Bundesamt für Sport verlangt Frauenquote ab 2025: Weshalb die Geschlechterfrage im Sport zum grossen Problem werden könnte – vor allem für kleine Quartierklubs

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27.11.2024 19:49 Uhr
Weltwoche, Thomas Renggli / JS

Gleichberechtigung und Inklusion. Die Schlagworte dominieren die politische Agenda. Und sie tangieren ab dem 1. Januar 2025 auch den Schweizer Sport in hohem Masse.

Das Bundesamt für Sport (Baspo), hat entschieden, dass ab dem Jahreswechsel Frauen und Männer in den Führungsgremien der nationalen Sportverbänden zu mindestens 40 Prozent vertreten sein müssen. Für Vereine gilt dies als Empfehlung. Verbindlich ist die Verankerung einer individuellen Geschlechterquote. Ansonsten droht die Reduktion von Fördergeldern.

Obwohl in Sportarten wie Synchronschwimmen oder Sportgymnastik nun plötzlich verzweifelt nach männlichen Fachkräften gesucht wird, könnte vor allem die Frauenfrage – beziehungsweise die Frauenquote – zum Problem werden.

Blickt man sich in den Führungsgremien der Schweizer Fussball- und Eishockey-Profiklubs um, ist die Rollenverteilung einseitig (beziehungsweise männerlastig). Im Schweizer Fussball erfüllt auf Führungsstufe nur der FC Basel mit einem Frauenanteil von 50 Prozent die Auflage. Beim FC Zürich sitzen zwar vier Frauen in der Vereinsführung, doch bei einem Gesamtvorstand von zwölf Personen sind dies nur 33 Prozent.

Lichterlöschen droht bei den Young Boys (nicht nur wegen des Namens): Der Verwaltungsrat der AG ist eine Runde von neun Männern. Im Vereinsvorstand sitzt immerhin eine Frau (neben fünf Männern). Beim FC Sion firmieren zwar zwei Mitglieder der Familie Constantin in der Führung, aber keine Frau.

Noch deutlicher präsentiert sich das Bild im Eishockey. Bei den ZSC Lions beispielsweise fehlt das weibliche Geschlecht im Verwaltungsrat, beim HC Davos kommt auf fünf Männer eine Frau. Beim HC Lugano steht zwar Vicky Mantegazza an der Spitze des Verwaltungsrats – aber dies flankiert von sechs Männern.

Auch auf Verbandsstufe sieht es ähnlich düster aus. Beim Schweizer Fussballverband zum Beispiel sind im Juni zwar erstmals zwei Frauen in den Zentralvorstand gewählt worden. Aline Trede und Christelle Luisier besetzen zwei von neun Sitzen. Um die Quote von 40 Prozent zu erreichen, müssten es doppelt so viele Frauen sein.

Ein anderes Beispiel: Im fünfköpfigen Vorstand des Schweizer Schiesssport-Verbandes (SSV) etwa sitzt derzeit nur eine Frau. Es sei unrealistisch, dass sich dies so kurzfristig ändern werde, sagt Präsident Luca Filippini.

Ein (zufälliger) Blick in den Amateursport ergibt ein geradezu entmutigendes Bild. Beim EHC St. Moritz ist der Vorstand ebenso eine Männerbastion wie beim FC Bümpliz. Beim Schlittschuhclub Küsnacht besprechen sich sieben Männer an der Vorstandssitzungen unter sich. Beim Zürcher Quartierfussballklub Witikon haben sechs Männer sturmfreie Bude – unter ihnen der frühere Spitzenfussballer Adi Noventa. Er sagt zu den neuen Weisungen des Baspo: «Wenn man keine Probleme hat, werden sie künstlich kreiert. Wir brauchen fähige Leute, unabhängig vom Geschlecht – und nicht unfähige Leute mit dem vermeintlich richtigen Geschlecht.»

Die Person, die dieses Missverständnis entschärfen könnte, wurde am vergangenen Wochenende ins Präsidium von Swiss Olympic gewählt. Sie heisst Ruth Metzler-Arnold – und ist eine Frau.

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