Bis die Knochen schmerzen: So bereitet sich die Kobra auf den Mega-Kampf vor

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15.05.2016 12:33 Uhr

Tages Woche, 26.04.2016

Noch knapp ein Monat bis zum grossen Tag: Arnold «The Cobra» Gjergjaj steckt mitten in den Vorbereitungen für seinen bisher härtesten Kampf. Ein Besuch im Trainingscamp. Von Matthias Opplier


Von Showeinlagen hält der Prattler Boxer Arnold Gjergjaj wenig. Doch manchmal gehts nicht ohne. Sein Gegner David Haye versorgt die Welt über Facebook und Youtube laufend mit grossen Ansagen in Videoformat. Dort lässt er sich zum Beispiel einen Medizinball auf die Bauchmuskeln klatschen oder gibt Einblicke in seinen Trainingsalltag.

Gjergjajs Trainer Angelo Gallina besteht darauf: «Wir machen jetzt auch einmal ein solches Video.» Also gibt sich der Boxer einen Ruck. Er schlägt eine schnelle Kombination in Richtung Kamera und sagt: «I am ready Haye – and you?»

Die Show wäre also im Kasten. Bleibt noch die Frage, wer das Youtube-Passwort hat und den Clip hochladen kann. Man merkt: Team Cobra hat mit solchen Dingen wenig Erfahrung. 

Doch viel mehr zählt das Sportliche. Und da ist die Erfahrung gross. Das Trainingscamp im Arnold Boxfit in Pratteln (Gjergjajs frisch eröffnetes Boxgym) hat den Betrieb aufgenommen. Die Vorbereitung läuft auf hohen Touren. Seit einigen Tagen schon steht Sparring auf dem Programm. Gjergjaj soll Kampferfahrung sammeln, ein Gespür für die unterschiedlichsten Kampfstile und Gegner entwickeln. 

Sparring ist eine Gratwanderung. Zu stark unterlegen dürfen die Partner nicht sein, sie sollen Gjergjaj fordern. Doch auch nach oben darf der Unterschied nicht zu gross sein, man will seinen Boxer in dieser Phase nicht entmutigen. Ausserdem sind bessere und höher klassierte Gegner immer auch potenzielle Gegner für spätere Wettkämpfe.

Viel Sparring gegen möglichst viele unterschiedliche Gegner: So soll die Kobra innert kürzester Zeit viel Kampferfahrung sammeln.

An diesem Freitagvormittag wagen sich abwechselnd zwei Osteuropäer vor die schnellen Fäuste der Kobra. Es sind zwei sehr unterschiedliche Boxer, die zusammen Hayes vielseitigen Stil simulieren sollen.

Der eine ist kleiner als Gjergjaj, leichter, eine Annäherung an Hayes aussergewöhnliche Beweglichkeit und seinen dynamischen, explosiven Kampfstil. Einen solchen Gegner gilt es durch den Ring zu jagen, in die Ecke zu drängen und seinen Rhythmus zu durchbrechen. Der andere ist ein typischer Infighter. Einer, der die Kurzdistanz sucht, um mit mächtigen, brutalen Haken möglichst viel Schaden anzurichten.

Alles geben für den grossen Kampf

Haye ist berüchtigt für seine harten Punches, er setzt seine Gegner unter Druck und lässt ihnen kaum Raum zum Atmen. Diesem Druck muss Gjergjaj standhalten noch besser: entgegenwirken.

Acht Runden werden heute gekämpft, am 21. Mai in London werden es zehn sein. Deshalb hängt Gjergjaj noch zwei weitere Runden an. Während er im hinteren Teil des Gyms lautstark die Sandsäcke malträtiert, verziehen sich die beiden Sparringpartner unter die Dusche. Morgen fliegen sie zurück, ihr Job ist erledigt. Die Kobra aber hat noch viel zu tun, auch wenn die Knochen vom intensiven Training schmerzen.

«Haye ist mein Lieblingsboxer.»
Arnold Gjergjaj 

Noch nie in seiner Karriere ist Gjergjaj einem gefährlicheren Gegner gegenübergestanden. «David Haye ist ein Boxer von Weltformat», sagt Trainer Gallina. «Haye ist mein Lieblingsboxer», sagt Gjergjaj. Die Videoaufnahmen, die im Internet zu finden sind, kennt die Kobra auswendig. «Ich habe diese Filme auch früher schon angeschaut.» Hayes Stil sei einzigartig im Schwergewicht. «Für mich ist er einer der drei besten Boxer der Welt.»

Doch aller Verehrung zum Trotz: Gjergjaj wird Haye im Ring hart angehen. «Seine beste Zeit liegt hinter ihm. Er kommt aus einer langen Verletzungspause und ist nicht in Höchstform. Ich kann ihn schlagen.» An eine Niederlage und den damit verbunden Verlust seiner lupenreinen Kampfbilanz verschwende er keinen Gedanken, sagt Gjergjaj. «Das Training läuft gut, mein Körper macht bestens mit, ich freue mich auf den Kampf.»

Mit starken Nackenmuskeln lassen sich Treffer am Kopf besser wegstecken, auch darauf bereitet Gjergjaj sich vor.

Auch der Trainer ist zufrieden. «Wir sind auf dem bestmöglichen Weg», sagt Gallina. Der Plan sei genau aufgegangen. «Wir haben immer gesagt, 2016 gibt es einen Top-Kampf.» David Haye hat im Interview mit der TagesWoche angekündigt, Gjergjaj spätestens in der achten Runde k.o. zu schlagen. Von solchen Ankündigungen hält Gallina nichts. «Arnold hat einen harten Punch. Im Boxen kann alles passieren, auf solche Prognose-Spielchen lasse ich mich nicht ein.»

Mit Gastro-Shorts in den Ring

Weniger zufrieden ist Gallina mit dem organisatorischen Teil. Im Projekt Weltmeister ist er nicht nur Trainer, sondern auch Manager. «Das Interesse bei den Sponsoren bleibt verhalten», ärgert sich Gallina. Immerhin haben sich einige Restaurants gefunden, die je mindestens 30'000 Franken investiert haben und somit ihr Logo auf den Shorts der Kobra platzieren dürfen. "Ich esse eben sehr gerne", erklärt sich Gjergjaj lachend die gastronomische Dominanz auf seiner Hose. Der Vertrag mit dem früheren Materialsponsor Everlast sei nicht erneuert worden, sagt Gallina. «Wir brauchen Geld für Sparringpartner, keine Boxhandschuhe und Sandsäcke.»

Im Ring hat Gjergjaj zu einigen Runden Schattenboxen angesetzt, den Bildschirm immer im Blick. Dort läuft Hayes Kampf gegen Derek Chisora, den er 2012 vorzeitig gewonnen hat. Gjergjaj prägt sich die Bewegungsabläufe seines Gegner ein, pariert, kontert, weicht aus, setzt zum Gegenangriff an. Er steht schon heute in Gedanken im Boxring in London, wo es am 21. Mai für ihn vor bis zu 20'000 Zuschauern um alles gehen wird.

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