Box-Meeting Bad Ragaz: „The Warrior“ erstmals geschlagen

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29.05.2011 15:14 Uhr

Bericht von Jack Schmidli

29.05.2011 – Tolle Stimmung, teils hervorragende Kämpfe, insbesondere bei den Amateuren; und ein Wehrmutstropfen: Ivo „The Warrior“ Andelic wird an der „4. Fight NIght oft he Stars“ in Bad Ragaz von Bulgariens Nummer 1, Yavor Martinchev, vorgeführt. Der Lokalmatador Sefdail Sherifi besiegt in einem emotionalen Gefecht den Deutsch-Albaner Rashid Raad einstimmig, aber knapp nach Punkten. Arnold „The Cobra“ Gjargjaj lässt dem Littauer Igoris Borucha keine Chance und besiegt diesen überaus deutlich nach Punkten. Und: Der Neoprofi Enes Zecirevic feiert einen überzeugenden TKO-Sieg in der 5. Runde gegen den Bulgaren Daniel Borisov.

Die Experten am Ring waren sich einig: Die besten Kämpfe des gestrigen Kampfabends in der Sporthalle Badrieb in Bad Ragaz lieferten die Amateurboxer ab. Andranik Hakobian (BR Baden), Kreshnik Nikq (BC Zürich) und Davide Faraci  (BR Baden) sind und bleiben ein Versprechen für die Zukunft. Die Mitglieder des Swiss Boxing Teams besiegten ihre Gegner, Besir Vejseli (BC St. Gallen), Carmine De Pascale (Italien) und Clemens Türtscher (Österreich) einstimmig und überzeugend nach Punkten.


Freuen sich nach ihren überzeugenden Siegen: Andranik Hakobian, Enes Zecirevic und Kreshnik Nikq


Die Amateurkämpfe:

Halbschwergewicht: Markus Kühne (BC Bad Ragaz) vs. Pajtim Berisha (BC Luzern)

Der Heimboxer Markus Kühne legte nach einem verhaltenen Start seine Hemmungen ab und ging ab dem 2. Durchgang, frenetisch unterstützt durch das Publikum, in die Offensive. Doch sein Vorwärtsdrang wurde abrupt durch einen präzis geschlagenen Leberhaken seines Kontrahenten Pajtim Berisha gestoppt: KO-Niederlage in Runde 2.

Weltergewicht: Andranik Hakobian (BR Baden) vs. Besir Vejseli (BC St. Gallen)

Mit schnellen Serien zu Körper und Kopf unterband der Badener Andranik Hakobian die Bemühungen seines Gegners Besir Vejseli jeweils im Ansatz. Ab der 2. Runde erhöhte der von Trainer Engin Koegelu hervorragend eingestellte Hakobian nochmals die Kadenz und fuhr einen ungefährdeten Punktsieg ein.

Halbschwergewicht: Elbasan Halimi (BC Bad Ragaz) vs. David Gargitter (BC Dornbirn)

Der 27-jährige Lokalmatador Elbasan Halimi bestritt gestern Abend seinen 6. Kampf, während sein Gegner David Gargitter aus Österreich zum ersten Mal im Seilgeviert stand. Der Favorit Halimi bemühte sich redlich, die Erwartungen seiner Fans zu erfüllen. Doch Gargitter manifestierte eine boxerische Grundschule, die bei Anfängern (leider) selten erkennbar ist, und besiegte seinen Gegner einstimmig und verdient nach Punkten.

Halbschwergewicht: Kreshnik Nikq (BC Zürich) vs. Carmine De Pascale (Italien)

Wie man es sich von Kreshnik Nikq gewohnt ist, legte der Züricher in seinem 37. Kampf wie die Feuerwehr los, bestimmte den Kampf von der Ringmitte aus und attackierte seinen Gegner aus Italien, der zum 16. Mal im Ring stand, mit kraftvollen Aktionen und präzisen Kombinationen. Carmine De Pascale liess – wie Gargitter – eine hervorragende Grundschule erkennen, gab sich während des ganzen Kampfes nie geschlagen und konterte immer wieder mit sehenswerten und schnell geschlagenen, aber meist wirkungslosen Kombinationen, die grösstenteils in die Deckung des Swiss Boxing Team-Fighters gingen. Obschon das Resultat mit 2 zu 1 Richterstimmen kontrovers ausfiel, ist Nikq’s Sieg absolut verdient.

Halbschwergewicht: Davide Faraci (BR Baden) vs. Clemens Türtscher (Österreich)

Im Vergleich zu seinem Kampf vor Wochenfrist in Zürich, den Davide Faraci knapp und eher unverdient verlor, konnte sich der Badener im Kampf gegen den Österreicher Clemens Türtscher nochmals steigern. Faraci, der üblicherweise im Mittelgewicht kämpft, legte nicht jene Spritzigkeit an den Tag, die man von ihm normalerweise gewohnt ist. Dank seiner guten Linken und der (fast) perfekten Deckungsarbeit stand sein Sieg aber während des gesamten Kampfes nie in Frage: Einstimmiger Sieger nach Punkten: Davide Faraci.

Die Profikämpfe

Super-Mittelgewicht: Enes Zecirevic (Bad Ragaz) vs. Daniel Borisov (Bulagrien)

Die erste Runde konnte der Bulgare Daniel Borisov (4 Kämpfe, 2 Siege, 2 Niederlagen) noch für sich entscheiden. Zu zaghaft agierte der Lokalmatador, der aus Respekt für seinen Gegner im für ihn ungewohnten Super-Mittelgewicht kämpfte. Doch ab dem 2. Durchgang übernahm der Neoprofi die Initiative und liess fortan keinen Zweifel mehr am Ausgang des Gefechts.

Im 3. Durchgang brachte der von Dino Caputo und Ado Andelic betreute Zecirevic seinen Kontrahenten erstmals in ernsthafte Schwierigkeiten und suchte sofort die Entscheidung, doch Borisov konnte sich über die Runde retten. In der 4. Runde landete der Ostschweizer eine schwere Rechte, gefolgt von einer krachenden Linken, worauf der Osteuropäer den Ringboden aufsuchen musste und von Ringrichter Beat Hausammann angezählt wurde. Doch auch diese Runde überstand Borisov. Die 5. Runde brachte schliesslich die Entscheidung: Nach einem sehenswerten linken Uppercut ging Borisov erneut zu Boden. Hausammann hatte genug gesehen und brachte das ungleiche Gefecht ab. Sieger durch Technischen KO in der 5. Runde: Enes Zecirevic.

Schwergewicht: Arnold „The Cobra“ Gjergjaj vs. Igoris Borucha (Littauen)

Arnold „The Cobra“ Gjergjaj (11 Siege, 7 KOs) bekam es gestern Abend mit einem sogenannten Stinker zu tun. Igoris Borucha (5 Siege, 11 Niederlagen, 1 Unentschieden) versuchte sein Glück gegen den um stattliche 17 Kilo schwereren Gjergjaj durch ständiges Halten und Klammern, was einer Kampfverweigerung gleichkam. Gjergjaj, der mit seiner sehr offenen Deckung seinen Gegner zu Attacken verleitete, gelang es während des ganzen Kampfes nie, seinen gefürchteten KO-Schlag anzubringen, weil Borucha, kaum setzte „The Cobra“ zum Schlag an, immer wieder die Umklammerung suchte. In der 4. Runde wurde der Osteuropäer wegen Kopfstossens von Ringrichter Jörg Mangott angezählt.


Freut sich nach seinem ungefährdeten Sieg gegen Igoris Borucha: Arnold "The Cobra" Gjergjaj

Mit Fortlauf des Kampfes wirkte Arnold etwas frustriert. In den weiteren Runden zeigte sich stets das gleiche Bild: Gjergjaj provozierte seinen Gegner mit seiner herunterhängenden Linken zu Angriffen, konnte diese aber nicht mit zählbaren Treffern parieren. Trotzdem: In keiner Phase des Kampfes stand der Sieg von Arnold in Frage. Die Kampfrichter werteten den Fight mit 60:54 (Beat Hausammann), 60:54 (Domenico Vincenzo Gottardi) und 60:54 (Paolo Bolognesi). Arnolds Trainer Angelo „Speedy Chicken“ Gallina nach dem Kampf zu swissboxing.ch: „Mit der Leistung meines Schützlings bin ich im Grossen und Ganzen zufrieden. Leider konnte Arnold gegen diesen Gegner sein Potenzial nicht abrufen“.

Cruisergewicht: Sefdail Sherifi (Bad Ragaz) vs. Rashid Raad (Deutschland/Albanien)

Da Sefdail Sherifi (6 Siege, 5 KOs,  Niederlage, 1 Unentschieden) gestern Abend erst seinen zweiten Kampf mit einer Schweizer Lizenz bestritt, ist er den Box-Aficionados hierzulande noch wenig bekannt. Dies dürfte sich aber bald einmal ändern, zumal der Wahlschweizer über ein beträchtliches Potenzial verfügt und die Massen dank seiner Kampfesführung zu begeistern vermag. Die während des gesamten Kampfes von Rashid Raad (1 Sieg, 1 KO, 3 Niederlagen) vorgetragenen Angriffe erinnerten an den legendären Joe Frazier, allerdings mit dem Unterschied, dass Frazier wirklich boxen konnte.


Sevdail Sherifi (l.) kontert einen Angriff seines unbequemen Kontrahenten Ralf Raad

 
Denn Raad manifestiert eine schlechte Deckungsarbeit, verfügt nicht über die Klasse, präzise Kombinationen zu schlagen und kann lediglich seine Kampfeskraft als Pluspunkt ins Feld führen. Der Deutsch-Albaner schlug meistens mit der Innenhand, was von Ringrichter Beat Hausammann (leider) nicht geahndet wurde. Trotzdem stand der Kampf während den sechs Runden auf Messers Schneide und wog bis zum Schlussgong hin und her. Knapper aber verdienter Sieger nach Punkten: Sefdail Sherifi. Die Punktrichter werteten den Kampf mit 58:57 (Jörg Mangott), 58:56 (Domenico Vincenzo Gottardi) und 58:58 (Paolo Bolognesi).

Schwergewicht: Ivo „The Warrior“ Andelic vs. Yavor Martinchev (Bulgarien)

Wer hätte dem liebenswürdigen Ivo „The Warrior“ Andelic (6 Siege, 3 KOs, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) den Sieg im Hauptkampf des Abends gegen Yavor Martinchev (7 Siege, 4 KOs, 22 Niederlagen) nicht gegönnt? Noch vor dem Kampf gegen Bulgariens Nummer 1 hatte er sich zum Ziel gesetzt, in diesem Jahr um einen Intercontinental-Titel einer der vier grossen Boxverbände zu kämpfen. Doch der Traum von Ruhm und Ehre wurde gestern Abend jäh in Rauch aufgelöst. Denn das boxerische Rendement des von seinen treuen Fans bis zum letzten Gongschalg lautstark unterstützen „The Warrior“ reicht wohl kaum je zu Meisterehren. Ganz offensichtlich führt das grosse Selbstvertrauen des Trimmisers zu einer falschen Selbstwahrnehmung.


Die Enttäuschung steht im deutlich ins Gesicht geschrieben. Ivo Andelic bei der Urteilsverkündung


Andelic fand während des gesamten Kampfes kein Rezept, dem mediokeren Bulgaren Paroli zu bieten. Einzig die erste Runde ging auf das Konto des schweizerisch-kroatischen Doppelbürgers und auch den 5. Durchgang konnte er einigermassen ausgeglichen gestalten. Die übrigen Durchgänge waren an Tragik kaum zu überbieten: In der 2. Runde nahm Martinchev das Heft in die Hand, nachdem er rasch merkte, „mit was für einem Kaliber er es zu tun hatte“. In den weiteren Durchgängen (mit Ausnahme der 5. Runde, als sich Andelic nochmals aufbäumte) führte Martinchev seinen Gegner boxerisch vor und Ivo musste froh sein, dass er nicht vorzeitig verlor.

Aber Andelic wäre nicht Andelic, wenn er nach dem Kampf dem Publikum nicht erklärt hätte, wieder zu kommen und die heutige Schmach vergessen zu machen. Andelic: „Ich war bis vor zwei Wochen vor dem Kampf krank und hatte leider nicht genug Zeit, mich optimal vorzubereiten. Ich komme wieder, das verspreche ich euch!“.


Resultatübersicht

Ranking „Robert Nicolet Trophy“ 


 

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