Box-Gala Basel: Culture meets Boxing
20.12.2009 11:10 Uhr
Austrainierte Körper sehen anders aus. Der füllige Ungar Sandor Balogh kämpfte zwar wie ein wil-
der Stier, musste sich aber dem Baselbieter Arnold Gjergjaj (r.) schliesslich geschlagen geben
Bericht von Jack Schmidli
20.12.2009 – Sie tanzten keinen Tango und es fielen auch keine Schüsse. Trotzdem fanden sich gestern Abend in der Kaserne Basel einzelne dunkle Gestalten in Mafia-Aufmachung ein, angeführt von Don Vito aus Corleone. Die feine Gesellschaft durfte sich über drei Amateur- und zwei Profikämpfe freuen, die allesamt mit viel Herzblut ausgetragen wurden und entsprechend grossen Beifall beim Publikum fanden.
„Profiboxen und Kultur“, das vielfach bewährte Konzept des Box-Clubs Basel, stand auf dem Programm. Angelo „Speedy Chicken“ Gallina lud zum „Boxeo 16“ ein und die Leute kamen in Scharen. Die Kaserne war bis auf den letzten Platz ausverkauft.
„Sie werden nicht frieren und es wird auch keine Boxer geben, die sich dem Kampf verweigern“, rief Ringsprecher Peter Bollag in Anspielung auf die Box-Weltmeisterschaft vom vergangenen Wochenende in Bern in den Saal. Und Bollag sollte Recht behalten.
Nach einem ersten Niederschlag in der 2. Runde kam das Aus im 6. Durchgang. Ringrichter Beat
Hausammann zählt Balogh an, gibt den Kampf anschliessend nochmals frei, beendet das Gefecht
aber nach erneuten schweren Treffern Arnold's
Der Main-Event
Im auf sechs Runden angesetzten Hauptkampf des Abends standen sich der Baselbieter Arnold „The Cobra“ Gjergjaj und der Ungare Sandor Balogh im Seilgeviert gegenüber. Arnold wurde mit frenetischem Applaus vom Publikum im Ring begrüsst.
Der nicht ganz austrainiert wirkende, eher untersetzte Angriffsboxer Balogh ist in der Schweiz kein Unbekannter. Zweimal kämpfte er gegen den Bad Ragazer Ivo Andelic und rang diesem im zweiten Kampf ein Unentschieden ab, das dem Einheimischen damals schmeichelte. Zudem ging er am 3. Oktober gegen den Luzerner Xhavit Bajrami über die volle Distanz von sechs Runden. Umso mehr durfte man gespannt darauf sein, ob es „The Cobra“ gelingen würde, den „Eisenschädel“ aus Ungarn auszuknocken.
Arnold Gjargjaj ging die erste Runde mit der gebotenen Vorsicht an und beschränkte sich darauf, den Gegner zu studieren. Mit seinem Jab hielt er seinen Widersacher auf Distanz. Im zweiten Durchgang das gleiche Bild: Sandor Balogh trug seine Angriffe einfallslos und undynamisch vor und wurde von Arnold auf Distanz gehalten. Dann plötzlich, wie aus heiterem Himmel schlug die Rechte des Baselbieters ein. Der Ungare musste kurz auf die Bretter und wurde von Ringrichter Beat Hausammann angezählt. Balogh schien sich in der Folge vom Niederschlag gut zu erholen und griff seinen Gegner erneut an, wirkte aber bei seinen Attacken stereotyp und ideenlos. Das boxerische Rüstzeug für höherklassiges Boxen geht ihm eindeutig ab.
Zu Recht reklamierte die Ecke des Gastboxers die zahlreichen Innenhandschläge von Arnold. In der 4. Runde wurde dieser vom Ringrichter deshalb verwarnt und erhielt einen Punkteabzug. Arnold liess sich davon aber nicht beirren und deckte seinen Kontrahenten immer wieder mit harten Schlägen ein, wobei die meisten dieser Schläge auf die Doppeldeckung des Ungaren gingen. Im 6. und letzten Durchgang kam es dann doch noch zum vorzeitigen Aus. Nach einem kurzen Schlaghagel musste Balogh erneut zu Boden. Hausammann zählte bis Acht und gab den Fight nochmals frei. Nachdem Arnold sofort zielsicher nachsetzte und seinen Gegner erneut in arge Schwierigkeiten brachte, brach der Ringrichter den Kampf ab. Sieger durch Technischen Knockout in der 6. Runde: Arnold „The Cobra“ Gjergjaj.
Fazit: Arnold hat seine bisherigen drei Profikämpfe allesamt vorzeitig gewonnen. Allerdings wurden ihm zu Recht schlagbare Aufbaugegner vorgesetzt, wobei sich Balogh als der bisher beste und kampfstärkste Widersacher erwies. Unbedingt abstellen muss Arnold die Innenhandschläge. Und Arnold muss lernen, noch variabler zu boxen und seinen Uppercut häufiger ins Ziel zu bringen.
Der Tessiner Andrija Petric (l.) bearbeitet seinen Gegner Mihaly Kratki an der Grenze zum Foul
Die Undercard-Kämpfe
In der ebenfalls noch jungen Karriere des Tessiners Andrija Petric gelangen diesem zwei Siege in zwei Kämpfen, davon gewann Petric einen Kampf vorzeitig. Der Schützling von Meistertrainer Federico Beresini bekam es gestern Abend mit dem Ungaren Mihaly Kratki zu tun. Kratki ist ein Ringfuchs mit bereits 33 Kämpfen im Palmarès. Die Gegnerwahl ist sinnvoll, schliesslich soll das aufstrebende Talent sorgsam aufgebaut werden. Manager Micchele Barra zu swissboxing.ch: „Wir wollen sondieren, was in Petric steckt. Auf keinen Fall wollen wir ihn verheizen“.
Wie Gjergjaj ist Petric ein Modellathlet. Für einen Cruisergewichtler bringt er beste physische Voraussetzungen in den Ring. Mit seinem schnellen Jab beeindruckte er Kratki bereits ab der 1. Runde, übernahm das Kommando und gab dieses bis zum letzten Gongschlag nicht mehr aus der Hand. Dem Ungaren darf zu Gute gehalten werden, dass er den Südschweizer in jeder Phase des Kampfes einiges abverlangte und nicht nach Basel gereist war, um zu verlieren. Beeindrucken konnte Petric mit einem variablen Schlagrepertoire. Auch waren bei Petric kaum Innenhandschläge zu sehen. Ab dem 3. Durchgang erhöte Petric die Kadenz und setzte seinen Gegner vermehrt unter Druck. Dieser fand kein probates Mittel zum Sieg und verlor schliesslich jede Runde an Petric. Sieger nach sechs Runden: Andrija Petric.
Sandra Brügger (r.) war für Valentina Santambroglio aus Italien eine Schuhnummer zu gross. Den
energischen Angriffen der Italienerin entzog sie sich durch blitzschnelle Meidbewegungen
Sandra „The Silence“ Brügger, 4-fache Schweizermeisterin, bekam es gestern Abend mit der Rechtsauslegerin Valentina Santgambroglio zu tun. Ein Blick in die Kampfrekorde der beiden Boxerinnen liess keinen Zweifel an der Favoritenrolle der Baslerin aufkommen. Die viel erfahrenere Vize-Europameisterin präsentierte sich – wie immer – in ausgezeichneter körperlicher Verfassung. Ihre Beinarbeit war vorbildlich und sie liess ihre Gegnerin, welcher viel Mut und Kampfgeist attestiert werden darf, immer wieder auflaufen. Das Publikum fand viel Gefallen an den Darbietungen der beiden Boxerinnen. Am Schluss gab es am Urteil der Punkterichter keine Zweifel. 3 : 0 – Siegerin nach 4 Runden: Sandra „The Silence“ Brügger.
In zwei weiteren Amateurkämpfen gewann der Italiener Alessio Tirone gegen den Basler Patrick Wiederkehr durch Mehrheitsentscheid und Sarah-Joy Rae (BC Basel) siegte gegen die Zürcherin Amanda Beck einstimmig nach Punkten. Beide Kämpfe wussten ebenfalls zu gefallen.
Arnold strahlt nach seinem Sieg gegen Balogh. Links im Bild: Trainer und Manager Gallina |
Eine ansprechende Leistung zeigte Sarah- Joy Rae gegen die Zürcherin Amanda Beck |
Angelo Gallina: Hahn im Korb. Der Chef von Boxeo 16 freut sich über den gelungenen Event |
Mit einem Lied aus dem Mafia-Streifen "Der Pa- te" begeistern "Sicilia Bedda" das Publikum |