Grosses Amateurmeeting in Brugg

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01.05.2011 17:09 Uhr



01.05.2011 - Der Box-Club Brugg macht vor, was in der Schweizer Boxszene vermehrt Nachahmer finden sollte: Der Club bemüht sich darum, jungen und zum Teil wenig erfahrenen Boxern die Chance zu geben, sich im Ring zu messen. So bekamen 24 Amateurboxer die Möglichkeit das im Training Gelernte vor Publikum in die Praxis umzusetzen. Lesen Sie die Kampfbetrachtungen unseres Berichterstatters vor Ort, Gérald Kurth.

Jack Schmidli
Präsident Technische Kommission

 
Die Frauenkämpfe

Halbwelter:

Eveline Ziegler (NAB Frenkendorf) vs. Tina Asmussen (BC Basel)

Ein höchst ansprechender Kampf: Asmussen beeindruckte in den ersten zwei Runden nicht nur gut kombinierten, langen Händen. Meistens zum Kopf, aber regelmässig auch zum Körper. Beide Frauen waren gleichermassen gut zu Fuss und verrichteten fleissig Beinarbeit. Ab der dritten Runde drehte aber die Gegnerin aus Baselland auf: Ziegler begann, ihre athletischen Vorteile auszuspielen und trieb nun Asmussen vor sich her. Im offenen Schlagabtausch entschied sie zwar die letzte Runde für sich, vermochte aber das Blatt nicht mehr völlig zu wenden. Zu gross war der Rückstand aus den vorangegangenen Runden. Asmussen entschied diesen attraktiven Frauenkampf zwar knapp, aber verdient zu ihren Gunsten (2:1).

Chana Santschi (BC Zürich) vs. Linda Briem (BC Basel)

Die Auftaktpaarung hinterliess eine gewisse Ratlosigkeit: Linda Briem kontrollierte ihre Gegnerin aus Zürich jederzeit. Santschi war durch die Mitte zumeist völlig offen und kam zunehmend mit dem Kopf nach vorne in die Frau. Briem konnte sie so leicht abkontern und auf Distanz halten, obwohl sie selber insgesamt wenig präzise und ebenso wie ihre Gegnerin oft mit der Innenhand schlug. Die Wertung 3:0 zugunsten von Briem ging in Ordnung. Dennoch darf man sich fragen, weshalb eine Kämpfern – Briem ist 34-jährig – unmittelbar vor Erreichen der Alterslimite noch als Beinahe-Debütantin (3. Kampf) in den Ring steigt...

Die Herrenkämpfe

Schwer:

Stefan Rumpold (BC Brugg) vs. Pajtim Berisha (BC Luzern)

Sowohl der Lokalmatador Rumpold wie auch sein Gegner aus Luzern wussten eine grosse Fangemeinde mit sich, und dementsprechend laut wurde es während des Fights. Die technische Qualität blieb dabei zwar auf der Strecke: Beide Kämpfer führten nicht die feinste Klinge. Aber sie vermochten den Funken zu zünden. Der einen Kopf kleinere Berisha liess sich von den knackigen rechten Geraden Rumpolds nie wirklich beeindrucken – bis kurz vor dem Ende: Nachdem er zuvor seinerseits mit einer eigentümlichem Mischung aus Klammertechnik und Schwingern am Mann den Gegner oft neutralisieren konnte, wurde er nun mehrmals deutlich getroffen und hing angeklingelt in der Ringecke. Er blieb zwar bis zum Gong auf den Beinen, war aber sichtbar gezeichnet. Das klare Urteil (3:0) zugunsten des einheimischen Rumpold ging vollauf in Ordnung.

Ivan da Silva (BTO Thun) vs. Danijel Matković (Boxing Kings Bern)

Auch in dieser Begegnung waren die athletischen Unterschiede eklatant: Der perfekt austrainierte, muskulöse Thuner da Silva deckte Matković sofort mit einem regelrechten Schlaghagel ein. So ging es zwei Runden lang, bis Matković sich sinnvollerweise selber zur Aufgabe entschloss, weil aus seiner Ecke einfach kein Tuch geflogen kam. Es wäre keine Schande gewesen, den Berner mit einer früheren Aufgabe aus dem Kampf zu nehmen und ihn so vor der totalen Demoralisierung zu schützen. Zu offensichtlich war die Unterlegenheit gegen den kompromisslosen da Silva....

Halbschwer:

Pascal Krattiger (NAB Frenkendorf) vs. Nico Häusler (BS Gebenstorf)

Der erfahrene Gebenstorfer Häusler landete mit seinem bekannt aufwändigen Stil einen weiteren klaren und verdienten Sieg. Dennoch: Zu viele seiner meist mit aller Kraft geschlagenen Hände verpuffen im Leeren. Das war auch gegen den Basler Krattiger der Fall, der sich zwei Runden lang dank seiner guten Beinarbeit und Wendigkeit in der Ringecke zumeist entziehen konnte. Am Ende der zweiten Runde rettete ihn zudem nach harten Trefferserien Häuslers der Gong. Dieser wollte den K.O. mit der Brechstange erzwingen und hätte es beinahe geschafft. Als dann aber Krattiger in der dritten Runde wieder angezählt werden musste, war es endgültig geschehen: Ringrichter Armin Bracher nahm den Basler zurecht aus dem Kampf. Verdienter Sieger durch RSC: Nico Häusler.

Fabian Hartmann (NAB Frenkendorf) vs. Clemens Türtscher (BC Dornbirn)

Ein zu Beginn ansprechender Kampf, der aber zusehends abflachte. Der aus der Distanz boxende, grössere Mann vom Bodensee wurde in der Halbdistanz vom flinken Basler mehrfach getroffen. In der zweiten Runde wurde er nach einem Niederschlag angezählt, und man rechnete mit einem schnellen Ende. Türtscher kam aber noch einmal auf und entschied die letzte Runde insgesamt für sich, ohne aber wirklich zwingende Aktionen zu bringen. Da Hartmann nicht mehr wollte und der Österreicher nicht mehr konnte, gestaltete sich der Kampf am Ende eher konzeptlos. Die Gesamtwertung (3:0 für Hartmann) war absolut korrekt.

Mittel:

Patrik Luttringer (NAB Frenkendorf) vs. Dennis Bork (BC Luzern)

Ein unbefriedigender Kampf: Der klein gewachsene Bork machte Mätzchen wie ein Grosser, obwohl er mit seiner Explosivität und Schlagkraft auch sportlich durchaus höheren Ansprüchen zu genügen vermöchte. Der Basler hingegen schlug seine Konter regelmässig mit der Innenhand, ohne je dafür geahndet zu werden. Trotz Verwarnung war Bork am Ende einstimmiger Punktesieger (3:0). Das war zwar korrekt, aber begeistern konnte dieser Kampf niemanden wirklich.

Mischa Nigg (BTO Thun) vs. Maziar Hosseinpour (BC Luzern)

Der sportlich wohl interessanteste Kampf des Abends: Der nach einer Erkältung gesundheitlich noch beeinträchtigte Nigg bekundete gegen den unorthodox auftretenden Iraner – ursprünglich ein Thaiboxer - überraschend viel Mühe: Hosseinpour, obwohl einen Kopf kleiner, kam mehrfach durch die Mitte zu Punkten, aber aufgrund seiner ständigen Pendelbewegungen im Oberkörper auch auf den Aussenbahnen. Ab der zweiten Runde legte der technisch gewöhnlich auf hohem Niveau boxende Nigg einen Gang zu, brachte nun auch mehr lange Hände. Der Luzerner aber entzog sich immer wieder höchst elastisch und brachte, nach plötzlichen Stopps, sogar mehrfach erfolgreich Uppercuts ins Ziel. Der attraktive Fight endete mit einem gerechten Unentschieden.

Alex Hediger (BC Brugg) vs. Ümit Demir (BC Dornbirn)

Lokalmatador Hediger bekam es mit einem Gegner zu tun, der seine Limiten sofort deutlich aufzeigte: Demir preschte oft wie ein Bulle mit gesenktem Kopf in den Mann oder schlug über die Aussenbahnen Innenhände. Da Hediger an diesem Abend trotz letzlich klarem Sieg (3:0) jedoch selber nicht zur Bestform auflief, entwickelte sich ein mühseliges Geklammere. Weil das Publikum zur peinlichen Darbietung schwieg, sprang der Dornbirner Coach in die Bresche: Er sorgte zumindest für etwas Heiterkeit, als er seinen Schützling mit resignierten Bonmots zur sportlichen Mitarbeit aufforderte: „Was tuesch jetzt? – Warten auf Godot?“ Oder auch: „Nicht ringen – boxen!“

Welter:

Egzon Maliqaj (BS Gebenstorf) vs. Simon Hauser (BC Uster)

Der kampferfahrene Maliqaj (verbucht mittlerweile 33 Amateurfights) nutzte instinktiv die Chance, die ihm der Zürcher bot: Obwohl ihn dieser aufgrund seiner grösseren Reichweite hätte aus der Distanz ausboxen können, liess er ihn ständig auf Halbdistanz herankommen. Und von dort brachte Maliqaj, trotz mitunter mangelnder Präzision, doch den einen oder anderen Haken über die Aussenbahn zum Kopf. Der schlaksige Hauser fand während der ganzen Kampfdauer kein Rezept, um sich den viel häufiger schlagenden Gebenstorfer vom Leib zu halten und verlor am Ende klar mit 3:0 nach Punkten.

Alejandro Melendez (BC Brugg) vs. Roger Zeller (Boxing Kings Bern)

Der kleinere, aber bullige Einheimische ging gegen den Gast aus Bern sofort in die Offensive. Dieser versuchte sich in der kontrollierten Defensive zu stabilisieren, musste aber doch mehrere Wirkungstreffer hinnehmen. Statt sich in Infights einzulassen, hätte Zeller seine Beinarbeit forcieren und die Schlagfrequenz seines Gegners aus der Distanz eindämmen müssen. Da er in der dritten Runde auch ausgepumpt wirkte, hatte er keine Chance mehr, den Kampf doch noch zu drehen. In der zweiten Runde hatte er noch den einen oder andern guten Konter abgeschlossen. So endete der Kampf mit einem klaren 3:0 für Melendez.

Fuat Zenuni (BC Aarau) vs. Lukas Höfler (BC Basel)

Einer von mehreren Kämpfen dieses Abends, wo echte Punktetreffer Mangelware darstellten. Beim Debütanten Höfler lag eine mögliche Erklärung darin, dass er von seinem Naturell her eigentlich ein Angriffsboxer ist, aber die Vorgabe hat, aus der kontrollierten Defensive zu boxen. Im Ring äussert sich dies in Körperbewegungen, die gar nicht mehr im Dialog mit denen des Gegner stehen, sondern eher wie ein eigentümlich losgelöstes Tänzeln für die Galerie wirken. Dieser Gegensatz stach umso auffälliger ins Auge, als Zenuni im Oberkörper für das Weltergewicht ausgesprochen steif wirkte und die sich fernab abspielenden Pendelbewegungen Höflers gar nicht provozierte. Der Aarauer entschied den Kampf am Ende zurecht für sich (2:1), weil er von den insgesamt spärlichen Punktetreffern etwas mehr auf seinem Konto verbuchen konnte.  

Kommentar:

Präsident Marcel Werner und sein Team vom BC Brugg haben abseits der grossen Städte ein Meeting etabliert, das trotz Längen organisatorisch reibungslos ablief. Dies gilt es umso mehr hervorzuheben, als bis zur letzten Minute noch Absagen eintrafen, die das ursprüngliche Programm durcheinander wirbelten. Insbesondere der Gastklub aus dem österreichischen Dornbirn trat in stark veränderter Zusammensetzung auf. In der nüchternen, aber familiären Ambiance der Hallwylerhalle in Brugg bekam man womöglich auch deshalb einige Kämpfe vorgesetzt, die sich sportlich auf tiefem Niveau bewegten. Natürlich ist es verdienstvoll, möglichst vielen Amateuren eine Auftrittsmöglichkeit zu bieten. Wenn aber auf – aus Kostengründen völlig nachvollziehbar – auf jegliches Unterhaltungs- und Rahmenprogramm verzichtet wird und auch kein Profikampf angesetzt ist, dann wird die mangelnde Qualität solcher Bewegungen für die Fans umso deutlicher. 

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