Berner Boxer machen alle kurzen Prozess

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27.12.2021 11:34 Uhr
Gérald Kurth, Mitglied der Medienkommission von SwissBoxing

Die Fightcard wurde immer dünner, nachdem auch noch die ursprünglich geplanten Vorkämpfe wegen positiver Corona-Tests ins Wasser gefallen waren. Am Ende sah das zahlreich erschienene, weil boxhungrige Berner Publikum im Berner Kursaal noch drei Profikämpfe. Und die endeten alle vorzeitig, weil die Berner Boxer überzeugten und ihre Kämpfe vorzeitig beendeten.

Umso höher ist es Veranstalter Leander Strupler anzurechnen, dass er dem pandemie- und verletzungsbedingten Störfeuer zum Trotz an der Durchführung des Traditionsanlass festhielt. Vor allem die verletzungsbedingte Absage von Lokalmatador Alain Chervet war im Vorfeld ein herber Dämpfer. Der aber machte aus der Not spontan eine Tugend: Er tröstete sich und das gut gelaunte Publikum im Ringinterview damit, dass er in diesem Jahr zumindest beim Weihnachtsessen so richtig zulangen durfte...
 

Mittelgewicht (6 x 3)

Vahram Khudeda (ARM/CH) – Venhar Haziri (KOS)

Die beiden Boxer sind nicht nur gleich gross, sondern brachten auch gleich viel Gewicht auf die Waage (72,5 kg). Statt von Anfang an auf seine überlegene Schlagkraft zu setzen, ging Vahram Khudeda den Kampf langsam an. Er blieb auf Distanz und stach zumeist nur mit einzelnen Jabs zu. Das sah erst mal nicht spektakulär aus, zeigte aber Wirkung auf Haziris Gesicht. Der wehrte sich zwar tapfer und schlug immer mal wieder schöne Haken tief zum Körper. In der fünften Runde schaltete Khudeda dann aber einen Gang höher: Nach einer entschlossen vorgetragenen Kombination holte er Venhar Haziri mit einem krachendem linken Kopfschwinger von den Beinen. Der kam zwar nochmal hoch. Weil aber Khudeda sofort entschlossen nachlegte und den Kosovaren mit gewaltigen Punches bedrängte, stoppte Ringrichter Fabian Guggenheim den Kampf nach 45 Sekunden.

Khudeda zeigte sich im anschliessenden Interview sehr erfreut über einen weiteren Sieg zum Abschluss des Jahres, zumal er erst vor zwei Wochen einen Kampf bestritten hatte. Mit diesem TKO steht er als Profi nun bei 10 Siegen. Der Kampfrekord dürfte noch länger makellos bleiben, wenn Khudeda seine Fights weiterhin so unaufgeregt und reif gestaltet. 

 

Federgewicht (6 x 3)

Angelo Peña (CH) – Irakli Shariashvili (GEO)

Der von Ex-Profi Gàbor Vetö betreute Neo-Profi Angelo Peña konnte schon bei seinem Debut auf eine lautstarke Fangemeinde zurückgreifen. Und der wirblige Ostermundiger revanchierte sich. Peña machte trotz frühem, stark blutendem Cut am linken Auge schnell klar, dass er seinen Arbeitstag vorzeitig abschliessen wollte. Er ging gegen seinen 13 cm (!) grösseren Gegner permanent entschlossen in die Halbdistanz, wo er mit hohem Pace seine zielgenauen Uppercuts abfeuerte. Diese blieben in der ersten Runde noch ohne sichtbare Wirkung. Nach 1:35 in der zweiten Runde war es aber schon soweit. Nach schöner Vorbereitung durch eine weitere Serie von Uppercuts zum Kopf wechselte Peña das Register und stellte dem Georgier mit einem knackigen rechten Haken zum Körper die Luft ab. Ringrichter Marcel Werder zählte Irakli Shariashvili an und nahm ihn anschliessend zurecht aus dem Kampf.

Angelo Peña startete seine Profikarriere gleich mit dem ersten K.O. Der Sympathieträger war, wie er anschliessend gestand, kein Bisschen nervös. Im Gegenteil: Er habe seinen Gegner in der ersten Runde gelesen, in der zweiten war der „ dann schon weg.“ Die Berner Boxfans dürfen sich auf weitere solche Auftritte dieses feinen Technikers freuen.

 

Weltergewicht (8 x 3)

Christhian Martinez (Cuba) – Jeremy Triana (COL)

Christhian Martinez hätte laut Manager Strupler eigentlich im Windschatten von Hauptkämpfer Chervet langsam an seine Aufgaben herangeführt werden sollen. Nun musste er unverhofft für den Höhepunkt des Abends sorgen. Dass er dafür – auch er ausgezeichnet eingestellt von Vetö - schon gerüstet ist, bewies er eindrücklich. Martinez vereinigt alle Qualitäten, die für eine internationale Karriere erforderlich sind: hervorragende kubanische Boxschule, perfekte Körpermasse, Handspeed bei gleichzeitiger tänzerischer Leichtigkeit. Nicht nur Coach Vetö sagt dem „Son of Cuba“ deshalb eine Zukunft an der europäischen Spitze nach.

Aber der Reihe nach:

Martinez traf beileibe nicht auf einen schwachen Gegner – im Gegenteil: Jeremy Triana aus dem kolumbianischen Cartagena entzog sich in den ersten beiden Runden Martinez’ konsequent und variantenreich vorgetragenen Attacken immer wieder mit Erfolg. Mit klugen Meidbewegungen meisterte er selbst bedrohliche Situationen im Ringeck und schlug seinerseits vereinzelte gute Konter. Martinez ging zudem gegen seinen kleineren Gegner immer wieder in den Infight, obwohl er ihn mit seiner Schnelligkeit und Variabilität aus der Distanz hätte ausboxen können.

Triana ist ein ordentlicher Kämpfer. In der Summe aber konnte er Martinez wenig entgegensetzen. Am Ende der ersten Runde rettete ihn noch der Gong aus der Bedrängnis, in der zweiten klammerte er, wenn es brenzlig wurde. Und in der dritten Runde konnte Triana sich nach einem unabsichtlichen Tiefschlag ausruhen – eine willkommene Atempause, nachdem er sich zuvor schon zweimal schwer getroffen hinknien musste. Die Wirkung war aber da, und Triana gab den Kampf vor Beginn der 4. Runde auf.

Martinez hat gegen einen guten Gegner eine überzeugende Visitenkarte abgegeben. Das geneigte Publikum darf sich auf die weitere internationale Karriere freuen, die Martinez, mit Basislager in seiner zweiten Heimat Bern, starten will. 


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