Fight-Night in Gebenstorf. Der Bericht

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20.09.2010 16:40 Uhr

Bericht von Ueli E. Adam


19.09.2010 - Einmal mehr haben die Gebenstorfer mit ihrem traditionellen Septembermeeting für einen fulminanten Saisonstart gesorgt. Präsident Pascal Stalder und Junior-Matchmaker Gregor Stadelmann haben einen Anlass der Sonderklasse auf die Beine gestellt. Der Einsatz hat sich gelohnt. Das Casino Baden konnte als Hauptsponsor gewonnen werden und das Schweizer Sportfernsehen war zur Berichterstattung vor Ort. (Ausstrahlung der Aufzeichnung auf SSF am 19. September um 16.45h und am 25. September um 20 h). Boxen stand für einmal auch für eine breitere Öffentlichkeit im Mittelpunkt. Dass die Organisatoren es geschafft haben, das Sportfernsehen SSF und das Schweizer Fernsehen SF (mit einem Porträt im Sportpanorama!) zu mobilisieren, verdient ein grosses Kompliment und die treuen Sponsoren werden es zu schätzen wissen. Natürlich war dafür ebenfalls die Affiche ausschlaggebend. Yves Studer stand für einen wichtigen Aufbaukampf im Ring und eine Auswahl der besten Schweizer Amateure konnte sich mit einer guten Staffel aus England messen.


Typische Kampfszene: Surcica (r.) entzieht sich dem Angriff von Yves Studer durch "Wegducken".
Zweimal wurde er deshalb von Ringrichter Fabian Kaj Guggenheim ermahnt

Yves Studer (Boxing Kings Bern, 73 kg 24-0-1) vs. Vasile Surcica (Spanien, 73 kg, 13-29-2)

Der EE-EU-Europameister im Mittelgewicht traf auf einen echten Aufbaugegner, der nicht leicht zu boxen war. Vasile Surcica, ein in Spanien domizilierter Rumäne, stand in seinen vier letzten Kämpfen ausnahmslos gegen unbesiegte Gegner (darunter den hochkotierten Jackson Osei Bonsu) im Ring und ging mit allen über die angesetzte Kampfdauer. Schon in den ersten Runden wurde klar, dass der Kampfrekord des Spaniers absolut aussagekräftig ist: der spitzbärtige Exot mit dem Kampfnamen „Hop-Hop“ bewies mit einer unglaublichen Lockerheit und Coolness, was auch gegen einen starken Gegner wie Studer möglich ist. Der Champion der Boxing Kings liess sich aber nicht beirren und überzeugte einmal mehr mit seiner Reife und den Qualitäten, die für seine Ungeschlagenheit ausschlaggebend sind: eine absolut perfekte Deckung, ein gutes Auge und ein Timing, das den Klassemann ausmacht. Yves Studer verbuchte Runde um Runde in dem auf 8 Umgänge angesetzten Fight zu seinen Gunsten und dominierte seinen Gegner klar, aber es war ein hartes Stück Arbeit.

 

Der unkonventionell boxende Spanier seinerseits kam nie in wirklich echte Bedrängnis und sorgte mit einem bisweilen bizarren Kampfstil für grosses Spektakel im Ring, ohne je die Gesetze der Fairness vermissen zu lassen. Die Zuschauer in der ausverkauften Halle wussten es zu schätzen, bedachten den Spanier mit anerkennendem Applaus und Yves Studer mit der Trophäe des besten Boxer des Abends. Armin Bracher 80:73; Thomas Marthaler 80:72: Regula Höltschi 80:72

 

Vorkämpfe Amateure

Bereits die Vorkämpfe der Amateure durften sich sehen lassen. Alex Hediger (BC Brugg) erkämpfte sich mit 2:1 Richterstimmen einen hartumkämpften Sieg gegen Daniel Scuto (NAB Frenkendorf), der junge Salvatore Chiarello (SR St. Gallen, in seinem 2. Kampf als Amateur) musste sich gegen den wesentlich erfahreren Engländer Kevin Thornley (16. Kampf) mit 1:2 geschlagen geben, hinterliess aber einen guten Eindruck. Mit Nico Häusler (BS Gebenstorf) scheint in Gebenstorf ebenfalls ein Talent heranzureifen. Sein Gegner Pablo Lorenceau (BC Basel) blieb ohne Chancen und richtigerweise warf die Ecke das Handtuch zum Abbruch in der 2. Runde. Ein vernünftiger Entscheid, um junge Kämpfer zu schützen, bevor sie deprimiert die Handschuhe an den berüchtigten Nagel hängen. Eine Niederlage ist keine Schmach, sondern ein hilfreicher Lernprozess, der spätere Erfolge garantiert. 


Staffelkämpfe CH-GB

Mit einem beeindruckenden 4:1 siegte eine Schweizer Auswahl gegen eine Staffel aus dem Mutterland des Boxsportes. Die Schweizer, oft in den eigenen Reihen kleingeredet, haben jedenfalls bewiesen, dass man auch gegen Engländer (die eine gute britische Grundschule erkennen liessen) gewinnen kann. Die TV-Aufzeichnung auf SSF hat  jedenfalls deutlich gemacht, dass durchaus Qualität auf beiden Seiten vorhanden war. Sicher war ABC Poole nicht eine englische Spitzenstaffel, aber sie brachte etwas mit, was in der Fernsehlandschaft zählt: Reputation und Exklusivität. Es wäre wünschenswert, wenn vermehrt deutsche, italienische, französische oder eben englische Staffeln in den Amateurringen für Furore sorgen würden. Deshalb auch hier: Bravo BS Gebenstorf!

 

Bis 78 kg, 3x2: Eljes Kamili (BC Zürich) vs. Niall Percival (GB, Poole ABC) 3:0

Der Zürcher liess sich durch die guten Anlagen des Briten nicht beeindrucken, startete überlegt, aber druckvoll und sorgte mit gutem Boxen für den ersten Sieg für die Schweiz.

 
Blieb auch im 9. Kampf ungeschlagen: Eljes Ka-amili vom Boxclub Zürich (l.)


Kampf auf beachtlichem Niveau: De Brito (r.) vs. Mason

Bis 60 kg, 4x2: Bernardino de Britto (BC Montreux) vs. Rayner Mason (GB, Poole ABC) 2:1
Der explosive Schützling von J.J. Ramelet legte los wie die Feuerwehr, aber der schmächtige Jüngling aus England verstand es vorerst ausgezeichnet, dem Druck standzuhalten. Cool versuchte er die Schläge auszupendeln, um anschliessend mit klassischem Boxen die Ringmitte zurückzuerobern. Trotzdem hinterliess der angriffige de Britto den besseren Eindruck, selbst wenn er nicht alle schnellen Hände ins Ziel brachte. Das hitzige Temperament verdarb ihm aber einen eindeutigen Sieg: mehrfach verwarnt und mit Punkteabzug bestraft, schaffte er nur ein 2:1, über das man je nach Standpunkt diskutieren kann. De Britto bleibt ein Versprechen für die Zukunft, wenn er das umsetzen lernt, was J.J. Ramelet von ihm fordert.

Bis 81 kg, 4x2: Fabian Hartmann (BA Frenkendorf) vs. Liam Diffey (GB, Poole ABC) 3:0

Fabian Hartmann ging überlegt in den Kampf, studierte den Gegner, fackelte anschliessend nicht lange und schickte den Briten mehrmals mit präzisen Treffern zu Boden. Leider erwischte auch ihn bald darauf eine krachende Hand und er musste seinerseits angezählt werden. Obschon er daraufhin etwas verunsichert wirkte, gab er das Heft nicht aus der Hand und siegte verdient mit 3:0 Richterstimmen.


Beide Boxer mussten auf die Bretter. Links im
Bild: Fabian Hartmann vom BA Frenkendorf

Wenigstens ein Sieg gelang den Engländern:
Benjamin Popaj unterlag mit 1:2 Richterstimmen.

Bis 91 kg, 4x2: Benjamin Popaj (BU Winterthur) vs. Chris Billiam-Smith (GB, Poole ABC) 0:3
Die einzige Niederlage der Schweiz setzte es ausgerechnet in dem Kampf ab, der von den zahlreich mitgereisten Anhängern des Winterthurers mit Spannung erwartet worden war. Popaj blieb über die ganze Kampfdauer zu verhalten und der Verdacht liegt nahe, dass er seine Fans mit einem spektakulären KO-Sieg beeindrucken wollte. Das Abwarten auf den finalen Schlag hat sich nicht gelohnt. Der Brite deckte Popaj mit gut platzierten Körperhaken ein und wusste sich geschickt aus der Gefahrenzone zu bewegen. Billiam-Smith bewies Klasse und siegte mit 2:1 Richterstimmen.


Wurde vom Publikum frenetisch angefeuert: Lokalmatador Egzon Maliqaj (r.) im Angriff

Bis 69 kg, 4x2: Egzon Maliqaj (BS Gebenstorf) vs. Michael Diffey (GB, Poole ABC) 3:0
Der Lokalmatador aus Gebenstorf enttäuschte das Publikum im deklarierten Hauptkampf der Amateure nicht und gewann nach einem keineswegs einfachen Gefecht überzeugend. Obschon der Brite nicht einfach zu boxen war, gab Maliqaj das Heft nie aus der Hand und bewies damit, dass die Hoffnungen, die man in Gebenstorf auf ihn setzt, durchaus berechtigt sind. Maliqaj wird von Kampf zu Kampf besser. Dass ihm ein Exploit gegen den eigentlich starken Diffey gelang, unterstreicht diese Tatsache eindrücklich. Auf seine weiteren Kämpfe darf sich nicht nur das Heimpublikum freuen. Der Mann hat Potenzial und wird auch ein breiteres Publikum zu überzeugen wissen.

Fazit:

Ein toller Boxabend ohne Schnick-Schnack, keine Pausenfüller, dafür aber echter und herzhafter Sport: das ist das, was sich das Publikum wünscht. Dass diese Veranstaltung dank den TV-Aufzeichnungen gesamtschweizerisch nachvollzogen werden kann, ist besonders erfreulich und damit beste Reklame für unseren Sport. Und nur ganz nebenbei: die live gesprochenen TV-Kommentare von TK-Chef Jack Schmidli hätten auch auf der internationalen Bühne einen grossen Stellenwert. Kompliment und Gratulation!

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