Egonz Maliqaj: Interview mit dem TK-Präsidenten

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08.10.2011 15:26 Uhr

08.10.2011 – Im Rahmen einer Diplomarbeit zum Thema Boxen führte der Gebenstorfer Elite-Boxer, Egzon Maliqaj, mit dem Präsidenten der Technischen Kommission von SwissBoxing, Jack Schmidli, ein Interview, das wir den Besuchern von swissboxing.ch nicht vorenthalten möchten.
 

Egzon Maliqaj: Würden Sie uns bitte etwas über sich und Ihre Arbeit bei SwissBoxing erzählen?

Jack Schmidli: Es freut mich, Ihre Fragen beantworten zu dürfen. Ich betätige mich seit dem Jahr 2003 bei SwissBoxing (früher Schweizerischer Box-Verband). Anfänglich war ich Mitglied der Technischen Kommission, wo ich für die Weiterentwicklung der Verbands-Homepage, www.swissboxing.ch, verantwortlich zeichnete. Diese Aufgabe übe ich auch heute noch mit grosser Freude aus. Etwas später schloss ich die Prüfung zum Punktrichter ab. Zwischenzeitlich war ich auch Manager verschiedener Profiboxer. Im Jahr 2006 übernahm ich das Präsidium der Technischen Kommission. Seit zwei Jahren bin ich auch öfters als Delegierter an Boxveranstaltungen im Einsatz. Und hobbymässig betätige ich mich als Box-Historiker und Ringsprecher.

EM: Welches Image hat das Boxen in Ihren Augen zurzeit in der Schweiz?

JS: Boxen in der Schweiz ist leider immer noch eine Randsportart. Doch das Image dieser Sportart hat sich in den letzten Jahren verbessert. Dies hat damit zu tun, dass wir sehr grosse Anstrengungen für die Verbesserung der Reputation unseres geliebten Sportes unternehmen. Der Präsident der Medienkommission, Ueli E. Adam, ist laufend in Kontakt mit Medienleuten und bedient diese mit Berichten von Box-Veranstaltungen. Auch dank den Klitschko-Brüdern ist das Interesse an unserem Sport in den letzten Jahren stark gestiegen.

EM: Wie hat sich das Boxen während Ihren Dienstjahren geändert?

JS: In den letzten Jahren hat die Zahl der lizenzierten Profiboxer stark zugenommen. Noch nie waren so viele Profis (22) wie heute in unserem Land aktiv. Ohne die vielen Migranten wäre der Boxsport in der Schweiz allerdings nicht so erfolgreich. Wir haben ein Swiss Boxing Team auf die Beine gestellt, dass 4 bis 5 Mal pro Jahr an verschiedenen Box-Veranstaltungen zum Einsatz kommt. Das SBT ist zur festen Marke im Schweizer Box-Business geworden. Und die Qualität der Amateurkämpfe hat sich in den letzten Jahren m. E. verbessert.

EM: Sehen Sie in der Schweiz durch das Boxen kulturelle Einflüsse?

JS: Ja, wie ich schon erwähnt habe, lebt der Schweizer Boxsport von zahlreichen Kämpfern aus fremden Kulturen. Unser Sport ist daher im Vergleich zu früher noch viel „farbiger“ geworden und findet mittlerweile Akzeptanz auch bei Boxkritikern, zumal diese anekennen müssen, dass vorallem das Amateurboxen ein weitgehend ungefährlicher Sport ist. Nicht vergessen darf man, dass wir viele Jungs von den Strassen in den Ring holen, wo sie Disziplin und Anstand lernen. So gesehen unternehmen wir viel für die Integration.

EM: Wie versuchen Sie oder SwissBoxing, den Menschen das Boxen näher zu bringen?

JS: Ich sehe mich persönlich als Missionar für „The Noble Art Of Self Defense“. Wenn immer möglich mache ich Werbung für unseren schönen Sport, sei es im Bekanntenkreis, aber auch, indem ich unsere Homepage mit grosser Freude pflege und über alle Bereiche des Boxsports, vom Leichtkontaktboxen, über das Hochschulboxen bis hin zum internationalen Profiboxen berichte.

EM: Welche Eigenschaften der Schweizer Boxszene stechen Ihnen ins Auge? Was würden Sie ändern?

JS: Mir fällt auf, dass die allermeisten Boxer ihr Hobby oder ihren Nebenberuf mit grosser Fairness ausüben. Und wir sind eine Familie, die zueinander hält und es werden sehr viele positive Kontakte untereinander gepflegt. Leider haben wir im internationalen Amateurboxen den Durchbruch bislang nicht geschafft. Wir warten immer noch auf einen Ausnahmekönner à la Fritz Chervet, den früheren Europameister und 2-fachen WM-Herausforderer im Fliegengewicht; damit würde der Boxsport in der Schweiz weiter beflügelt. Viel ändern muss man nicht. Wichtig ist, dass wir unseren Sport mit grossem Engagement kontinuierlich weiter entwickeln.

EM: Was beobachten Sie beim Zusammentreffen der vielen verschiedenen Milieus im Boxsport?

JS: Man muss unterscheiden zwischen dem Amateur- und dem Profiboxen. Während das Amateurboxen einen sehr guten Ruf geniesst, ist das beim Profiboxen nicht überall so. Viele Leute vermuten im professionellen Faustkampf immer noch Korruption und Vetternwirtschaft. Da ist oft die Rede von dunklen Gestalten. Aber auch beim Profiboxen stellen wir eine positive Entwicklung fest, nicht zuletzt – wie schon erwähnt - dank den Vorbildern Wladimir und Vitali Klitschko. Aber auch der deutsche Gentleman-Boxer Henri Maske hat viel Positives für das Profiboxen geleistet.

EM: Werden Kontakte zu Boxschulen im Ausland gepflegt? Wie ist die Beziehung Schweiz Deutschland?

JS: Ja, es werden intensive Kontakte gepflegt, vor allem mit unserem nördlichen Nachbarn. Hierzulande finden zahlreiche Staffelkämpfe mit Boxern aus verschiedenen Ländern statt. Wie gesagt, als Vorzeigeteam tritt öfters das Swiss Boxing Team in Erscheinung. Bezüglich den internationalen Kontakten nehmen die Box-Schule Gebenstorf und der Box-Club Zürich eine löbliche Vorreiterrolle ein.

EM: Wie erklären Sie sich, dass das Boxen in der Schweiz eher eine kleinere Rolle spielt?

JS: In der Schweiz wohnen rund 8 Millionen Einwohner. In Deutschland, wo 10mal mehr Bürgerinnen und Bürger leben, ist das Potenzial – wie beim Fussball – natürlich wesentlich grösser. Kommt dazu, dass wir vom Staat keinerlei Unterstützung erwarten dürfen. Was wir mit unseren Mitteln erreichen, darf sich aber trotzdem sehen lassen. 

EM: Man sagt Kleider machen Leute. Welche Rolle spielen Kleidermarken im Boxen?

JS: Die Kleidermarken haben natürlich auch im Boxen Einzug gehalten. Das hat mittlerweile Ausmasse angenommen, so dass man regelrecht von einer Industrie sprechen kann. Führende Marken sind beispielsweise Lonsdale und Adidas.

EM: Wie sehen Sie die Zukunft des Boxens?

JS: Ich bin sehr optimistisch. Wie gesagt, warten wir immer noch auf ein Ausnahmetalent, wie es beispielsweise Roger Federer verkörpert. Wie kaum eine Sportart hat Boxen das Potenzial zu einer Massenbewegung; die Rede ist in diesem Zusammenhang vom Boxvirus. Denken wir beispielsweise an Andy Hug, der auf dem Höhepunkt seiner Karriere als K1-Fighter locker das Zürcher Hallenstadion füllte. Aber wir müssen trotz allem realistisch bleiben. Boxen wird hierzulande eine Randsportart bleiben.

EM: Besten Dank, Herr Schmidli, dass Sie sich Zeit für das Interview genommen haben.

  

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