Boxeo 20 in der Kaserne Basel

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19.12.2011 17:17 Uhr

Arnold Gjergjaj prügelt Gegner in der zweiten Runde durch die Ringseile

Bericht von Gérald Kurth

18.12.2011 - Die Basler Schwergewichtshoffnung Arnold Gjergjaj lieferte zum Abschluss eines Kampfabends mit dünner Affiche genau den Knaller, den sich das Publikum vom einzigen Profikampf erhofft hatte. Nach exakt 1:38 in der zweiten Runde knockte er den Nigerianer Prince Anthony Ikeji knallhart aus, nachdem er ihn zuvor mit einem perfekten linken Haken angeklingelt hatte. 

So sieht ein Sieger aus: Arnold Gjergjaj hebt die Fäuste nach seinem Sieg gegen den zerknirschten Prince Anthony Ikeji. (Bild: Dominik Plüss, Freshfocus)  

Gjergjaj brachte damit die Halle, die schon seinen Walk-in frenetisch bejubelt hatte, endgültig zum Kochen. Im Gegensatz zu früheren Kämpfen suchte die „Kobra“ diesmal entschlossen die Entscheidung und beförderte seinen Kontrahenden mit einer präzisen Kombination durch die Ringseile. Natürlich erlaubte der kurze Kampf nur bedingte Aufschlüsse über die physische Verfassung Gjergjajs. Der Basler macht den Eindruck, als könnte er noch an Schnelligkeit zulegen, wenn er vor seinen Kämpfen noch das eine oder andere Kilo abkocht. Beeindruckend war hingegen, wie Gjergjaj diesmal taktisches Kalkül mit Abschlussbereitschaft paarte. Und dies gegen einen Gegner, der mit einem überdurchschnittlichen Palmares bzw. einer soliden KO-Quote angereist war. Ikeji war in der ersten Runde zwar optisch überlegen und schlug einige harte Hände. Gjergjaj hielt aber entschlossen dagegen und punktete mit sauberen Kontern. 

Damit hat der Schützling von BC Basel-Chefcoach Angelo Gallina weiterhin eine weisse Weste. Gjergjaj steht mittlerweile bei 15 Siegen nach ebenso vielen Fights. Wesentlicher als seine makellose Kampfbilanz sind aber die strategischen Fortschritte, die der Basler in seinem aktuellsten Auftritt an den Tag legte. Dass er mächtig Dampf in den Fäusten hat, ist wohl bekannt. Gestern bewies er aber unmissverständlich, dass er in den Ring stieg, um dies gegen einen ernsthaften Gegner sofort zu beweisen. 

KAMPFFILM

Der Profikampf wurde damit, zusammen mit einem einmal mehr hochstehenden Kampf der einheimischen Sandra Brügger, zum gelungenen Abschluss eines Kampfabends, der eher zähflüssig begonnen hatte. Infolge überrissener Gagenforderungen musste er kurzfristig ohne die beiden anderen, ursprünglich angesetzten Profikämpfe über die Bühne gehen. Ohnehin entschied sich das OK-Team unter dem umtriebigen Angelo Gallina in Absprache mit Stefan Käser, zu Beginn des Abends drei Light-Contact-Exhibitions durchzuführen. So bekamen die kleinsten Basler Knirpse  wie etwa der achtjährige Agron Agushi oder die 13jährige Bernerin Fiona Wyss die Gelegenheit, vor einem zahlreichen Publikum ihre schon beachtlichen boxerischen Fähigkeiten zu demonstrieren. Es tat der Freude der anwesenden Eltern und Geschwister keinen Abbruch, dass die eine oder der andere im Eifer des Gefechts schon mal zu hart schlägt...
 

Die Frauenkämpfe

54 kg

Dijana Bogdanović (BC Basel) vs. Nadia Barriga (BC Basel)

Nadia Barriga, bolivianische Meisterin mit doppelter Staatsbürgerschaft, kam gegen ihre Klubkollegin Bogdanović zu einem letztlich ungefährdeten Sieg, der vor allem auf die völlig gegensätzlichen Kampfstile der beiden Boxerinnen zurückzuführen war: Während Barriga tänzerisch-leichtfüssig nach vorne marschierte und optisch runder wirkte, stand Bogdanović eher eckig auf ihren Beinen und schlug fast ausschliesslich aus der Defensive. Das hinderte sie zwar nicht daran, den einen oder anderen knackigen Konter zu landen. Insgesamt blieb sie aber über die vier Runden zu passiv, was den Punktevorsprung Barrigas kontinuierlich anwachsen liess. Ein ausserordentlich fairer Kampf zweier Klubkolleginnen, der mit einem eindeutigen 3:0 für Barriga endete.
 

Gianna Crivell (BC Genève) vs. Sara-Joy Rea (BC Basel)

Auch im kollektiven Unterbewusstsein der helvetischen Gesellschaft wirkt noch immer das Vorurteil vom Boxen als Sportart tumber Schläger, die sich in der Halbwelt bewegen. In dieser Begegnung standen sich zwei Damen gegenüber, die dieses Vorurteil in jeder Hinsicht entkräften. Auf der einen Seite stand die einheimische Sara-Joy Rea, Doktorin der Rechtswissenschaften. Ihre Gegnerin Gianna Crivelli, die erst seit diesem Jahr überhaupt boxt, steht vor ihrem Abschluss am Genfer Dolmetscherinstitut. Das hinderte aber beide nicht daran, kräftig zuzulangen.

Die langgliedrige Baslerin ging den Kampf im Bewusstsein an, über Reichweitenvorteile zu verfügen. Sie schlug mehrheitlich aus der kontrollierten Defensive. Crivelli hingegen marschierte von Anfang an nach vorne und griff mit Schlägen zu Kopf und Körper an. Sie punktete dabei regelmässig, liess aber gleichzeitig auch immer wieder ihre Deckung leicht offen. Rea nutzte diese kleinen Nachlässigkeiten aus und stach mit ihrem Jab immer wieder durch die Mitte zu. Obwohl sich Crivelli technisch erstaunlich variabel zeigte und bis ans Ende der vierten Runde bemühte, die Distanz zu überwinden, schaffte es Rea, sich sehr lang zu machen. Insofern ging der Mehrheitsentscheid zu ihren Gunsten absolut in Ordnung. Wenn sich die Newcomerin Crivelli boxerisch weiterhin so erstaunlich entwickelt, wird sie bald auf Augenhöhe gegen die besten in ihrer Kategorie boxen.
 

60 kg

Sandra Roulet (BC Genève) vs. Tina Asmussen (BC Basel)

Der Kampf wurde mit einem eindeutigen 3:0 für die einheimische Asmussen gewertet, was nicht nur bei der enttäuschten Genferin für Erstaunen sorgte. Roulet dominierte die erste Runde deutlich. Sie zielte genau und brachte regelmässig ihre Kombinationen ins Ziel. In der zweiten Runde wurde Asmussen zwar aggressiver, war auch häufiger in der Angriffsbewegung. Roulet landete aber aus der kontrollierten Defensive mehrere gute Konter, schlug immer mit. Die Baslerin verrichtete mit zunehmender Kampfdauer deutlich mehr Fussarbeit. Wenn sie aber in die Halbdistanz ging, lief sie in Roulets Konter hinein und klammerte mehrfach. So entwickelte sich ein eigentlicher Zermürbungskampf, bei dem Asmussen die bessere Puste hatte und am Ende einen äusserst knappen Punktevorsprung gegen die sichtbar pumpende Roulet über die Ziellinie brachte.
 

Estelle Mosselli (BC Paris) vs. Sandra Brügger (BC Basel)

Lokalmatadorin Sandra Brügger zeigte eine weitere bemerkenswerte Leistung. Gegen die erst 19-jährige, aber aggressiv nach vorne orientierte französische Meisterin verlor sie nie die Übersicht. Mosselli trieb Brügger damit immer wieder in die Enge. Die kampferfahrene Baslerin bewahrt aber mittlerweile auch in gefährlichen Situation eine beeindruckende Ruhe. Sie liess sich zu keinem Zeitpunkt von der kompakten, beweglichen und hart schlagenden Französin beeindrucken. Wann immer Mosselli die Distanz überwand, hielt Brügger dagegen und punktete mit präzisen Kontern. Ihr international hohes Niveau bewiesen beide Kämpferinnen in der vierten Runde, in der beide noch einmal zulegten und sich einen intensiven Schlagabtausch lieferten. Sie schlugen pausenlos, ohne je unsauber zu werden. Der hochstehende Kampf wurde am Ende unentschieden gewertet. Mit diesem Entscheid konnte auch Mosselli leben, die zwar optisch überlegen wirkte, aber Brügger nicht auspunkten konnte. Fazit: Bester Frauenboxsport. Sandra Brüggers Leistungskurve zeigt noch immer nach oben. Die profilierteste Kämpferin des BC Basel ist mittlerweile europaweit unter den besten ihrer Kategorie, und - es muss noch nicht das Ende sein...
 

64 kg

Fanny Mietta (BC Châtel-St.-Denis) vs. Barbara Wilhelmi (BC Basel)

Ein sehr animierter Kampf zwischen der schon routinierteren, einen Kopf grösseren Mietta und der einheimischen Debütantin Wilhelmi. Diese stand sehr breitbeinig und machte sich dadurch zusätzlich kleiner als ihre Gegnerin aus der Westschweiz. Fehlende Reichweite glich sie aber durch ihr grosses Kämpferherz aus. Sie warf sich mutig ins Getümmel und parierte die Angriffe Miettas mit kräftigen Kontern. Dabei machte sie sich oft erstaunlich lang und punktete ebenfalls regelmässig. Allerdings hätte der Kampf streng genommen in der 3. Runde abgebrochen werden müssen, als Wilhelmi ihre Linse verlor und der Kampf deswegen länger unterbrochen war. Weil Mietta am Ende dennoch dank Mehrheitsentscheid gewann, sorgte das ungewöhnliche Intermezzo nicht für zusätzlichen Diskussionsbedarf.

 

Die Amateurkämpfe

73 kg

Hoseyn Shahidi (BC Sissach) vs. Adrian Kilcher (BR Basel)

Beide Kämpfer gingen sofort zur Sache. Besonders Kilcher liess es ordentlich krachen. Allerdings schlug er mehrfach zu tief, obwohl deutlich grösser als sein Gegner aus dem Baselland. Shahidi schlug regelmässig mit der Rechten gefährliche Uppercuts, wenn er Kilcher nach vorne gelockt und dessen Jab ausgependelt hatte. Aber auch der Baselstädter war im Oberkörper erstaunlich beweglich und tauchte oft zur Seite weg. Diese Taktik war aber gegen den überdurchschnittlich oft mit Aufwärtshaken operierenden Shahidi gefährlich. In der dritten Runde wurde Kilcher zum wiederholten Mal aus der Kurzdistanz getroffen und blutete stark. Im gleichen Schlagabtausch traf jedoch auch er den Gegner zwischen Schläfe und Ohr. Shahidi stand zwar wieder auf, aber Ringrichter Beat Hausammann brach den Kampf ab, weil die Beeinträchtigung des Gleichgewichtssinns durch den Schlag aufs Trommelfell nach seiner Einschätzung anhielt. Eine Fortsetzung des Kampfes hätte die Gesundheit Shahidis gefährdet. Kilcher wäre auf den Punktzetteln ohnehin in Führung gewesen.
 

75 kg

Michaël Celeschi (BC Châtel-St.-Denis) vs. Mergim Vukshinaj (BC Basel)

Der uninspirierteste Kampf des Abends. In der ersten Runde waren fast keine zählbaren Schläge zu verzeichnen, die beiden Boxer wirkten ausgesprochen lustlos. Celeschi, der routinierte Gastboxer vom Klub aus den Freiburger Voralpen, versuchte zunehmend, seine rechte Schlaghand mit Gewalt ins Ziel zu bringen. Allerdings war seine Vorbereitung für Vukshinaj jeweils so durchschaubar, dass er kaum getroffen wurde. Dennoch geriet der Basler wiederholt in Bedrängnis und fing an zu klammern. Celeschi liess sich davon anstecken und musste sich sogar einen Punktabzug wegen Haltens gefallen lassen. Dass der Mehrheitsentscheid dennoch zu seinen Gunsten ausfiel, war zwar korrekt. Aber auch nicht mehr. 


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