Nachwuchsmeisterschaft 2023: Der Bericht

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17.09.2023 23:24 Uhr
Jack Schmidli

Fotos: Selen Ileri - selen20_1991@hotmail.com

Nach 2013 und 2018 war der Boxing-Club Luzern an diesem Wochenende bereits zum dritten Male Ausrichter und Gastgeber der Nachwuchsmeisterschaften. Die Verantwortlichen um Clubpräsident Remo Ziegler und seinen Trainern Niko und Loredana Mecaroni sowie deren Helfer und Unterstützer leisteten ganze Arbeit und sorgten für einen perfekten und reibungslosen Ablauf. Einige Kämpfe wurden auf beachtlich hohem Niveau ausgetragen und die Favoriten wurden ihrer Rolle meist gerecht.  Erstmals in der Geschichte des Schweizerischen Boxverbandes konnten zwei Clubs, der BC Locarno und die Boxing-Kings, zu Mannschaftsmeistern gekürt werden.

Eingeschrieben hatten sich nicht weniger als 107 Boxerinnen und Boxer. Gestern Samstag standen 40 Ausscheidungs- und Halbfinal-Kämpfe auf dem Programm. Und heute Sonntag bekamen die Zuschauer rekordverdächtige 27 Finalkämpfe zu sehen. Vor Jahresfrist kämpften an den Nachwuchsmeisterschaften in Martigny noch 36 Boxerinnen und Boxer in 18 Finalkämpfen um den Sieg. Heute Nachmittag erhöhte sich die Zahl der Finalkämpfe um 9 auf gesamthaft 27 Kämpfe. Vor allem die Kategorien Kadetten (+ 4) und Junioren (+ 4) machten den Unterschied zum Vorjahr aus.  

Nationaltrainer Federico Beresini, der sich alle 67 Kämpfe von gestern und heute zu Gemüte führte, war von den Darbietungen der von ihm besonders aufmerksam verfolgten Talente angetan: «Alle Talente, die wir speziell im Fokus haben, wussten zu überzeugen. Das Niveau der Mehrzahl der Kämpfe war gut. Ich stelle eine positive Entwicklung fest.» Auch der Umstand, dass so viele Boxer an den Start gingen, erfreute den Tessiner: «Die positive Entwicklung zeigt, dass unser Sport attraktiv ist. Mit diesen vielen jungen Talenten kann man einiges erreichen.» Beresini denkt dabei an einzelne Boxer, die er besonders fördern möchte. Auch der neue Verbandspräsident Amir Orfia machte während den zwei Tagen seine Aufwartung. Er freut sich über das «recht gute Niveau» und ist felsenfest davon überzeugt, dass wir noch viele schöne Erfolgte, auch im Ausland, werden feiern können. «Dem Nachwuchs gehört die Zukunft. Ich werde meine Kontakte nutzen, damit unsere Talente entsprechend gefördert werden können.» Sowohl Beresini als auch Orfia weisen aber darauf hin, dass wir nur mit systematischer Arbeit und Geduld unsere Ziele erreichen werden.


Die Kämpfe im Telegrammstil

Kategorien Schüler und Kadetten

Jason Homberger (Noble Art Boxing) und Nikita Sargenti (Olympic BC Genève) zeigten dem Publikum einen munteren Kampf im Papiergewicht, den Nikita für sich entscheiden konnte. Der von seinem Vater Michael betreute Yuri Birnstiel (Boxen zur Bildung) besiegte Blerton Banushi (Boxing Factory) im Kampf um den Titel im Halbfliegengewicht durch Kampfabbruch in der 2. Runde. Bierton wurde nach zweimaligem Anzählen von Ringrichter Corrado Corsi aus dem Kampf genommen (Anwendung der reglementarischen Schutzregel). Schnell zu Ende war heute Nachmittag der Bantamgewichts-Kampf zwischen den beiden Kadetten Endi Bytyqi (BC Glâne) und Aleksa Zivanovic (Boxeo Gym). Nach anfänglich guten Aktionen seitens Zivanovic musste der Ringrichter diesen aber bereits im 1. Durchgang aus dem Kampf nehmen (ebenfalls Anwendung der Schutzklausel). Auch Joël Schütz (BC Knockout) musste sich im Halbweltergewicht trotz guter Szenen nach Anwendung der Schutzklausel nach zweimaligem Anzählen in der 3. Runde gegen Ivan Martin (Boxing-Kings) geschlagen geben. Gut eingestellt hatten die Boxing-King-Trainer Gabor Vetö und Alain Chervet ihren Schützling Ron Shala. Ron, der sich den Angriffen seines Gegners immer wieder geschickt entzog, besiegte Younes Nuredini (BC Winterthur) im Kampf um die Krone im Weltergewicht einstimmig nach Punkten. Nachdem Léonis Pacarizi (Vernier BA) die erste Runde etwas verschlafen hatte, ging er ab dem 2. Durchgang gegen Tilo Hermann (BC Schaffhausen) vehement in den Angriff über. Gesamthaft tat er mehr für den Sieg und gewann den Mittelgewichtskampf einstimmig nach Punkten. Im letzten Kadettenkampf des Nachmittags, ausgetragen im Schwergewicht, gewann der aggressive Rechtsausleger Lewis Janny (BFB Promotion) gegen Fernandes Izan (BC Locarno) durch Abbruch (RSC) in der 3. Runde.

Kategorie Junioren

Im ersten Kampf der Kategorie Junioren duellierten sich Elisa O’Hana (OBC Genève) und Maëlle Bader (BC Genevois) im Halb-Bantamgewicht. Elisa griff ihre Gegnerin immer wieder vehement an und konnte den ersten Durchgang für sich entscheiden, verlor den Kampf aber dennoch, nachdem sie nach drei Runden völlig ausgepowert war. In der Gewichtsklasse Halbbantam trafen der DTSM-Meister Albion Dzambazi (BC Root) auf den Meister Suisse Romand Ahmed Umarov (BC Genevois). Der frenetisch von seinen Fans angefeuerte und sehr kämpferisch auftretende Dzambazi musste sich aber nach einem Punktabzug wegen Haltens in Runde 2 seinem Gegner vom BC Genevois geschlagen geben. Der zweite Frauenkampf im Bantamgewicht zwischen In der Gewichtsklasse Halbbantam trafen der DTSM-Meister Albion Dzambazi (BC Root) auf den Meister Suisse Romand Ahmed Umarov (BC Genevois). Lorine Schouwey (BC Fribourg) und Candice Fournier (BC Martigny) endete bereits in der 2. Runde. Ringrichter Fabian Guggenheim nahm Candice wegen Nasenblutens aus dem Kampf. Eben vorzeitig, in der 3. Runde, endete der Kampf im Federgewicht zwischen Olis Dermaku (LMS Boxing Payerne) und Aiden Imbert (BC Locarno). Ringrichter Benjamin Jagel nahm Olis in der 3. Runde wegen Nasenblutens aus dem Kampf. Sieger durch RSC: Aiden Imbert.

Einen ersten Höhepunkt des Finaltagtes erlebten die Zuschauer beim Leichtgewichts-Kampf zwischen Loris Vona (CrossBoxing Baden) und Burim Robaj (Club lausannois). Beide Boxer gelten als hoffnungsvolle Talente. Doch bei einem Meisterschaftsfinalkampf gibt es nur einen Sieger. Und dieser hiess heute Nachmittag «by Split Decision» Burim Robaj. Im Halbweltergewicht kam es zum Kampf zwischen den bereits recht erfahrenen Marouane Escala und Davide Meta (BC Locarno). Wie «ein wilder Stier» attackierte Escala seinen Gegner ab dem ersten Durchgang. Doch Davide Meta gelangen immer wieder sehenswerte Konteraktionen. Zurecht wurde er nach drei Runden zum einstimmigen Sieger erklärt. Der talentierte Leandro Francisco das Neves (BC Sissach), Sohn des Profiboxers Celso das Neves, zeigte gegen Gregory Veil (Boxygène Academy) eine reife Leistung und gewann den Weltergewichtskampf einstimmig nach Punkten.

Im Halbmittelgewichtskampf zwischen Leart Sulejmani (Arnold BoxFit) und Célien Colin Hasler (Superpro SB) bestimmte letzterer meist die Ringmitte und diktierte den Kampf. In der dritten Runde brach Ringrichter Corrado Corsi den Fight ab und erklärte den Mann aus der blauen Ecke zum Sieger. Im Mittelgewichtskampf, der Gewichtsklasse bis 75 Kilogramm, gewann der weit erfahrenere Tarik Sehic (BC Locarno) gegen Denis Ciric (BC Fribourg) einstimmig nach Punkten. Den letzten Kampf der Kategorie Junioren im Schwergewicht entschied Ahmed Abdallah (Club Yverdonnois) gegen Janko Sic (BR Basel) für sich. Sic’s Ecke warf nach zweimaligen Anzählen ihres Boxers zurecht das Handtuch zum Zeichen der Aufgabe.   


Kategorie Jugend

Angela De Felice (OB New Generation) bewältigte heute Nachmittag nicht viel mehr als einen Spaziergang. Die sehr erfahrene Rheinthalerin mit rund 50 Kämpfen bekam im Bantamgewicht Lila Boukamel (BC Martigny), die heute ihren zweiten Ernstkampf bestritt, vor die Fäuste. Angela ist hoch anzurechnen, dass sie ihre Gegnerin nicht einfach ausknockte und den Kampf mehr als Trainingsmatch nutzte. Trotzdem ist es für Lila ein schöner Erfolg, gegen die Topboxerin aus der Ostschweiz über die Runden gekommen zu sein. In der Schweiz hat Angela De Felice zurzeit keine echte Gegnerin. Im Federgewicht besiegte der technisch etwas bessere Dorian Lalou (BC Genevois) seinen kämpferischen Gegner Alban Jusufi (LMS Payerne) einstimmig nach Punkten.

Kurzen Prozess machte Noemi Iuva (BC Ascona) im Federgewichtskampf der Damen mit Yolane Gaillard (Punch BC Martigny). Ringrichter Benjamin Jagel nahm die überforderte Walliserin bereits in der 1. Runde aus dem Kampf. Einen Leckerbissen bekamen die Zuschauer in der Leichtgewicht-Klasse zwischen den zwei Talenten Elian Demiraj (BC Biel) und Marwan Maslard (Club lausannois) zu sehen. Beide Boxer gelten aus Sicht der Chefin Leistungssport, Christina Nigg und Nationaltrainer Federico Beresini als grosse Talente. Der Kampf sollte sich als einer der besten und aufregendsten Duelle der Nachwuchsmeisterschaft erweisen. Elian griff seinen grösser gewachsenen und erfahreneren Gegner unentwegt an und wusste mit seiner Kampfeskraft zu überzeugen. Trotz Punkteabzug in der zweiten Runde gelang es aber Marwan, den Kampf zu drehen und für sich zu entscheiden. Einstimmiger Sieger und neuer Schweizermeister der Kategorie Jugend im Leichtgewicht: Marwan Maslard.

Ein weiteres grosses Talent siegte im nächsten Kampf im Halbweltergewicht. Jimmy Beckert (OBC Genève) wird von Christina Nigg wohl zurecht in den höchsten Tönen als Riesentalent mit ausgeprägter Ringintelligenz und Ringinstinkt gelobt, zeigte kaum Schwächen und besiegte seinen Gegner Karim Roushdy (Boxing Factory) durch RSC in der 3. Runde. Gabriel «Gäbu» Huber (Boxing-Kings) zeigte im Weltergewicht gegen den als A-Kader gelisteten Omar Ozan Pereira (Fight Club 44 Boxing) eine reife Leistung. Der Maturand siegte gegen den Baselbieter leicht überraschend einstimmig nach Punkten. Sein Zwillingsbruder Leonardo «Leo» Huber wollte es «Gäbu» gleichtun und seinen Gegner im Halbmittelgewicht, Alpha Käser (Classic Boxing) besiegen. Zwar zeigte Leo einen guten Kampf mit sehenswerten Treffern und intelligenten Aktionen, musste aber eine Punkteniederlage einstecken. Nicht ganz einverstanden mit dem Verdikt war Nationaltrainer Federico Beresini, er sah Leo Huber knapp vorne. «Allerdings war das der einzige Entscheid, den ich nicht ganz nachvollziehen konnte. Ansonsten kann man dem Kampfgericht für die sehr guten Leistungen von heute Nachmittag nur gratulieren!»

Überraschungsboxer der Nachwuchsmeisterschaft war Ali El Foujani (Classic Boxing). Der noch wenig erfahrene Mittelgewichtler besiegte nicht nur den favorisierten und weit erfahreneren Luzerner Robert Hristovski im Halbfinal, sondern schaltete im Final auch den ebenfalls erfahreneren Michele Stadler (BC Ascona) aus (WP). In den Augen von Nationaltrainer Federico Beresini ist auch Jordan Guzzo (Punch BC Martigny) ein Hoffnungsträger. Der Halbschwergewichtler bekam es allerdings nicht mit einem reputierten Gegner zu tun. Yahya Boubker (BC La Chaux-de-Fonds) bestritt heute seinen ersten Ernstkampf und war gegen Guzzo chancenlos. Der Ringrichter brach den Kampf bereits in der 2. Runde ab. Im letzten Kampf der Meisterschaft im Schwergewicht duellierten sich Denis Kastrati (Arnold BoxFit) und Bénédikt Germann (Nobel Art Boxing). Der von Michael Sommer betreute Germann, Schweizermeister bei den Junioren im Jahr 2022, bemühte sich leidlich, musste sich aber dem aggressiveren Kastrati knapp mit 2 zu 1 Richterstimmen geschlagen geben.

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