Swiss Boxing Team besiegt süddeutsche Auswahl klar

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22.05.2011 17:22 Uhr

Ukë Smajli (l.) bedrängt Max John (Foto: Andreas Anderegg)


Bericht von Gérald Kurth (weitere Fotos folgen)

22.05.2011 - Es braucht keine grossen Namen, um ein fachkundiges Publikum zufrieden zu stellen. Dies belegte das vom BC Zürich tadellos organisierte und durch die gediegenen Akzente einer Live-Band umrahmte Boxmeeting in der Sporthalle Sihlhölzli. Die internationalen Kämpfe bewegten sich fast ausnahmslos auf überdurchschnittlichem Niveau. Die Resultate zeigen, dass sich das Swiss Boxing Team (SBT) auch gegen starke Gegner wie die süddeutsche Auswahl (SA) nicht zu verstecken braucht.

Im Gegenteil: Das von Swissboxing-Sportmanager Federico Beresini selektionierte und dem Trainergespann Matthias Luchsinger (BC Zürich), Engin Köseoğlu (BC Baden) sowie Samir Hotic ausgezeichnet eingestellte Team entschied den Ländervergleich mit 5:2 (ein Unentschieden) hoch verdient zu seinen Gunsten. Nicht unerwähnt bleiben soll zudem die Tatsache, dass die Kämpferinnen und Kämpfer bei aller Härte ohne Ausnahme absolute Fairness bewiesen. Selbst wenn sich in der Hitze des Gefechts mal ein ruppiger Moment einschlich, gewann der Sportsgeist umgehend wieder die Oberhand. Dieser Zürcher Boxabend bereitete auch deshalb viel Freude. 

Der Frauenkampf

57 kg

Sandra Steiner (SBT) vs. Kristina Slobodjanikova (SA)

Die mehrfache Schweizer Meisterin aus Zürich bekam es mit keiner Geringerem als der amtierenden deutschen Jugend-Meisterin zu tun. Aber Sandra Steiner bot einen in jeder Hinsicht beeindruckenden Auftritt. Sie entzog sich der aufsässig und kompakt nach vorne marschierenden Slobodjanikowa zwar immer wieder. Dann aber schlug sie urplötzlich mit lehrbuchmässigen Kombinationen zu Kopf oder Körper zu. Diese taktische Marschroute zwischen kontrollierter Defensive und explosiven Trefferserien behielt Steiner über vier Runden bei. Weil ihre Gegnerin technisch nicht auf demselben hohen Niveau boxte, aber trotz geringerer Körpergrösse ebenso athletisch und aggressiv auftrat, entwickelte sich ein sehr attraktiver Fight. Steiner ergänzte ihre Konter in der Halbdistanz gegen Ende zudem mit schönen langen Händen ergänzen, als ihre Gegnerin die Doppeldeckung oben nicht mehr konsequent aufrecht erhielt. Auch dies belegte, wie schnell sie auf eine veränderte Kampfsituation reagieren kann, ohne die ursprünglich gewählte Strategie über Bord zu werfen. Ein in jeder Hinsicht überzeugender Sieg der Zürcherin in ihrem mittlerweile 36. Kampf. 

Die Herrenkämpfe

60 kg

Bernardino de Brito (SBT) vs. Hovik Barsegjan (SA)

Am Ende hatte man den Eindruck, als hätte sich de Brito nicht mehr von den ersten paar Sekunden des Kampfes erholt. Als der Gong ertönt war, marschierte nämlich der Armenier aus München direkt auf de Brito los und platzierte eine erste Duftmarke: Letzterer ging zwar nicht auf die Bretter, aber Barsegjans krachende Kombinationen zum Körper gingen wie Stromstösse durch seinen Körper. Trotz seiner Athletik und Flinkheit schaffte es de Brito nie mehr richtig, Barsegjan zu stellen. Dabei war er keineswegs inferior, zeigte auch Nehmerqualitäten. Barsegjan entzog sich aber umso spektakulärer, je mehr ihn de Brito durch den Ring trieb. Und setzte immer wieder seine knackigen Körpertreffer, als er in der Halbdistanz stehen blieb und drei, vier blitzschnelle Hände abfeuerte. Der Münchner entschied den Kampf verdient mit 3:0 Richterstimmen für sich. 

64 kg

Andranik Hakobjan (SBT) vs. Christian Wittur (SA)

Der einzige Kampf, in dem die Atmosphäre vorübergehend etwas unwirsch wurde, ohne allerdings zu kippen. Das lag daran, dass sich der Badener Hakobjan zu oft auf aufreizende Einlagen verlegte: Immer wieder liess er provozierend die Deckung hängen und versuchte, den Gegner mit dem weit nach vorne geneigten Kopf zu provozieren. Auch das regelmässige Fuchteln verlor aber in seiner Regelmässigkeit genau jenen Überraschungseffekt, den es, behutsamer eingestreut, durchaus erzielen würde. Dabei verrichtet Hakobjan viel Fussarbeit, technisch und motorisch überdurchschnittlich begabt und kann blitzschnelle Schlagserien abfeuern. Mit diesen Voraussetzungen hätte er einen zwar wirbligen und technisch solide auftretendenden, aber infolge kleinerer Reichweite benachteiligten Gegner klarer beherrschen müssen. Insbesondere hätte Wittur nicht mit rechten Kontern über Hakobjans Deckung hinweg immer wieder zu Punkten kommen dürfen. So gestaltete sich der Kampf insgesamt ausgeglichener, als es die klare Wertung (3:0) zugunsten Hakobjans letzlich wiedergab. 

81 kg

Ukë Smajli (S.B.T) vs. Max John (SA)

Eine klare Angelegenheit für Smajli: Sein Gegner verriet zwar ebenfalls eine tadellose technische Schule, punktete aber, wenn überhaupt, nur mit der Auslage. Die Rechte jedoch war inexistent. Dies wiederum verleitete Smajli dazu, zu sehr den finalen Punch anzustreben. So kam es, dass er immer wieder mit Anlauf in den Gegner preschte, um diesen mit einer einzigen Rechten niederzustrecken. Dabei ging er meist zu durchsichtig vor, der wendige John konnte sich jeweils problemlos wegducken. Dennoch zeigte Smajli mehrfach, was er hätte besser machen können: Mit kurzen schulbuchmässigen Kombinationen, die er ohne allzu viel Kraft schlug, die den Gegner aber dennoch beeindruckten. Gegen einen athletisch gleichwertigen Gegner wird Smajli in Bedrängnis kommen, wenn er sein Schlagrepertoire nicht erweitert. Dennoch fuhr er einen weiteren ungefährdeten Sieg ein und entschied den Kampf mit 3:0 klar für sich. 

Eljes Kamili (SBT) vs. Alex Rigas (SA)

Kamilipflegt einen ähnlichen Stil wie Smajli, schlägt allerdings noch einen Tick härter und schneller. Auch bringt er bisweilen knackige Haken zum Körper. Weil beide Kämpfer für ihre Gewichtsklasse eine ausserordentliche Beweglichkeit an den Tag legten, entwickelte sich ein weiterer temporeicher und technisch guter Fight. Kamili dominierte zwar optisch, schaffte es aber bis zuletzt nicht, Rigas seine Linie wirklich aufzuzwingen, weil der es schaffte, aus der Defensive immer wieder zu kontern. Speziell in der Halbdistanz konnte der Deutsche punkten, und so war die Wertung (3:0) zugunsten von Kamili letztlich zu deutlich. Der Kampf war enger, als es das Resultat suggeriert. 

75 kg

Davide Faraci (SBT) vs. Vertanes Avetisjan (SA)

Der mehrfache Schweizer Meister aus Baden kontrollierte in der ersten Runde seinen Gegner aus München. Der bullige Avetisjan stand zwar kompakt und erwiderte Faracis aus der Distanz abgegebenen Hände mehrfach mit kurzen Händen zum Körper. Seine über die Aussenbahnen abgegebenen Schwinger zum Kopf endeten aber fast allesamt in der Deckung Faracis. Ab der zweiten Runde konnte dann aber Avetisjan mit seinen spektakulären, harten Schlägen die Referees zunehmend beeindrucken, weil gleichzeitig Faraci zu wenig Druck hinter seine Fäuste brachte. Der Badener verlor zwar bis ans Ende nie die Übersicht. Aber es war offensichtlich, dass er körperlich nicht topfit war und so in der dritten Runde für seine Verhältnisse ungewohnt ausgepumpt wirkte. Die optische Unterlegenheit rächte sich im Endresultat. Hinter die Wertung (2:1 zugunsten von Avetisjan) lässt sich doch ein kleines Fragezeichen setzen. Natürlich marschierte der unerschrockene Avetisjan ab der zweiten Runde zunehmend nach vorne und schlug krachende Hände. Dennoch: Die meisten Schwinger landeten in Faracis Deckung. Ebensowenig entfalteten die Haken zum Körper Wirkung, auch wenn sie bisweilen im Ziel landeten. 

Nikq Kreshnik (SBT) vs. Ali Çelik (SA)

Einer der wenigen Kämpfe, die technisch und tempomässig leicht abfielen. In Anbetracht des Kampfrekords (119. Kampf für Çelik!) war speziell der Auftritt des Deutschen überraschend verhalten. Auch schlug er in der Halbdistanz seine Konter mehrfach mit der Innenhand. Der Zürcher Kreshnik hingegen hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon ein solides Punktepolster erarbeitet, das er auch nicht mehr aus der Hand gab, als Çelik in der letzten Runde doch noch in die Offensive überging und Punkte gutmachen wollte. Die Wertung 3:0 zugunsten von Kreshnik ging völlig in Ordnung. 

91 kg

Nawshirwan Barzinje (SBT) vs. Aron Abdulaev (SA)

Auch dieser Kampf war nicht dazu angetan, den Puls des Publikums zu beschleunigen. Beide Boxer präsentierten sich technisch eher limitiert und bewegten sich auffällig ungern. Obwohl der Kasache Abdulaev trotz austrainiertem Körper sehr behäbig wirkte, schaffte es Barzinje kaum, durchdachte Aktionen mit Punkten abzuschliessen. Im Gegenteil: Allzu oft liess sich der Zürcher dazu verleiten, mit tiefem Kopf in den Mann hinein zu preschen und dem entsprechend unpräzise zu schlagen. So verhakten sich die Kontrahenden regelmässig und brachten einen Grossteil der drei Runden in gegenseitiger Umklammerung zu. Die insgesamt ziemlich strategiefrei Darbietung endete mit einem gerechten Unentschieden. 


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