Maliqaj mit Knockout nach hartem Fight

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17.12.2023 11:59 Uhr
Gérald Kurth / JS

Photos: Rocco Passanante

Der Lokalmatador musste im Kampf um den IBO Middleweight Title sehr lange einen enormen Aufwand betreiben, bis sein Gegner mürbe war. Erst kurz vor Ende der neunten Runde wurde der Kampf zurecht vorzeitig abgebrochen, nachdem Maliqaj seinen serbischen Kontrahenten mit einer weiteren Salve zum zweiten Mal auf die Bretter der Klingnauer Turnhalle Schützenmatt geschickt hatte. 

Es war ein hartes Stück Arbeit für Egzon „The Fighting Engineer“ Maliqaj, der in seinen 15 bisherigen Kämpfen als Professional den Ring erst einmal als Verlierer verlassen hat. Obwohl er gegen Novak Radulović sofort die Offensive suchte und konsequent punktete, schaffte er es erstaunlich lange nicht, den Serben ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. Der etwas hüftsteif und mit festgefrorener Auslage agierende Radulović konnte Maliqajs Attacken über mehrere Runden ordentlich parieren. Aber es war offensichtlich, dass er in seiner defensiven Kampfanlage kaum eigene kreative Kombinationen vorgesehen hatte. Das Ziel hiess: Stehen bleiben. Obschon einen Kopf grösser, konnte er aus seiner grösseren Reichweite kein Kapital schlagen. Der perfekt austrainierte Maliqaj wiederum sprang seinen Gegner regelmässig katzenhaft an. Zumeist war das regelkonform, wenn er seine kurzen Kopfhaken technisch sauber ins Ziel brachte. Oft aber hatte der Rudolfstettener dabei den Kopf zu tief und landete in der gegnerischen Umklammerung. Mit zunehmender Kampfdauer begann Radulović zusehends zu pumpen, die Deckung wurde schlaffer. Dennoch machte es den Anschein, als könnte es der sich tapfer wehrende Serbe über die Runden schaffen. Maliqaj war aber nicht einverstanden. Von einem fanatischen Publikum nach vorne gepeitscht knockte er seinen Gegner kurz vor der letzten Runde noch aus. Das Konditionswunder Maliqaj agierte technisch variabel, konsqequent und hatte das Heft in diesem absolut fairen Fight bis zum Abbruch jederzeit in der Hand. 

Dass das so blieb, war allerdings keine Selbstverständlichkeit: Der Schweizer Maliqaj und der Serbe Radulović stammen beide aus dem Kosovo, was im Ring zu keinem Zeitpunkt ein Problem war. Dass hingegen immer wieder Ordner das ernste Zwiegespräch mit sich unsportlich verhaltenden Zuschauern suchen mussten, war ein echtes Ärgernis. Umso höher ist es Maliqaj anzurechnen, dass er sich nicht für propagandistische Aktionen hergab. Die ihm beim Ringinterview umgelegte Flagge der historischen Region Dardanien (umfasst das heutige Kosovo sowie Teile Serbiens und Nordmakedoniens) legte er freundlich ab und gab sie zurück.

 

Roque überzeugt mit Technik und Power 

Auch Angel „Floyd“ Roque, der zweite Profi aus dem Stall von Promotor und Veranstalter Toni Barbera, verrichtete beharrlich Schwerstarbeit, bis er den Deutschen Dustin Amman buchstäblich weichgeklopft hatte. Es war erstaunlich, wie lange der kleinere und auch weniger muskulöse Amman Roques gnadenlose Hände zum Körper nehmen konnte. Im Gegenteil: Der Deutsche bewegte sich hervorragend, schlug fleissig mit und gestaltete die ersten Runden optisch relativ ausgeglichen. Der Kampf war schnell, technisch hochstehend und blieb bis zum Ende absolut fair. Ab der fünften Runde zeigten Roques mal mit der Auslage, mal mit der Schlaghand abgefeuerten Körperhaken oder Schwinger zum Kopf zunehmend Wirkung. Es war konsequent und richtig, dass die Ringrichterin den Deutschen dann eine Runde später nach Roques Schlaggewitter aus dem Kampf nahm, obwohl Amman noch vermeintlich sicher auf den Beinen stand. Für den Zürcher Roque war dieser Kampf eine echte Standortbestimmung, sein Potenzial hat er bei weitem noch nicht ausgeschöpft. 

In den beiden anderen Profikämpfen des Abends siegte der Zürcher Cruisergewichtler Seid Džemaili gegen den Kroaten Aron Vrnoga sowie der Berner Mersim Zeqiri gegen den Bulgaren Nedelin Georgiev (Middleweight). Beide Kämpfe bewegten sich auf sportlich bescheidenem Niveau.

 

Event mit Potenzial 

Das zahlreich erschienene Publikum (ca. 600 Zuschauer) hatte aber an diesem langen Kampfabend zuvor schon viel hochstehenden Boxsport gesehen. Es ist Veranstalter Barbera hoch anzurechnen, dass er und sein Team im Vorprogramm zahlreichen Amateurkämpfern eine Auftrittsgelegenheit bot. In achtzehn Elite-, Junioren- und Jugendkämpfen bekamen die Zuschauer sehr viele Kämpfe zu sehen, die alles boten, was die Faszination des Faustkampfs ausmacht: Speed, Leidenschaft, Explosivität, bei gleichzeitiger Fairness. Dass die Amateurfights so viel Qualität boten, liegt auch am Matchmaking (Matthias Luchsinger): Die Kampfpaarungen wurden so zusammengestellt, dass die jungen Boxer sich im besten Licht zeigen konnten. Ein trotz langen Pausen am Abend hervorragend organisierter Event, der beste Werbung für den Boxsport war. Es bleibt zu hoffen, dass sich Toni Barbera auch in Zukunft anders entscheidet, wenn er sagt, dass es „diesmal das letzte Mal“ war. Das Potenzial dafür schätzt er ganz offensichtlich richtig und instinktsicher ein. Der Publikumsaufmarsch im boxerisch eher peripheren Zurzibiet beweist dies eindrücklich. Nur wenige Boxevents in den grossen Städten mobilisieren mehr Zuschauer.

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