Das Interview - Heute mit Egzon "The Fighting Engineer" Maliqaj

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07.12.2020 13:16 Uhr
Jack Schmidli

Egzon Maliqaj entspricht nicht dem Klischee des grossspurigen und dummen Boxers. Der Gebenstorfer mit Wurzeln im Kosovo ist eher ein ruhiger, überlegter Sportler, der denkt, bevor er redet. Sein Kampfname «The Fighting Engineer» kommt nicht von ungefähr. Der vierfache Schweizermeister bei den Amateuren ist studierter Maschinenbauingenieur und arbeitet in Vollzeit. Der vorbildliche Sportsmann stand swissboxing.ch Red und Antwort.

Jack Schmidli, Webpublisher und Mitglied der Medienkommission 

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Jack Schmidli: Was machst du beruflich? Hast du Familie?​ 

Egzon Maliqaj: Ich bin studierter Maschinenbauingenieur und arbeite 100% als Projektleiter in einem mittelgrossen Unternehmen in Zürich, wo ich unter anderem auch ein kleines Team von Ingenieuren in Barcelona von Zürich aus leite.  

Nebst der Arbeit bin ich glücklich mit meiner wunderschönen Frau Ofelije verheiratet und wir haben einen gemeinsamen tollen Sohn Loris, welcher zweieinhalbjährig ist und nächstes Jahr ein grosser Bruder wird. 


JS: Wie bist du zum Boxen gekommen und was fasziniert dich an dieser Sportart?

EM: ​Zum Boxsport bin ich im Alter von 16 Jahren gekommen durch meinen damaligen Sandabox (chinesisches Kickboxen) Trainer Rinaldo Di Lorenzo. Da ich seit meinem 9. Lebensjahr Kampfsport betrieben habe und erfolgreich im Sanda-Boxen, Kickboxen und Thaiboxen war, wollten wir uns stetig verbessern und so hat mich mein damaliger Sandabox-Trainer in den Boxunterricht zu seinem Bekannten, Franz Studer, in die Boxschule Gebenstorf gebracht. Und so hat die Liebe zum Boxsport angefangen. Mit der Zeit wurden die Sandaboxtrainings immer weniger, dafür die Boxtrainings öfters bis ich dann nur noch am Boxen war. Ich habe im Boxsport die grössere Herausforderung gesehen, weil man im Boxen nur die Fäuste benutzen darf, dafür muss es aber nahezu perfekt sein. 


JS: Wie oft und wie lange trainierst du pro Woche?

EM: ​Ich bin von Natur aus ein sehr fleissiger Mensch und scheue mich vor keinem Aufwand, darum habe ich schon als Amateur sehr viel und hart trainiert, manchmal vielleicht auch übertrainiert. Jetzt als Profiboxer erhalte ich von meinem Team (Manager Toni Barbera, Boxtrainer Pascal Stalder, Athletik-Trainer Harun Gülen) auf mich und auf den Kampf angepasste Trainingspläne, welche in verschiedenen Phasen unterteilt sind. In der Vorbereitungsphase absolviere ich zwischen 6-9 Trainingseinheiten die Woche. Was nebst einem 100% Arbeitspensum und einer Familie mit Kleinkind eine grosse Disziplin und viel Organisationstalent voraussetzt. 


JS: Wie würdest du deinen Boxstil bezeichnen?

EM: ​Ich bin eher der Angriffsboxer, der den Kampf sucht und sich meistens in der Vorwärtsbewegung befindet. So bearbeite ich von Runde zu Runde die Gegner und zwinge Sie, sich meinem Boxstil anzupassen. Somit bin ich für jeden ein unangenehmer Gegner.


JS: Welche Stärken kannst du ausspielen und woran musst du noch vermehrt arbeiten?

EM: 
Da ich mich sehr diszipliniert auf die Kämpfe vorbereite, steige ich immer in einer physischen wie psychischen Topform in dem Ring. Ich habe eine gute Kondition, einen für meine Gewichtklasse sehr harten Schlag und einen enormen Siegeswillen und viel Kämpferherz. Mein grosses Selbstvertrauen in mich selbst hilft mir, auch den harten Kampf im Ring zu suchen. Ich bin momentan an einem Punkt angelangt, wo es keinen grossen Sinn mehr macht, kleinere Defizite verbessern zu wollen. Eher konzentrieren wir uns in der Vorbereitung auf meine Stärken. 


JS:
Hast du konkrete Ziele? Was möchtest du im Boxsport noch erreichen?


EM: Zuerst einmal möchte ich auch im Profiboxen beweisen, dass ich der momentan beste Berufsboxer im Superweltergewicht in der Schweiz bin, denn im Amateurboxen habe ich es über die Jahre hinweg bewiesen (vier Schweizermeister-Titel und vier Titel als Deutschschweiz- und Tessin-Meister im Weltergewicht bis 69 kg). Danach ist sicher das Ziel, am Anfang kleinere bedeutende Internationale Titel zu gewinnen und mich in den Top 40 der Welt nach oben zu boxen. Damit ich Anfragen und Chancen erhalte, in grösseren Kämpfen und vor grossem Publikum beweisen. Nebst den Titeln ist es sicher auch noch der finanzielle Aspekt; Kämpfe mit guten Gagen zu bestreiten, obwohl ich finanziell nicht abhängig bin vom Boxen.  


JS: Wie beurteilst du deine Leistungsfähigkeit? Kannst du dich boxerisch noch weiterentwickeln oder befindest du dich auf dem Zenit deines Leistungsvermögens?

EM: In meinen Augen kann sich jeder weiterentwickeln, nur werden ab einem gewissen Punkt die Fortschritte kleiner. So kann auch ich mich stets weiterentwickeln und werde es sicherlich auch tun. Denn wenn ich allein nur die Fotos von meinem Profidebüt-Kampf mit den letzten Kämpfen vergleiche, ist eine körperliche Weiterentwicklung auf den Fotos erkennbar. Um deine Frage zu beantworten, nein ich bin noch nicht am Zenit meines Leistungsvermögens angelangt. Ihr dürft euch auf meine Weiterentwicklung in Zukunft freuen. 

JS: Wie hast du die Corona-Pandemie bisher in Bezug auf das Training gemeistert?

EM: Am Anfang war es sehr schwer für mich als ein geplanter Kampf nach dem anderen abgesagt wurde, die Motivation zu finden weiterhin diszipliniert und hart zu trainieren. Jedoch mussten wir uns alle mit der Corona-Pandemie abfinden und versuchen das Beste daraus zu machen. So haben mein Team und ich die Trainingspläne angepasst und ich habe weiterhin trainiert. Wir können sagen, dass wir die Trainings während dieser schwierigen Zeit doch sehr gut gemeistert haben. 

JS: Hast du Vorbilder im Boxen? Welche?

Es gibt viele unglaubliche und faszinierende Boxer in der Boxgeschichte wie ein «Canelo» Alvarez, Tyson Fury, Mike Tyson oder Floyd Mayweather. In meinen Augen war und ist der grösste Boxsportler aber Muhammad Ali, nicht nur weil er ein grossartiger Boxer im Ring war, sondern auch ausserhalb des Rings polarisierte. Ich kenne keinen anderen Boxer, für den so viele Boxfans in der Nacht um vier Uhr aufgestanden sind um den Kampf live sehen zu können.  


JS: Und noch eine letzte Frage: Du machst sehr viel für das Boxen. Bleibt da noch Zeit für Hobbies? Wenn ja, welche? 

EM: Nebst dem Boxtraining geniesse ich die freie Zeit um etwas mit meiner wunderschönen Familie zu unternehmen, welche mich seit dem ersten Tag stets unterstützt hat. An dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön dafür. So andere grosse Hobbies habe ich keine, ausser dass ich mich jetzt für die grosse Töff-Prüfung angemeldet habe (Kategorie A) und gezwungenermassen in naher Zukunft noch einige Stunden auf dem Töff verbringen muss oder darf ;-).

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Besten Dank für den interessanten Einblick, lieber Egzon. Wir wünschen dir weiterhin alles Gute, sowohl im sportlichen Bereich als auch im Beruf und in der Familie. Und passe auf: Motorradfahren ist – wie das Boxen – nicht ungefährlich. 

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