Bern in 75 Kämpfen als Amateur im Ring. Nach seiner aktiven Karriere blieb er dem Boxen treu: zunächst als Trainer und später als Punkt- und Ringrichter. Marti arbitrierte mehr als 2000 Kämpfe (davon 45 Welt- und 70 Europa-Titelkämpfe) und wurde zu einem Kampfrichter der internationalen Spitzenklasse. Auf www.boxrec.com kann die Karriere im Detail eingesehen werden. Franz Marti stand bei grossen Kämpfen mit Frank Bruno, Graziano Rocchigiani, Lennox Lewis und Herbie Hide als Unparteiischer im Ring und punktete Kämpfe von Virgil Hill, Fabrice Tiozzo, Nigel Benn, Pernell Whitaker, Julio Cesar Chavez, Terry Norris und Henry Maske. Glanzlichter waren seine Einsätze in Las Vegas: hier punktete er bei Titelkämpfen von Thomas Hearns (vs. Juan Roldan, 1987) und Ray Sugar Leonhard (vs. Donny Lalonde, 1988)

Neben seinen unbestrittenen fachlichen Qualitäten beeindruckte Franz Marti dank seiner charismatischen Persönlichkeit und einem Anflug von Glamour, wie er heute nur den Show-Stars vorbehalten bleibt. Sein Erfolg hatte aber auch seinen Preis: viele Neider machten ihm das Leben schwer und der scheinbar souveräne Franz litt mehr darunter, als er sich anmerken liess. Dabei blieb er immer auch für die kleinen Clubs in der Schweiz ansprechbar und lehnte es nie ab, bei lokalen Meetings im Ring zu stehen. Dies und seine internationalen Erfolge machten ihn zu einem Botschafter des Boxens und zu einer Referenz für die Schweiz.

Franz Marti wuchs in Langenthal auf und war nach einer Lehrzeit bei der Firma Hasler AG in Bern in der Elektrobranche berufstätig. Später war er Stadtpolizist in Bern. Nach seiner Amateurkarriere wechselte er in die Industrie (u.a. 8 Jahre bei Ammann AG in Langenthal, 4 Jahre Einkaufchef bei der Maschinenfabrik Aecherli in Reiden). Nach vier Jahren bei Toyota AG in Safenwil beschloss er seine berufliche Laufbahn als Ersatzteil-Manager bei Hunkeler AG in Wikon. Eines blieb: Boxen hatte vor weiteren beruflichen Plänen immer Priorität. Auch das hatte seinen Preis: seine Ehen scheiterten und erst im letzten Lebensabschnitt fand er mit seiner Lebenspartnerin Samang jene Ruhe, die ihn glücklich und philosophisch werden liess. Nach seinem 65. Geburtstag zog er mit der gebürtigen Thailänderin nach Thailand. Augenzwinkernd erklärte er diesen Exodus mit den bescheidenen Lebenskosten in Asien – der wahre Grund war aber, dass in Europa ab einem Alter von 65 Jahren keine Ringrichterlizenz mehr vergeben wird. In anderen Kontinenten galt diese Regel für die WBC nicht und Franz Marti konnte dank seiner guten Gesundheit weiterhin lange Jahre internationaler Ringrichter bleiben.

Leb wohl Franz, wir werden Dir ein ehrendes Andenken bewahren und Dich nie vergessen.

Ueli E. Adam

PS: als mich mein Vater als Schüler neben den Securitas-Türstehern (Zutritt erst ab 16 Jahren) zu einem Boxmeeting schmuggelte, sah ich im Ring als ersten Kämpfer den jungen Franz Marti in einem seiner ersten Boxkämpfe.

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