Nachwuchsmeisterschaft 2020: Der Bericht

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11.10.2020 19:07 Uhr
Jack Schmidli

Fotos: Jack Schmidli (Handy-Kamera)

Ursprünglich war Fight Right Biel/Bienne für die Organisation die Nachwuchsmeisterschaft 2020 vorgesehen. Aus sich SwissBoxing nicht wirklich erschliessenden Gründen erklärte der Club im Spätsommer aber Forfait. Umso erfreulich war in der Folge die Bereitschaft der Verantwortlichen des BC Glattbrugg, Rajko Bojanic und Timur Topcu, diese wichtige Meisterschaft trotz der Corona-Krise "ohne Wenn und Aber" zu veranstalten. Die Stimmung in der Halle war bombastisch. Und die Rechnung ging auf: Sowohl sportlich als auch wirtschaftlich war der Event vom Wochenende ein voller Erfolg. Der BC Glattbrugg gewann knapp vor dem BC Genevois die Mannschaftswertung.

Einziger Wehrmutstropfen ist der Umstand, dass am heutigen Finaltag lediglich ein Frauenkampf ausgetragen werden konnte. Trotzdem ist Nationaltrainer Federico Beresini überzeugt, dass im Frauenboxen frühere Erfolge künftig wieder möglich sein werden. Entscheidend sei die systematische Entwicklung der Talente.

Nicht weniger als drei Goldmedaillengewinner durfte der BC Glattbrugg heute feiern. Damit hatten die boxbegeisterten Rajko Bojanic und Timur Topcu sowie deren Helfer- und Helfershelfter den prästigeträchtigen Mannschaftsmeistertitel auf sicher. Entsprechend enttäuscht war Samir Hotic vom BC Genevois, der den begehrten Titel nur sehr knapp verpasste. Immerhin darf sich Hotic mit dem vor einer Woche in Locarno gewonnenen "Guanto d'oro" trösten.

Auffallend waren die zahlreichen Talente, die sich heute im Boxring der Chliriethalle in Oberglatt präsentierten und ein Versprechen für die Zukunft sind. Dies entging auch Christine Nigg, der umtriebigen Chefin Leistungssport bei SwissBoxing nicht: "Beobachtungen an den Scoutings der vergangenen Wochen haben sich mehrheitlich bestätigt. Wir verfügen über eine erfreuliche Talentbasis, auf der wir aufbauen können. Einzelne Boxer haben mir mächtig imponiert." Als Beispiel nannte sie Elias Peister, einen Junior in der Gwichtsklasse bis 60 Kilogramm, der für den Box-Club Biel kämpft. "Peister ist die eigentliche Entdeckung der Nachwuchsmeisterschaft. Der Boxer zeigte in seinen Kämpfen am Wochenende eine sehr gute Leistung. Er ist variabel, schlägt sehenswerte Köper-Kopf-Kombinationen und zeigt zudem ein reifes Verteidigungsverhalten".

Die Kämpfe im Telegrammstil:

Kadetten, Halbfliegengewicht bis 48 Kilogramm. Sabur Mohammadi (BC Schaffhausen) vs. Ledion Berisha (BC Luzern): Wilde Schwinger auf beiden Seiten prägten diesen Kampf, den Ledion nach Punkten für sich entscheiden konnte. Ledion's Freude war grenzenlos! Kadetten, Fliegengewicht bis 50 Kilogramm. Michael Chiera (BC Ascona) vs. Nikoll Collaku (BC Glattbrugg): Trotz etwas viel Show und einer laschen Deckung kam der Heimboxer zu einem sicheren 4:1-Sieg gegen den Tessiner Michael Chiera. Junioren, Bantamgewicht bis 54 Kilogramm. Maxime Volkov (Club lausannois de boxe) vs. Ilias Schneider (BR Zürichsee-Horgen): Zwar hatte sich Ilias Schneider den Finalkampf gegen Maxime Volkov dank einem klaren Sieg gegen Loris Reich (BC Locarno) am Samstagnachmittag verdient. Der verantwortliche Trainer Daniel Ryker gab aber der voraussehbaren Überlegenheit des Russland-Schweizers, der Schneider bereits am Samstag vorzeigtig schlug, Forfait: "Der (welt)weitgereiste Maxime versuchte sich schon erfolgreich in verschiedenen Sportarten wie beispielsweise im MMA. Er ist ein absolutes Talent. Ich will meinen Boxer nicht verheizen. Wir begnügen uns deshalb mit der Silbermedaille."

Junioren, Federbewicht bis 57 Kilogramm.
Noah Kaniki (FR Biel) vs. Marwan Maslard (Club lausannois de boxe): Auch Marwan Maslerd, ein Franzose, der in Kürze eingebürgert wird, ist ein Versprechen für die Zukunft. Technisch versiert, schnell auf den Beinen und mit einem guten Auge ausgestattet stellt er seine Gegner vor Probleme. Auch Noah Kaniki bekam die boxerische Überlegenheit des Genfers zu spüren und verlor einstimmig nach Punkten. "Maslard muss noch an der Variabilität arbeiten", meinte Nigg nach dem Kampf. Junioren Leichtgewicht bis 60 Kilogramm. Elias Peisker (BC Biel) vs. Yanis Medina (NAB Frenkendorf): Auch der Schreibende identifiziert Elias Peisker als die Entdeckung des Wochenendes. Zwar kämpfte sein Gegner Yanis Medina tapfer und engagiert, zeitweilen allerdings etwas wild und unkontrolliert. Der Sieg des Bielers war aber in keiner Phase des Kampfes in Gefahr und geht absolut in Ordnung. Junioren Halbweltergewicht bis 63 Kilogramm. Maxime Goël (CB Yverdon les Bains) vs. Ahmed Negm (RS de Vernier). Die beiden Junioren lieferten sich einen harten, technisch allerdings noch wenig ausgereiften Kampf.  Wer will es ihnen verargen? Die beiden Boxer sind zwei Novizen im Seilgeviert!

Junioren Weltergewicht bis 66 Kilogramm. Jérôme Haller (BC Arbon) vs. Félix Meier (Fight-District Boxing): Ein sehr kämpferisches Duell. Haller wird vom Publikum aus der Ostschweiz lauthals angefeuert. Allerdings reichte es dem Boxer aus Arbon gegen den eleganten Techniker aus der Romandie trotz permanentem Vorwärtsdrang nicht zum Sieg. Richtig aufgebaut und gefördert ist der variabel boxende Félix Meier ein echtes Versprechen für die Zukunft. Junioren Halbmittelgewicht bis 70 Kilogramm. Ali Aliji (FR Biel) vs. Louis Pang (BC Genevois): Beide Boxer gehen vehement zur Sache. Aliji erzhielt jedoch die präziseren Treffer, was sich auf der Punktrichterwertung entsprechend bemerkbar macht. Der Boxer aus Biel landet einen ungefährdeten 5:0 Punktesieg. Jugend Bantamgewicht bis 56 Kilogramm. Melvin Lionel Lòpez (BC Basel) v.s Daniel Modena (BC Winterthur): Der Trainer des Boxers aus Basel, Angelo Gallina, wollte das Wagnis eines Kampfes zwischen einem Anfänger und einem mit 12 Kämpfen doch ziemlich erfahrenen Boxer vermeiden und gab Forfait. So verständlich dieser Schritt sein mag, widerspricht er dem Sportgeist. Wer sich an eine Meisterschaft anmeldet sollte die Herausforderung annehmen. Bei krasser Unterlegenheit besteht alleweil die Möglichkeit, den Boxer aus dem Kampf zu nehmen.  

Jugend Leichtgewicht bis 60 Kilogramm. Hugo Castillo (SR St. Gallen) vs. Diego Fernandez (BC Genevois): Nach hochdramatischem Kampf am Vortag stieg Fernandez, dem wegen in der Lizenz vermerkten vorzeitigen heftigen Niederlagen gewisse Nehmerfähigkeiten abgesprochen werden, wohl mit einem mulmigen Gefühl in den Kampf gegen Castillo, der am Vortag Diego Gasperetti (BC Zürich) deutlich geschlagen hatte. Doch der talentierte Genfer liess nichts anbrennen und schlug Castillo mit dem Skore von 5:0 deutlich nach Punkten. Nach dem Kampf war der kämpferische Hugo Castillo sehr enttäuscht.  Sein Trainer René Engler wird den Boxer mit spanischen Wurzeln mental aber bestimmt wieder aufbauen. Jugend Halbweltergewicht bis 64 Kilogramm. Josefine Wanner (BU Winterthur) vs. Sarah Haenni (BC Gemevois): Die Geschichte ist rasch erzählt. Von den beiden Anfängerinnen zeigte Haenni mehr Kampf- und Schlagkraft, sodass der Ringrichter die Zürcherin in der 2. Runde aus dem Kampf nahm. Jugend Halbweltergewicht bis 64 Kilogramm. Souhil Khiat (BC Genevois) vs. Sandro Tenorio (Fight Move BA): Während der talentierte Khiat heute in Oberglatt bereits seinen 36. Kampf bestritt, stand sein Gegner Sandro Tenorio gestern Samstag zum ersten Mal im Seilgeviert. Um so grösser war die Überraschung, dass der Neuenburger den sehr erfahrenen Genfer mit dem Skore von 3:2 Richterstimmen schlug und sich zum neuen Jugend-Schweizermeister im Halbweltergewicht ausrufen liess. Obgleich der Entscheid kontrovers war, muss sich Khiat vorwerfen lassen, den Gegner nicht ernst genug genommen zu haben. So war das Urteil der für den Leistungssport verantwortlichen Christina Nigg und Federico Beresini auch hart: "Khiat hat sich nicht wesentlich weiterentwickelt, eine klare Linie ist nicht erkennbar, die Deckung ist zu nachlässig, das Verteidigungsverhalten zu légère - Trotzdem hat Khiat aber weiterhin Potenzial."

Jugend Weltergewicht bis 69 Kilogramm. Ali Ibrahim (Ring Star de Vernier) vs. Adam Messibah (CP Morges): Ein zu Beginn ausgeglichener Kampf, den Ibrahim in der 1. Runde für sich entscheiden konnte. Der Boxer aus der blauen Ecke erwies sich allerdings als kleverer Konterboxer, der jede sich bietende Chance konsequent für Gegentreffer nutzte. Am Ende des Kampfes lieferten sich die beiden Boxer einen heftigen Schlagabtausch. Da die 2. und die 3. Runde einstimmig an Messibah ging, verliess dieser als 5:0-Sieger den Ring. Die Verantwortlichen der Sportkommission waren sich nach dem Kampf einig: "Bester Kampf, Messibah war der beste Techniker der Meisterschaftern, er hatte immer eine Hand mehr drin." Jugend Mittelgewicht bis 75 Kilogramm. Kristijan Jevtovic (BC Glattbrugg) vs. Malik Loïc Zouaïmia (Olympic BC Genève): Beide Boxer kämpften mit einer Insbrunst um den Sieg, als ginge es um Leben und Tod. In der ersten Hälfte des Kampfes erwies sich dieser als plus-minus ausgeglichen. In der Folge drehte der Heimboxer allerdings, frenetisch angefeuert vom Publikum, mächtig auf. Im Schlussgang musste der Ringrichter Zouaïmia zweimal anzählen. Und kurz vor Schluss nahm der Referee den überforderten Genevois aus dem Kampf. Sieg durch RSC in der 3. Runde: Kristijan Jevtovic! Halbschwergewicht bis 81 Kilogramm. Arian Mukata (BC Winterthur) vs. Dreni Muca (BC Glattbrugg): Im letzten Kampf des Nachmittags war Feuer im Dach. Die Stimmung kochte. Das Publikum oder zumindest ein grösserer Teil davon war aus dem Häuschen. Angetrieben und beflügelt von der Stimmung gab der erfahrene Muca alles was in ihm steckte und begann seinen Gegner ab der 2. Runde zu dominieren. Einstimmiger Punktsieger nach 3 Runden: Dreni Muca. Fairerweise muss dem Verlierer zugestanden werden, dass sein Gegner mit (bisher) 26 Kämpfen weit erfahrener war.











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