Angelo Gallina zu Besuch bei Freddie Roach

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15.08.2022 09:05 Uhr
Angelo Gallina / JS

Es war für mich ein ganz besonderer Moment, diesen Sommer einen der letzten grossen Trainer der Boxgeschichte  in Los Angeles treffen zu dürfen. Seit 1995 sind Freddie Roach und Wild Card Gym an der Ecke Santa Monica Blvd und Vine das Herz und die Seele des Boxsports in Los Angeles. Als Trainingsheimat von mehr als 50 Weltmeistern, darunter Miguel Cotto, James Toney, Oscar de la Hoya, Guillermo Rigondeaux, Mike Tyson, Julio Cesar Chavez, Virgil Hill oder auch Wladimir Klitschko.

Mit Manny Pacquaio hatte Freddie Roach einen Weltstar über Jahrzehnte in seinem kleinen Boxgym in Santa Monica bei Los Angeles begleitet und betreut und zur Weltspitze geführt. Roach zählt zu den zehn besten Trainer aller Zeiten. Er hat sein Handwerk beim legendären Eddie Futch erlernt und erweitert. Dort hat er fünf Jahre als Chefassistent gearbeitet. Was danach geschah ist Geschichte: Roach wurde sieben Mal zum „Trainer des Jahres“ gewählt und 2012 in die International Boxing Hall of Fame aufgenommen.

Weniger bekannt ist die Tatsache, dass er auch den Schauspieler Mark Wahlberg für den Film «Fighter» oder den Basketballer Shaquille O’Neal trainierte und zahlreiche andere Schauspielerinnen und Schauspieler. Sein Wild Card Gym hat er mit dem von Schauspieler Mickey Rourke überlassenen Trainingsmaterial von den gemeinsamen Privattrainings in der noblen Gegen Santa Monica aufgebaut. 

Im Wild Card Gym arbeiten zahlreiche Trainer, oft ehemalige Boxer, welche für ein Entgelt Einzeltrainings anbieten und unter anderem auch die gutsituierten Kundinnen und Kunden mit intensiver Pratzenarbeit ans Limit bringen. Zahlreiche Berichte und Bilder zieren die Wände, aber auch etliche Kunstfotographien und Grafiken. Alles läuft strukturiert ab und bei mehr als 40 Grad Hitze wird geschlagen, gehüpft, gelitten und gejault. Freddies Hund ist auch noch da, ein in die Jahre gekommener kleiner schwarzer Jack Russell der durch das Gym flitzte und irgendwie dazugehört. Ein paar Hinweistafeln waren auch gut platziert: «Filmen und Fotoaufnahmen verboten» oder «Trainiere keinen Boxer eines anderen Trainers» was im Prinzip die nötigen Werte und den Respekt im Boxbuiseness auf den Punkt bringt. 

Für fünf Dollar Tagesbeitrag kann man fast uneingeschränkt im Gym trainieren. Zuvor sind vier Seiten Corona Regeln und Anweisungen zu unterzeichnen und zum Schluss wird noch die Temperatur gemessen. Das Gym wird zackig geführt von seiner Agentin Mery, welche bedacht Freddies Termine organisiert und auch dafür sorgt, wer mit ihm reden oder ihn treffen darf und wer nicht. Mit dabei ist auch Stephan, ein ehemaligen Schweizer Thaiboxer aus den Kanton Schwyz, der lange als Sparringspartner im Einsatz war und nun beabsichtigt, eine Karriere als Profiboxer anzugehen. Er führt das Gym, wenn Freddie auf Boxreisen ist. 

Mein Treffen war von kurzer Dauer, auch weil parallel ein Pressetermin organisiert wurde, an dem Tom Loeffler, ein amerikanischer Boxpromoter mit deutschen Vorfahren, eine neue Boxing-MMA Serie in Los Angeles im privaten Teil des Wild Card Gym präsentierte. Ich habe mich sozusagen eingenistet, um mit ihm ein paar Sätze zu auszutauschen und ihm meine Anerkennung zu übermitteln. Zum Reden blieb wenig Zeit. «Switzerland» ist ihm kein Begriff und nach Europa reisen liegt nicht drin, so zumindest die Aussage seiner Agentin. "Er muss sich um seine Boxer kümmern, kann diese nicht alleine lassen", war die simple Erklärung. Nicht zu übersehen und zu überhören war auch seine vor fast zehn Jahren ausgebrochene Parkinsonkrankheit, aber auch seinen beherzten und ungebrochenen Willen, trotzdem alles für seine Boxer zu geben. 

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