Boxeo 19 in der Kaserne Basel

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19.12.2010 17:17 Uhr

Arnold Gjergjaj mit glanzlosem Sieg gegen inferioren Widersacher

Bericht von Gérald Kurth

18.12.2010 - Die Basler Schwergewichtshoffnung Arnold Gjergjaj fuhr am 19. Boxeo in der Kaserne Basel einen weiteren klaren Sieg ein. Der TKO nach 2:40 in der fünften Runde kam allerdings gegen einen inferioren Gegner zustande: Der Pole Tomasz Zeprzałka wollte in erster Linie den Kampf stehend beenden, was ihm auch beinahe geglückt wäre.
 
Zu oft schaffte er es, sich entweder klammernd auf Gjergjaj zu legen oder seitlich so tief wegzutauchen, dass er kaum regelkonform getroffen werden konnte. Auch wenn sich Gjergjaj nach seiner Verletzungspause wieder in der Aufbauphase befindet, bieten Gegner dieses Formats keine ernsthafte Standortbestimmung. Limitierte Gegner dieses Formats lösen beim Schützling von Coach Angelo Gallina vielmehr Ratlosigkeit aus, wenn kein Rezept für den längst überfälligen Niederschlag gefunden wird.
 
Der hervorragenden Ambiance in der Basler Kaserne tat dies jedoch keinen Abbruch. Im Gegenteil: Gjergjaj hatte, wie die anderen Basler Boxerinnen und Boxer auch, ein gutgelauntes Publikum hinter sich, das den mit spektakulären und künstlerisch anspruchsvollen Pausen-Acts angereicherten Abend dankbar begleitete. Die spektakulären Akrobatik-Einlagen am Tuch von Lea Weber wurden in einer gediegenen Atmosphäre ebenso begeistert aufgenommen wie die Tanzperformance von Monika Seeholzer und Eva Widmer. Das Konzept der Equipe um Nick Proschek, Präsident des BC Basel, ist einmal mehr aufgegangen. Mit den mutigen     Kontrastakzenten im Abendprogramm wird ein Publikum angezogen, das sich kaum je an einen reinen Boxabend verirren würde. Es begrüsst aber den Basler Mix von Sport und Kulturblöcken, die weit mehr sind als seichte Pausenfüller.
 
 
Die Amateurkämpfe
 
Federgewicht
Tashi Tsering (BC Basel) vs. Martina Mecinelli (ASD Chieri Torino)
Die junge Baslerin liess während der gesamten vier Runden nie etwas anbrennen. Das fiel ihr nicht schwer: Ihre Gegnerin aus Turin weigerte sich auffällig beharrlich, ihren weit nach vorne gereckten Jab wirkungsvoll unterzubringen. Auch ihre anfänglichen Wechsel der Auslage waren mehr fleissige Gymnastik denn echte Versuche, die Baslerin ernsthaft zu überraschen. So kam es, dass Tashi sich optisch zwar in der Defensive befand. Sie bewegte sich aber gut und stach immer wieder schnell zu und brachte regelmässig ihre Rechte oben ins Ziel. In der vierten Runde marschierte Mecinelli zwar noch einmal mit aller Kraft nach vorn. Tsering konterte sie dabei aber wieder mit gutem Auge ab und konnte so einen verdienten, einstimmigen Punktesieg verbuchen, den das Publikum mit herzlichem Applaus quittierte.
 
 
Halbschwergewicht 
Roman Martin (NAB Frenkendorf) vs. Nico Häusler (BS Gebenstorf)
Ein harter Fight, der in der dritten Runde von Ringrichter Armin Bracher zurecht abgebrochen wurde. Debütant Roman Martin hing ausgepowert am Seil. Zuvor hatte er jedoch gegen den ungemein aggressiven und permanent schlagenden Häusler eine bravouröse Leistung gezeigt. Obwohl er meistens aus der Rückwärtsbewegung heraus operierte, bewies er mit seinen Schlägen ein hervorragendes Auge und konterte regelmässig erfolgreich. Dennoch konnte er nicht verhindern, dass ihn Häuslers Schlagserien, obwohl zumeist auf die Deckung, zermürbten. Allerdings waren darunter aber auch etliche Innenhände, die zwar den Kampf nicht entschieden, aber eine Ermahnung verdient hätten. Häusler verdiente sich den Sieg durch Aufgabe durch dank entschlossenem Vorwärtsgang über die gesamte Kampfdauer.
 
 
Weltergewicht
Sandra Brügger (BC Basel) vs. Laura Passatore (ASD Chieri Torino)
Die frenetisch gefeierte Lokalmatadorin Sandra Brügger zeigte eine erstaunliche Leistung. Gegen die um einen Kopf grössere und aggressiv nach vorne orientierte Passatore verlor sie nie ihre Linie und punktete diese nach allen Regeln der Kunst aus. Ausgezeichnet eingestellt von Coach Gallina gelang es ihr, in einem vorbildlich geführten und technisch hochstehenden Fight ihre Gegnerin immer auf Distanz zu halten, diese aber jeweils urplötzlich aufzugeben, um blitzschnelle einfache Kombinationen zum Kopf der Gegnerin abzufeuern. Brügger ist strategisch gereift und hat ein Potenzial entwickelt, das bei Weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Es machte Freude, ihr dabei zuzusehen, wie sie eine Gegnerin an sich herankommen liess, die sie eigentlich dank ihren Reichweitevorteilen aus der Distanz hätte ausboxen können. So war der einstimmige Punktesieg der Lokalmatadorin das verdiente Resultat für eine hervorragend umgesetzte Marschroute, aber auch logische Folge des blitzschnellen Studiums der Fehler ihrer Gegnerin aus Italien. Sandra Brügger ist noch längst nicht im Zenit ihrer Möglichkeiten angelangt...
 
 
Mittelgewicht (bis 75 kg):
Mergim Vukshinaj (BC Basel) vs. Enrico Masera (ASD Chieri Torino)
Der Einheimische machte unmissverständlich klar, wieso er auf den Künstlernamen “K.O. Mexican” hört. Nach 0:45 in der ersten Runde erwischte er seinen italienischen Gegner mit einer gewaltigen Rechten. Dieser rappelte sich zwar noch mal auf, wurde aber von seinem Coach zurecht sofort aus dem Kampf genommen, weil der nächste Niederschlag weniger glimpflich abgelaufen wäre. Das Handtuch flog genau im richtigen Augenblick. Vukshinaj konnte in der kurzen Zeit gar nicht beweisen, dass er nicht nur über einen ziemlichen Hammer verfügt, sondern auch gerne Beinarbeit verrichtet und auch technische Feinheiten besitz.
 
 
 
Die Profikämpfe:
 
Mittelgewicht
Ardian Krasniqi (CH) vs. Zoltan Ramocsa (Ungarn)
Der Kampf war ein echtes Ärgernis. Das lag weniger an Krasniqi, der niemals auf sein gewohntes Rendement kam und ungewöhnlich pomadig wirkte. Zu einem wesentlichen Teil war dies auch das „Verdienst“ seines ungarischen Gegners, der sich vor Treffern schützen wollte, indem er ständig klammerte oder sich wegdrehte. Insofern war es verständlich, dass Krasniqi fast nie seine gewohnten knackigen Kombinationen zu Kopf und Körper bringen konnte. Ab der dritten Runde schlug allerdings der eine oder andere Jab ein, und Ramocsa wurde aus dem Kampf genommen, als er noch stehen konnte. Sein Kampfrekord (elf Niederlagen in zwölf Kämpfen...) hatte darauf schliessen lassen, dass er trotz seines destruktiven, ja bisweilen unsportlichen Stils bald wieder auf die Bretter geschickt worden wäre.
 
Bantam
Aniya Seki (Schweiz) vs. Eva Ott (Ungarn)
Der Sieg der Bernerin war nie ernsthaft in Gefahr. Zu kopflos gestaltete ihre 35jährige ungarische Gegnerin ihre Angriffe. Sie marschierte vorwärts und war dabei regelmässig durch die Mitte offen, so dass Seki sie wiederholt treffen konnte. Das gelang ihr, obwohl sie ihre Schläge nicht immer mit der nötigen Präzision ausführte und auch überpacte. Ab der dritten Runde registrierte sie aber die Ermüdungserscheinungen der Ungarin und brachte nun wiederholt ihre Links-Rechts-Kombinationen unter. Verborgen blieb jedoch nicht, dass Seki im Gegensatz zur Ungarin im Oberkörper sehr statisch blieb. Gegen aggressive Gegnerinnen mit derselben Grösse kann es sich leicht rächen, dass die Bernerin fast ohne entsprechende Pendelbewegungen arbeitet. Gerade weil sie selber nicht zu den Boxerinnen gehört, die hart schlagen, muss sie in Zukunft darauf achten, selber möglichst wenig getroffen zu werden. Die bewegliche und explosive Physis dazu besitzt sie ohnehin und hat dies schon mehrfach eindrücklich bewiesen.
 
 
Supermittelgewicht
Blas-Miguel Martinez (Schweiz) vs. Aleksej Ribčev (Bulgarien)
Der beste Kampf des Abends. Es war schlichtweg begeisternd mitzuerleben, wie die beiden Kämpfer von der ersten Runde an nach vorne marschierten und dabei alles boten, was den Boxsport so faszinierend macht: Sowohl der Schweizer wie auch sein bulgarischer Gegner schlugen hart und mit einem beeindruckenden Schlagrepertoire. All dies mit einer Intensität und technischem Niveau, die stellenweise Weltklasse waren. Umso weihnächtlicher stimmte es einen, dass keiner der beiden je die Grenzen des Erlaubten überschritt. Selbst in Momenten der völligen Erschöpfung unterliessen die beiden Fighter fast sämtliche taktischen Klammeraktionen und schlugen pausenlos weiter, immer mit offenem Visier.
 
Martinez verlor gegen einen Gegner, der schon mit seinem Kampfrekord (sieben Siege vs. Zwei Niederlagen, fast ausschliesslich K.O.s) aufhorchen liess. Zu Recht: Das „Fischlein“ erwies sich als Hammerhai: Er schlug wahrscheinlich noch einen Tick härter und genauer als Martinez, und weil er über die gesamte Kampfdauer mehr Hände im Ziel hatte, sah der Badener am Ende auch um Einiges lädierter aus. In der fünften Runde wurde Martinez reglementskonform angezählt: Wenngleich der lange rechte Aufwärtshaken des Bulgaren ohne Wirkung blieb, ging der Schützling von Engin Köseoğlu doch infolge des Schlages zu Boden. Vielleicht wäre es danach noch eng geworden, aber nach dem Anzählen ertönte der Gong.
 
Martinez konnte trotz bitterer Niederlage stolz sein auf diese Leistung. Er hatte einem an diesem Abend hervorragend disponierten Ribčev alles abgefordert. Insofern ging auch der zu knappe Mehrheitsentscheid zugunsten des Bulgaren letztlich in Ordnung.
 
Die Wertung:
1.        A. Bracher:                                                   57:57
2.        R. Haug:                                      56:57
3.        R. Schlachter:                            55:58
 
 
Schwergewicht
Arnold Gjergjaj (Schweiz) vs. Tomasz Zeprzałka (Polen)
Es wurde schnell klar, dass Gjergjaj einen Gegner vorgesetzt bekommen hatte, der sich über die Runden retten wollte. Zeprzałkawusste, dass er um jeden Preis Gjergjajs fürchterlicher Schlaghand ausweichen musste, und das gelang ihm lange „bestens“. Für die Zuschauer hingegen war der Kampfverlauf frustrierend. Der Pole erinnerte zwar äusserlich an Nikolaj Valuev, ist aber nicht annähernd so fleissig im Gebrauch seiner Fäuste. Er konzentrierte sich vor allem darauf, Gjergjajs Aktionen durch Klammern zu unterbrechen. In der zweiten Runde allerdings landete der Lokalmatador nach den einzigen echten Kampfaktionen des Polen eine knackige Kombinationen, und man war sich sicher, dass der Pole gleich auf die Bretter geschickt würde. Leider setzte Gjergjaj nicht nach. Es folgten drei wenig erbauliche Runden, bis Ringrichter Fabian Guggenheim kurz vor Schluss der fünften Runde den Kampf abbrach, nachdem der Pole zum zweiten aufeinander folgenden Mal in die Knie gesunken war. Das geschah aber mehr aus Erschöpfung als infolge klarer Treffer von Gjergjaj. Zeprzałka hatte den Kampf gar nie richtig angenommen und verweigerte sich letztlich komplett.
 
Fazit: Die Zuschauer feierten nach dem TKO den einheimischen Hauptkämpfer des Abends überschwänglich. Arnold Gjergjaj hat mit diesem Kampf allerdings kaum Erkenntnisse über seinen Leistungsstand gewonnen. Es ist ihm sehr zu wünschen, dass sein nächster Gegner aufdecken kann, wie viel Reserve noch in ihm steckt...
 
 
Resultate weiterer Vorkämpfe im Halbschwergewicht:
 
Kadetten
Valon Neziri (BC Sissach) vs. Mergim Ahmeti (BC Rheintal Au)              Unentschieden
 
Amateure
Benny Jäger (BC Basel) vs. Nik Kresniq (BC Zürich)                                                     0:3 n. P.


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