Allen Widrigkeiten zum Trotz

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02.11.2020 17:04 Uhr
Jack Schmidli via GW

Zu oft ist das Boxen die beste Metapher für das Lebens selbst. Dieser Sport ist oft nicht fair, nimmt mehr als er gibt und Siege müssen nur zu oft hart errungen werden. Erklimmt man die Spitze, ist es oft nicht gut genug und ein Ereignis wie eine Niederlage oder eine Verletzung verändert die ganze Lebenswelt in Sekunden nur zu oft.

Eine solche Situation hat die Welt in diesem Jahr erlebt. Sogar in der Schweiz wurde praktisch jede Person beeinträchtigt und ein langer Winter steht uns nun bevor. Auch der Boxsport wurde hart getroffen und die Schweizermeisterschaften der Amateure für 2020 sind abgesagt.

Es ist nun nur zu passend, dass Andranik Hakobyan alias Ando Hakob in diesen Zeiten seine grosse Chance erhält. Ab dem siebten Lebensjahr war Andranik drei Jahre als Flüchtling durch diverse europäische Länder unterwegs, bis er mit seiner Familie einen Lebensmittelpunkt in der Schweiz fand. Danach durchlebte er die Jugendjahre in der Schweiz, welche durch das Boxen und eine erfolgreiche KV-Lehre die dringend benötigte Struktur und die damit einhergehende Stabilität erhielten. Doch spätestens der Entschluss, sich vollständig dem Sport zu widmen und eine Karriere im Profiboxen zu verfolgten, war ein Entscheid für weitere Jahre der Unsicherheit mit Hochs und Tiefs und dies in einem Land, wo ein stabiles, regelmässiges Einkommen die Norm und nicht die Ausnahme ist.

Nun bietet sich Andranik Hakobyan am 5. Dezember 2020 die Chance, um die Europameisterschaft der EBU im Superweltergewicht zu boxen. Der letzte Europameister aus der Schweiz war Mauro Martelli, welcher 1987 in Genf den Spanier Alfonso Redondo bezwang und anschliessend den Titel viermal verteidigte. Für den Boxer aus Baden ist es ebenfalls ein Spanier, der den angestrebten Triumpf verhindern will. Sergio Garcia ist in 32 Kämpfen ungeschlagen und aktuell die Nummer 20 auf der Welt. Der Kampf wird als Main Event in Torrelavega ausgetragen, wo Sergio Garcia zu Hause ist. Auf der Undercard werden der zukünftige Hall of Famer Sergio Martinez (52-3-2) und der berühmte Federgewichtler Kiko Martinez (41-9-2) boxen.

Schon Anfang November wird sich Andranik Hakobyan auf den Weg nach Spanien machen. Keine Ausreisesperre soll den Kampf in letzter Minute verhindern. Er wird alleine in den Süden reisen, mit spanischen Boxern Sparrings absolvieren und wochenlang in einem fremden Bett schlafen müssen, um am 5. Dezember für den grössten Kampf seines Lebens alleine in den Ring zu klettern. Für viele Personen wäre eine solche Herausforderung undenkbar. Doch Andranik Hakobyan hat sich schon oft für den schwierigen Weg entschieden. Nun bleibt zu hoffen, dass das Leben dem Boxer aus Baden ein faires Kampfgericht und die nötige Portion Glück bereithält. Verdient hätte er es.

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Bericht über Andranik Hakobyan auf SRF  © SRF

Kampfrekord Andranik Hakobyan

Kampfrekord Segio Garcia

Interview mit Andranik Hakobyan

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