Zürich gewinnt Staffelkampf gegen Bern

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13.06.2010 15:19 Uhr

Bericht von Jack Schmidli (Text) und Fabienne Nigg (Fotos)

13.06.2010 - Wäre es nach der Anzahl der Siege beim gestrigen Kräftemessen zwischen den Boxstaffeln aus Bern und Zürich gegangen – die rote und die blaue Ecke verbuchten je fünf Siege - , hätte keine der Mannschaften als Sieger ausgerufen werden können. Denn in den Reihen der Berner Boxer kämpften Sadriu Drin und Durim Sadrija (beide Box-Team Thun Oberland) gegen Boxer aus Frankreich. Diese von den Einheimischen erfolgreich gestalteten Kämpfe zählten aber nicht zur Staffelwertung, weshalb die Zürcher „das Rencontre“ mit fünf zu drei Siegen für sich entscheiden konnten.
Aus sportlicher Sicht versprach der Staffelkampf bereits zum Vorneherein ein Erfolg zu werden. Klingende Namen wie Vahram Khudeda (BTO), Alain Chervet (Boxing Kings), sowie Andranik Hakobian und Davide Faraci (beide Box Ring Baden) standen auf dem Programm. Aber auch Yves „Pitbull“ Studer, der Europameister der Nicht-EU-Staaten, machte in Thun seine Aufwartung und - last but not least - durfte der Ringsprecher die bekannte Nationalrätin Ursula Haller begrüssen.
Leider entsprach der Zuschaueraufmarsch trotz allen Bemühungen im Vorfeld nicht ganz den Erwartungen. Zu viele Events wie beispielsweise das Fussball-WM-Spiel zwischen England und den USA, ein Handballturnier in Thun oder Open-Air-Konzerte in Interlaken absorbierten Zuschauerinnen und Zuschauer. Mitorganisator Manuel Schaffroth zu swissboxing.ch: „Du kannst organisieren, wann du willst. Immer ist irgendwo etwas los“. Trotzdem: Der gestrige Staffelkampf, hervorragend organisiert von Christina Nigg und André Schenk, sowie zahlreichen freiwilligen Helfern, hätte ein „volles Haus“ verdient.

Die Kämpfe:

Im ersten Staffelkampf standen sich der 31-jährige Italo-Berner Andrea Antonica (BA Bern) und der um12 Jahre jüngere K. M. (KSA Winterthur) gegenüber. Nicht nur der Alters-, sondern auch der Gewichtsunterschied war beachtlich: Antonica, der nach acht Jahren Ringabstinenz ein Comeback versuchte, brachte 23 Kilogramm mehr auf die Waage! Obschon sich Antonica tapfer schlug und nie aufgab, musste er sich seinem beweglicheren Gegner nach drei Runden klar geschlagen geben. Die lange Ringpause und das offensichtliche Übergewicht waren eine zu grosse Hypothek für den Berner. Im einzigen Frauenkampf des Abends besiegte Anja Schori (Boxing Kings) im Leichtgewicht Ariane Meister (BR Baden) einstimmig nach Punkten. Die zierliche Bernerin hielt ihre Gegnerin dank geschickter Defensivarbeit auf Distanz und brachte ihren linken Jab immer wieder ins Ziel, was sich auf den Punktzetteln des Kampfgerichts entsprechend auswirkte.

 

Andrea Antonica vs. K. M.

Anja Schori vs. Ariane Meister


Eine Glanzleistung lieferte der Weltergewichtler Vahram Khudeda (BTO) ab. Der junge Armenier umtänzelte seinen etwas verkrampft wirkenden Gegner, Schweizermeister Marcdello Santana (BC Zürich) leichtfüssig, wirkte extrem relaxt und war blitzschnell in seinen Aktionen. In der 2. Runde lancierte Khudeda einen phantastischen, enorm schnell vorgetragenen Angriff und traf seinen 31-jährigen Gegner mit der Schlaghand dermassen hart und präzis, dass dieser den Ringboden aufsuchen musste. Nach dieser Szene war Santanas Betreuer, Mathias Luchsinger, sofort das Handtuch zum Zeichen der Aufgabe. Im 4. Staffelkampf des Abends war der Berner Mike Binggeli (BA Bern) während drei Runden auf dem Vorwärtsmarsch. Mit einer unglaublichen Energieleistung gelang dem Mittelgewichtler ein knapper, aber verdienter Sieg gegen Leuttrim Muji (BU Winterthur). Es war Binggelis zweiter Sieg im dritten Kampf, während Muji den Ring erstmals als Verlierer verlassen musste.
 

Marcello Santana vs. Vahram Khudeda


Mike Binggeli vs. Leuttrim Muji

Der nächste Kampf zwischen Sasdriu Drin (BTO) und Abdou Weber (Frankreich), ausgetragen im Federgewicht, zählte – wie bereits erwähnt – nicht für die Staffelwertung. Nichtdestotrotz bekamen die Zuschauer einen der besten Kämpfe des Abends zu sehen. Der agile Drin, ausgestattet mit sehr viel Talent, liess seinen Gegner immer wieder ins Leere laufen. In der zweiten Runde lancierte der Berner einen Überraschungsangriff, deckte den Franzosen mit Links-rechts-Kombinationen ein und baute seinen Punktevorsprung kontinuierlich aus. Im letzten Durchgang schien beiden Boxern etwas die Luft auszugehen. Doch einige Sekunden vor dem Ende des Kampfes traf Drin seinen Gegner mit einem Hammerschlag. Der Gong bewahrte den Franzosen jedoch vor einer vorzeitigen Niederlage. Mit grosser Spannung warteten die Zuschauer auf den Kampf zwischen den beiden Schweizermeistern Alain Chervet (Boxing Kings) und Andranik Hakobian (BR Baden). Beide Kämpfer sind Mitglied des „Swiss Boxing Team“. Normalerweise kämpft Chervet im Leichtgewicht(- 60 kg) und sein Kontrahent Hakobian im Halbweltergewicht bis 64 Kilogramm. Hoch konzentriert gingen beiden Boxer zu Werke. Chervet, lautstark unterstützt durch das Publikum, versuchte seinen Gegner durch Distanzboxen vom Leibe zu halten. Doch bereits im ersten Durchgang kam Hakobian mit einer harten Linken durch, die den Berner kurz irritierte. Der Boxing King vermochte aber in der Folge mit seiner langen Führhand immer wieder zu punkten. Allerdings gelang es ihm nie, seinen Gegner in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen. Hakobian war ab der zweiten Runde der bestimmende Mann im Ring, traf mehrmals mit schönen Kombinationen und Chervet sah sich gezwungen, aus der Defensive heraus zu agieren. Das Publikum bekam einen erstklassigen Kampf zu sehen, den Hakobian schliesslich verdient nach Punkten gewann.
 

Abdou Weber vs. Sasdriu Drin

Andranik Hakobian vs. Alain Chervet


Das Duell zwischen Durim Sadrija (BTO) und Said Mecibah aus Frankreich wurde – wie Drin vs. Weber – nicht für den Staffelkampf gewertet. Der nicht überragende, aber trotzdem sehenswerte Fight wogte in den drei Runden hin und her und wurde schliesslich dank den zahlreicheren und klareren Treffern von Sadrija gewonnen. Der Betreuer des Franzosen protestierte nach dem Kampf lautstark gegen die Wertung, die aber aus Sicht des objektiven Beobachters durchaus in Ordnung ging. Nach zwei Niederlagen wollte Fabian Brown von der Box-Akademy Bern wieder auf die Siegerstrasse zurückkehren. Doch sein Gegner, Nikq Kreshnik (BC Zürich), machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Trotz bravourösem Einsatz reichte es dem Berner nicht zum Sieg.
 

 Durim Sadruja vs. Said Mecibah

Fabian Brown vs. Nikq Kreshnik


Im letzten Staffelkampf des Abends standen sich zwei weitere Mitglieder des „Swiss Boxing Team“ im Ring gegenüber. Steve Castella (Boxing Kings) ging nach dem ersten Gongschlag sofort in den Angriff über und versuchte seinen Gegner, Davide Faraci (BR Baden) zu beeindrucken. Dieser boxte zunächst abwartend und versuchte die Anweisungen seines Trainers Engin Kosöglu umzusetzen. Der mit 44 Kämpfen bereits sehr erfahrene Faraci nahm mit zunehmendem Kampfverlauf dann aber das Heft in die Hand und erkämpfte sich bis zum Ende der zweiten Runde einen komfortablen Punktevorsprung. Im dritten Durchgang kam Faraci mehrmals durch die lasche Deckung seines Gegners und gewann schliesslich klar und deutlich nach Punkten.
 

 Steve Castella vs. Davide Faraci
 
Hretani vs. Kamili (Vorkampf Schüler)


Yves Studer zog nach den Kämpfen ein kurzes Fazit: „Die meisten Kämpfe haben mir sehr gut gefallen“. Zu seinen Zukunftsplänen befragt sagte der als Nummer 6 in der EBU-Rangliste geführte Freiburger zu swissboxing.ch: „Ich werde im September in Gebenstorf einen Kampf bestreiten, dem hoffentlich viele Aficionados beiwohnen werden. Mein grosses Ziel ist es aber, möglichst bald um den (richtigen) Europameister-Titel zu kämpfen".


Resultatübersicht

 

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